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»Nimm doch Gestalt an« — Probleme einer modernen Schriftsteller/innen-Biographik

  • Chapter
Jahrbuch für Frauenforschung 2001
  • 85 Accesses

Zusammenfassung

Diese Beschwörung wurde im Jahre 1979 von Dieter Hildebrandt in Lessing. Biographie einer Emanzipation formuliert. Sie hätte genauso von jedem anderen Biographen stammen können, bleibt doch für alle die gleiche Sehnsucht, daß das Diffuse und Disparate Gestalt annehme, daß aus den so zahlreichen und oft nicht zueinanderpassenden Teilen ein Ganzes entstehe: Der Biograph als Puzzle-Spieler, als Mosaikbildner, als Magier gar, der die Geister bzw. den Geist der Vergangenheit beschwört.

Nimm doch Gestalt an: der große Biographen-Traum, der innige Wunsch dessen, der ein Leben nachschreibt, an denjenigen, der dieses Leben gelebt, vielleicht geführt, und leider verloren hat. Nimm doch Gestalt an: die beschwörende Bitte, dieser andere, frühere möge sich einlassen auf eine Nachwelt, die ja nicht nur neugierig, sondern auch bedürftig ist, nicht allein interessiert, sondern auch spürsüchtig. Lessing einmal wirklich zu fassen bekommen? Nimm doch Gestalt an!1

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Anmerkungen

  1. Hildebranclt, Dieter: Lessing. Biographie einer Emanzipation. München 1979, S. 244.

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Irmela von der Lühe Anita Runge

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Scheuer, H. (2001). »Nimm doch Gestalt an« — Probleme einer modernen Schriftsteller/innen-Biographik. In: von der Lühe, I., Runge, A. (eds) Jahrbuch für Frauenforschung 2001. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02797-9_2

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