Zusammenfassung
Wenn Leonora im Finale des Trovatore unter der Wirkung des tödlichen Gifts in Manricos Kerker zusammenbricht, stirbt sie in dem guten Glauben, durch ihre aufopferungsvolle Tat den Mann ihrer Träume vor dem Gang aufs Schafott bewahrt zu haben. Freilich erfleht sie im letzten Augenblick die Gnade des Himmels, weil ihr Freitod ethisch durchaus bedenklich ist; niemand beraubt sich selber von Gott ungestraft seines Lebens. Und Leonora verdunkelt den Glanz ihrer heroischen Tat zudem durch einen betrügerischen Handel: Nicht lebend, sondern kalt und tot schenkt sie sich dem verhaßten Luna. Doch all diese Bedenken zählen nicht angesichts des Glücks, durch ihr Opfer dem geliebten Mann Leben und Freiheit erkauft zu haben. Leonora hat, so glaubt sie, ihre irdische Bestimmung erfüllt: Da sie für Manrico nicht leben kann, ist sie für ihn gestorben. Schon in der mutwilligheiteren Cabaletta ihrer Auftrittsarie hat sie diese Lebensperspektive triumphierend verkündet. Das gesellschaftliche Ethos scheint präzis formuliert: Der heldenmütige Mann wird geadelt, mehr noch: glorifiziert durch die bewunderungswürdige Selbstaufgabe der Frau. Ihr Opfer ist der süße Lohn, den der gnädige Himmel für ein entsagungsvolles Leben spendet.
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Anmerkungen
El Trovador (1836) von Antonio García Gutiérrez.
Brief vom 9. April 1851. Vgl. Hans Busch (Hg.), Giuseppe Verdi. Briefe, Frankfurt am Main 1979, S. 41, oder William Weaver (Hg.), Verdi. Eine Dokumentation, London 1977, S. 180.
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Schläder, J. (2002). Die sinnlos-süßen Opfer und ihre Verklärung Frauenrollen in Verdis Opern seit 1850. In: Krellmann, H., Schläder, J. (eds) »Die Wirklichkeit erfinden ist besser«. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02817-4_33
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-02817-4_33
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-01870-0
Online ISBN: 978-3-476-02817-4
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