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Zusammenfassung

Mit diesen geradezu euphorischen Worten kommentiert der Chronist Konrad Justinger die siegreiche Kriegführung der Stadt Bern während des Laupenkrieges von 1339/40. Das Zitat aus der um 1420 verfassten Stadtchronik ist bezeichnend für das Selbstbewusstsein der führenden bernischen Familien in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Mit der Niederschrift der kommunalen und damit auch ihrer eigenen Geschichte in einer wertvollen Handschrift dokumentierten diese ihren historisch legitimierten Herrschaftsanspruch über die der Stadt benachbarte Landschaft. Die Bürgerschaft Berns wird als eine von Gott auserwählte Personengruppe verstanden, die sich durch ihren privilegierten Rechtsstatus gegenüber allen Nichtbürgern auszeichnet. Gleichzeitig wird die bei Laupen behauptete Vorherrschaft der Stadt über die Landschaft betont und zu einer gottgewollten Gesellschaftsordnung stilisiert2. Die Ausübung einzelner Herrschaftsrechte wird dabei implizit vom Besitz des bernischen Bürgerrechts abhängig gemacht. Nur wer Berner Bürger ist kann Grund- und Gerichtsherrschaften in der Landschaft erwerben oder als städtischer Amtsträger an der Verwaltung des Territoriums teilhaben. Indem Konrad Justinger Gott als seinen Mitbürger bezeichnet, macht er seine Heimatstadt zudem unangreifbar für all ihre Feinde; denn, wer mag schon, wie er meint, wider got kriegen. Gott erhält den Status eines bernischen Ehrenbürgers, der sozusagen aus Dank für geleistete Dienste ins städtische Burgrecht aufgenommen und neben dem traditionellen Stadtheiligen St. Vinzenz zum neuen Stadtpatron erhoben wird3.

Aber die von Bern warent nu erstarket und wuchsen an lüten und an gute und mereten sich von tag zu tag, won si hatten got vor ougen, und suchten glimpf und recht und namen nieman daz sin wider rechts; sy waren ouch einhelle und gehorsam, darumb sich all ir sachen nach gelücke richten und gieng, und gieng inen so wol ze handen, daz ein gemein sprüchwort wart im landel1:

Got ist ze Bern burger worden, wer mag wider got kriegen?

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Endnotes

  1. Gottlieb Studer (Hr.), Die Berner Chronik des Conrad Justinger, Bern 1871, Nr. 146, S. 101 f.

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Gerber, R. (2001). Einleitung. In: Gott Ist Burger Zu Bern. Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger Weimar, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02827-3_1

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