Zusammenfassung
Die Fachgebiete Anthropologie und Psychologie standen um 1800 in den ersten Anfängen ihrer disziplinären Entwicklung, gehörten aber in dieser Zeit zumindest an einigen Universitäten zu den etablierten Lehrinhalten. Ihre Stellung im Vorlesungsprogramm spiegelt Umbrüche in der Wissenschaftsentwicklung, insbesondere der Philosophie, in dieser Zeit: so bildete Psychologie einerseits ein traditionelles Lehrstück innerhalb der Leibniz-Wolffischen Schulphilosophie, andererseits bemühten sich gerade junge, die Neuerungen der kritischen Philosophie Kants unmittelbar aufnehmende Dozenten um spezielle Lehrveranstaltungen zur Psychologie.2 Nicht nur die Verortung in einer philosophischen Programmatik, auch die Zuordnung zu den bestehenden Fächern und Fakultäten war problematisch.3 Überlegungen zur Einteilung der Fachgebiete Anthropologie und Psychologie und zu ihrer wissenschaftssystematischen Einordnung haben deshalb stets theoretische und zugleich pragmatische, etwa an institutionellen Rahmenbedingungen oder Lehrprogrammen orientierte Bedeutsamkeit.
Zusammen mit den im gleichen Band erscheinenden Arbeiten von Georg Eckardt, Matthias John und Temilo van Zantwijk umreißt dieser Text Aspekte unseres Forschungsprojekts „Empirische Psychologie und Anthropologie: Physiologie oder Seelenlehre?“ im SFB 482, „Ereignis WeimarJena. Kultur um 1800“, der DFG.
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Notizen
G. I. Wenzel (1802) Menschenlehre, oder System einer Anthropologie nach den neuesten Beobachtungen, Versuchen und Grundsätzen der Physik und Philosophie. Linz/Leipzig. S. IIIf. Eine prägnante Darstellung der Anthropologie „als Integrationswissenschaft“ und gleichzeitig als „Bezugswissenschaft von Spezialdisziplinen“ bei J. Garber (1999) Selbstreferenz und Objektivität: Organisationsmodelle von Menschheits- und Weltgeschichte in der deutschen Spätaufklärung. In: H. E. Bödeker / P. H. Reill / J. Schlumbohm (Hg.) Wissenschaft als kulturelle Praxis, 1750–1900. Göttingen. S. 137–185, hier S. 148f. Garber erörtert die Bedeutung von Anthropologie für Theorien der Historiographie und eröffnet damit einen Kontext, der die hier präsentierten Fachgebietszuordnungen weiter auszudehnen gestattet.
E. Platner (1772) Anthropologie für Aerzte und Weltweise. Erster Theil. Leipzig. S. III f.
C. C. E. Schmid (1810) Allgemeine Encyklopädie und Methodologie der Wissenschaften. Jena. S. III.
Vgl. F. W. J. Schelling (1797) Ideen zu einer Philosophie der Natur. In: Ders. (1994) Historischkritisch Ausgabe. Bd. I,5. Stuttgart-Bad Cannstatt. S. 105.
Vgl. C. C. E. Schmid (1798–1801) Physiologie philosophisch bearbeitet. 3 Bde. Jena.
F. W. J. Schelling (1803) Vorlesungen über die Methode des akademischen Studiums. In: Ders. (1859) Sämmtliche Werke. Bd. I,5. Stuttgart / Augsburg. S. 209.
Vgl. P. Ziche (2001a) Psychologie und Anthropologie bei Hegel. Erscheint in: O. Breidbach / D. von Engelhardt (Hg.) Hegel und die Lebenswissenschaften; ders. (2001b) Gehört das Ich zur Natur? Geistige und organische Natur in Schellings Naturphilosophie. In: Philosophisches Jahrbuch. S. 41–57.
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Ziche, P. (2001). Anthropologie zwischen Physiologie und Naturphilosophie. In: Breidbach, O., Ziche, P. (eds) Naturwissenschaften um 1800. Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger Weimar, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02828-0_6
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