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Sprachgrenzen und Sprachschichtungen im Rheinland Zur sprachlichen Genese des »Rheinischen«

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Book cover »Rheinisch«
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Zusammenfassung

Gibt es eine rheinische Sprache? Diese Frage erscheint angesichts der Existenz eines Rheinischen Wörterbuchs, einer Rheinischen Sprachgeschichte, eines Mittelrheinischen Sprachatlas, einer Buchreihe über die Rheinischen Mundarten sowie zahlreicher Untersuchungen zum rheinischen Platt, zu rheinischen Flurnamen, zur rheinischen Akzentuierung und Gutturalisierung, zur Sprache des rheinischen Fischers oder zum Sprachbewusstsein rheinischer Handwerksmeister auf den ersten Blick fast rhetorisch.1 Der selbstverständliche Gebrauch des Ausdrucks ›rheinische Sprache‹ oder ›rheinischer Dialekt‹in einer Vielzahl sprachwissenschaftlicher und mundartkundlicher Publikationen2 suggeriert eine weitgehende Übereinkunft über das Vorhandensein einer derartigen Regionalvarietät, über deren linguistisches Profil und areale Verbreitung. Bei näherer Betrachtung erweist sich jedoch die Verwendung des Attributes ›rheinisch‹ im sprachwissenschaftlichen Kontext als keineswegs unproblematisch, nicht nur, weil die Auffassungen darüber, was zum Rheinischen gehören könnte, z. T. beträchtlich auseinandergehen, sondern vor allem auch aufgrund von Überlegungen, die gegen die Existenz einer rheinischen Dialektregion sprechen.

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Anmerkungen

  1. Rheinisches Wörterbuch. Aufgrund der von J. Franck begonnenen, von allen Kreisen des rheinischen Volkes unterstützten Sammlung bearb. und hrsg. v. Josef Müller. Bd. 1–9. Bonn 1928–71; Theodor Frings: Rheinische Sprachgeschichte. Essen 1924;

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  2. Günter Bellmann: Mittelrheinischer Sprachatlas. Bd. 1–4 und Einführungsband. Tübingen 1994–99; Rheinische Mundarten. Beiträge zur Volkssprache aus den rheinischen Landschaften. Buchreihe des Amts für rheinische Landeskunde Bonn mit bisher 11 Bänden. Köln/Bonn 1981 ff.;

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  3. Georg Wenker: Das rheinische Platt (Deutsche Dialektgeographie, Bd. 8). Marburg 1915;

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  4. Heinrich Dittmaier: Rheinische Flurnamen. Bonn 1963;

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  5. Jürgen Erich Schmidt: Die mittelfränkischen Tonakzente (Rheinische Akzentuierung). Stuttgart 1986 [= Mainzer Studien zur Sprach- und Volksforschung, Bd. 8];

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  6. Heinrich Matthias Heinrichs: Zur Chronologie der Rheinischen Gutturalisierung, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 20 (1955), S. 237–252;

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  7. Johannes Schneider: Sprache und Brauch des rheinischen Fischers. Teil 1 : Fischnamen. Diss. Elberfeld 1929;

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  8. Jürgen Macha: Der flexible Sprecher. Untersuchungen zu Sprache und Sprachbewußtsein rheinischer Handwerksmeister. Köln/Weimar/Wien 1991.

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  9. Peter Wiesinger: Sprachliche Varietäten — Gestern und Heute, in: Gerhard Stickel (Hrsg.): Varietäten des Deutschen. Regional- und Umgangssprachen. Berlin/New York 1997, S. 9–45, hier S. 13 und 29 f. [= Institut für deutsche Sprache, Jahrbuch 1996].

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  10. Die Ausdrücke ›(regionale) Umgangssprache‹ und ›Regiolekt‹ werden im Folgenden als synonyme Termini für eine primär diatopisch bestimmte Sprachvarietät »zwischen Hochsprache/Standardsprache einerseits und kleinräumig gebundenen Dialekten andererseits« verwendet (Hadumod Bußmann: Lexikon der Sprachwissenschaft. 2., völlig neu bearb. Aufl. Stuttgart 1990, S. 814), nicht zur Bezeichnung einer speziellen lexikalischen Stilschicht (wie ›Vulgär-sprache‹) oder einer ausschließlich auf bestimmte Verwendungssituationen festgelegten Varietät (wie ›Alltagssprache‹). Zur Definition von ›Umgangssprache‹ und ›Regiolekt‹ vgl. Hugo Steger: Bemerkungen zum Problem der Umgangssprachen. In: Werner Besch/Klaus Hufeland/Volker Schupp/Peter Wiehl (Hrsg.): Festschrift für Siegfried Grosse zum 60. Geburtstag. Göppingen 1984, S. 251–278;

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  11. Arend Mihm: Die Rolle der Umgangssprachen seit der Mitte des 20. Jahrhunderts, in: Werner Besch/Anne Betten/Oskar Reichmann/Stefan Sonderegger (Hrsg.): Sprachgeschichte. Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung. Zweiter Teilband. 2., Überarb. Aufl. Berlin/New York 2000 (im Druck), hier Kap. 1.4.

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  12. Die vom Amt für rheinische Landeskunde herausgegebene Reihe Rheinische Mundarten (Anm. 1) orientiert sich wie das Rheinische Wörterbuch (Anm. 1, hier Bd. 1, Bonn 1928, S. X) an den Grenzen der ehemaligen preußischen Rheinprovinz »zwischen Kleve und Bad Kreuznach«; vgl. Georg Cornelissen/Peter Honnen/Fritz Langensiepen (Hrsg.): Das rheinische Platt. Eine Bestandsaufnahme. Handbuch der rheinischen Mundarten. Teil 1: Texte (Rheinische Mundarten, Bd. 2). Köln 1989, S. 5. Das gleiche gilt für das in Planung befindliche Historische Rheinische Wörterbuch;

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  13. vgl. Walter Hoffmann: Das Projekt eines historischen rheinischen Wörterbuchs und seine Konzeption als historisches Regionalwörterbuch, in: Werner Besch und Hans Joachim Solms (Hrsg.): Regionale Sprachgeschichte. Berlin 1998, S. 152–162 [= Sonderheft der Zeitschrift für deutsche Philologie, Bd. 117].

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  14. Ingo Reiffenstein: Zum Konzept einer regionalen Sprachgeschichte am Beispiel des Ostoberdeutschen, in: Gotthard Lerchner/Marianne Schröder/Ulla Fix (Hrsg.): Chronologische, areale und situative Varietäten des Deutschen in der Sprachhistoriographie. Festschrift für Rudolf Große. Frankfurt a. M. u. a. 1995, S. 325–332, hier S. 328 [= Leipziger Arbeiten zur Sprach- und Kommunikationsgeschichte, Bd. 2].

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  15. Zur Orientierung des Rheinischen Wörterbuchs an den Grenzen der Rheinprovinz vgl. die Kritik von Helmut Tervooren: Niederländisch — Niederrheinisch — Deutsch. Historische Streifzüge durch eine Region, in: Nachbarsprache Niederländisch 14 (1999), S. 145–161, hier S. 159.

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  16. Auch das Woordenboek van de Limburgse Dialecten (Assen 1983 ff.) macht an der Staatsgrenze halt und berücksichtigt ausschließlich die in der niederländischen und belgischen Provinz Limburg gesprochenen Mundarten (Herman Crompvoets: Das »Woordenboek van de Limburgse Dialecten«, in: Volkskultur an Rhein und Maas 10 (1991), S. 33–44).

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  17. Georg Cornelissen: Niederländisch — Kleverländisch — Deutsch. Zur alten Verwandtschaft der Dialekte an Rhein und Maas und zu ihrem heutigen Auseinanderwachsen. Duisburg 1994[= Xantener Vorträge zur Geschichte des Niederrheins, Heft 10];

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  18. José Cajot: Neue Sprachschranken im »Land ohne Grenzen«? Zum Einfluß politischer Grenzen auf die germanischen Mundarten in der belgisch-niederländisch-deutsch-luxemburgischen Euregio. Bd. I: Text. Bd. II: Karten und Tabellen. Köln/Wien 1989.

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  19. Jan Goossens (Hrsg.): Sprachatlas des nördlichen Rheinlands und des südöstlichen Niederlands. »Fränkischer Sprachatlas« (FSA). Erste Lieferung, Textband. Marburg 1988, S. 5.

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  20. Werner König: Atlas zur Aussprache des Schriftdeutschen in der Bundesrepublik Deutschland. Bd. 1: Text. Bd. 2: Tabellen und Karten. Ismaning 1989. — Weitere Regionalismen im Standarddeutschen lassen sich auf der suprasegmentalen Ebene ausmachen, also im Bereich der Intonation, auf die hier aus Platzgründen nicht eingegangen werden kann. Für das Rheinland spielen die Akzentverhältnisse (»Rheinische Akzentuierung«) eine zentrale Rolle, deren areale Verbreitung von Schmidt (Anm. 1) ausführlich beschrieben wird.

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  21. Hierbei konnte festgestellt werden, dass von den Sprechern selbst jeweils nur eine begrenzte Zahl von umgangssprachlichen Merkmalen als typische Spracheigenheiten wahrgenommen werden, während andere, im aktuellen Sprachgebrauch z. T. hochfrequente Merkmale weitgehend unbemerkt bleiben; vgl. Arend Mihm: Prestige und Stigma des Substandards. Zur Bewertung des Ruhrdeutschen im Ruhrgebiet, in: Arend Mihm (Hrsg.): Sprache an Rhein und Ruhr. Dialektologische und soziolinguistische Studien zur sprachlichen Situation im Rhein-Ruhr-Gebiet und ihrer Geschichte. Stuttgart 1985, S. 163–193, hier S. 184 [= Beihefte der Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik, Bd. 50].

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  22. Werner Besch (Hrsg.): Sprachverhalten in ländlichen Gemeinden. Forschungsbericht Erp-Projekt. Bd. 1 : Ansätze zur Theorie und Methode. Bd. 2: Dialekt und Standardsprache im Sprecherurteil. Berlin 1981 und 1983; Macha (Anm. 1);

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  23. Helmut Lausberg: Situative und individuelle Sprachvariation im Rheinland. Variablenbezogene Untersuchung anhand von Aufnahmen aus Erftstadt-Erp. Köln/Weimar/Wien 1993 [= Rheinisches Archiv, Bd. 130]; Kreymann (Anm. 25).

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  24. Kerstin Salewski: Zur Homogenität des Substandards älterer Bergleute im Ruhrgebiet. Stuttgart 1998 [= Beihefte der Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik, Bd. 99]. Der von Salewski untersuchte, niederfränkisch basierte Regiolekt des westlichen Ruhrgebiets (Duisburg) dürfte im Wesentlichen mit der am unteren Niederrhein (nördlich der Uerdinger Linie) verwendeten Umgangssprache übereinstimmen.

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  25. Die Merkmalsauswahl für den nordrheinischen Regiolekt beruht auf den Ergebnissen von Salewski (Anm. 29), S. 53–57 zu Duisburg-Homberg und Duisburg-Neumühl und der Merkmalsübersicht in Arend Mihm: Die Realität des Ruhrdeutschen — soziale Funktion und sozialer Ort einer Gebietssprache, in: Konrad Ehlich/Wilhelm Eimer/Rainer Noltenius (Hrsg.): Sprache und Literatur an der Ruhr. Essen 1995, S. 15–34, hier Abb. 2 (S. 17 f.).

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  26. Für den ripuarisch-rheinischen Regiolekt wurden die Arbeiten von Macha (Anm. 1), S. 138–189 über den Sprachgebrauch in Siegburg, Eitorf und Windeck (rechtsrheinisch), Lausberg (Anm. 28), S. 42–172 und Kreymann (Anm. 25), S. 62–171 über Erftstadt-Erp (linksrheinisch) sowie die kursorischen Ausführungen von Georg Cornelissen: Regiolekte im deutschen Westen. Forschungsansätze, in: Niederdeutsches Jahrbuch 122 (1999), S. 91–114, hier S. 10I-103 zum Regiolekt im südniederfränkisehen Raum (Mönchengladbach-Viersen, Krefeld, Solingen) zugrunde gelegt.

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  27. Ebd. — Vgl. auch Heinrich Matthias Heinrichs: ›Wye grois dan dyn andait eff andacht is …‹ Überlegungen zur Frage der sprachlichen Grundschicht im Mittelalter, in: Zeitschrift für Mundartforschung 28 (1961), S. 97–153;

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  28. Werner Besch: Bemerkungen zur schreibsoziologischen Schichtung im Spätmittelalter. In: Werner Besch/Klaus Fehn/Dietrich Höroldt/Franz Irsigler/ Matthias Zender (Hrsg.): Die Stadt in der europäischen Geschichte. Festschrift Edith Ennen. Bonn 1972, S. 459–470;

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  29. Walter Hoffmann: Zum Verhältnis von Schreibschichtung und Sprachwandel im spätmittelalterlichen Köln, in: Thomas Cramer (Hrsg.): Literatur und Sprache im historischen Prozeß. Vorträge des Deutschen Germanistentages Aachen 1982. Bd. 2: Sprache. Tübingen 1983, S. 101–113;

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  30. Walter Hoffmann und Klaus J. Mattheier: Stadt und Sprache in der neueren deutschen Sprachgeschichte: eine Pilotstudie am Beispiel von Köln, in: Werner Besch/Oskar Reichmann/Stefan Sonderegger (Hrsg.): Sprachgeschichte. Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung. 1. Aufl. Zweiter Halbband. Berlin/New York 1985, S. 1837–1865. Hoffmann/Mattheier (S. 1861: Abb. 160.6) setzen für Köln im 15./16. Jahrhundert einen mehrfach gegliederten »gesprochene[n] ribuarische[n] Stadtdialekt« an (»geschichtet nach Stilebenen, nach dem Grad der Schriftorientiertheit der Sprecher und nach den Stadtvierteln«), der sich wiederum von den »ländlichefn] Dialekte[n] in der Umgebung von Köln« unterschied.

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  31. Peter von Polenz: Die altenburgische Sprachlandschaft. Untersuchungen zur ostthüringischen Sprach- und Siedlungsgeschichte. Tübingen 1954, S. 101 f.

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  32. In der älteren Forschung wurde in diesem Zusammenhang vor allem auf isolierte »Reflexe gesprochener Sprache« wie dialektale Direktanzeigen oder Hyperkorrekturen hingewiesen; vgl. z. B. die entsprechenden Artikel (Nr. 78, 87, 97, 107, 118) im zweiten Teilband des neuen Handbuchs »Sprachgeschichte« hrsg. v. Besch/Betten/Reichmann/Sonderegger (Anm. 4) sowie den einflussreichen Aufsatz von Werner Besch: Zur Erschließung früheren Sprach-Standes aus schriftlichen Quellen, in: Friedrich Maurer (Hrsg.): Vorarbeiten und Studien zur Vertiefung der südwestdeutschen Sprachgeschichte. Freiburg i. B. 1965, S. 104–130. Demgegenüber konnte in jüngeren Studien zur nieder- und mittelrheinischen Sprachgeschichte nachgewiesen werden, dass historische Schreibsprachen in einigen Bereichen durchaus auch strukturelle Lautdifferenzen zum Ausdruck bringen;

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  33. vgl. Michael Elmentaler: Diachrone Schreibsprachenforschung und historische Dialektologie des Niederdeutschen, in: Niederdeutsches Jahrbuch 121 (1998), S. 1–34;

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  34. Michael Elmentaler: Zur phonischen Interpretierbarkeit spätmittelalterlicher Schreibsprachen, in: Volker Honemann/Helmut Tervooren/Carsten Albers/Susanne Höfer (Hrsg.): Beiträge zur Sprache und Literatur des Mittelalters in den wideren landen. Gedenkschrift für Hartmut Beckers. Köln/Weimar/Wien 1999 [= Niederdeutsche Studien, Bd. 44], S. 87–103; Arend Mihm: Zur Entwicklung der Kölner Schreibsprache im 12. Jahrhundert, in: Ebd., S. 157–180.

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  35. Die Möglichkeiten eines solchen Interpretationsverfahrens wurden bereits in verschiedenen Untersuchungen zur frühneuzeitlichen Entwicklung rheinmaas-ländischer Schreibsprachen erprobt, die im Rahmen eines Duisburger Forschungsprojekts unter der Leitung von Arend Mihm durchgeführt wurden; vgl. Arend Mihm: Gesprochenes Hochdeutsch in der norddeutschen Stadt. Zur Modalität des Sprachwechsels im 16. und 17. Jahrhundert, in: Peter Wagener (Hrsg.): Sprachformen. Deutsch und Niederdeutsch in europäischen Bezügen. Festschrift für Dieter Stellmacher zum 60. Geburtstag. Stuttgart 1999, S. 67–80;

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  36. Arend Mihm/Michael Elmentaler/Stephanie Heth/Kerstin Salewski/Tim Stichlmair: Die frühneuzeitliche Überschichtung der rheinmaasländischen Stadtsprachen. Ein Duisburger Forschungsprojekt zur Entstehung der deutschniederländischen Sprachgrenze, in: Michael Elmentaler (Hrsg.): Regionalsprachen, Stadtsprachen und Institutionssprachen im historischen Prozess. Wien 2000, S. 115–154.

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  37. Anders als auf der Karte des Rheinischen Wörterbuchs (Abb. 1) wird hierunter das gesamte Gebiet zwischen der Uerdinger Linie, der germanisch-romanischen Sprachgrenze und der Benrather Linie verstanden, wie es bei Jan Goossens: Die Gliederung des Südniederfränkischen, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 30 (1965), S. 79–94 definiert wird, also unter Einschluss der ›limburgischen‹ Mundarten Ostbelgiens und der südlichen Niederlande (vgl. Goossens, ebd., Karte 2). Für die Dialekte nördlich der Uerdinger Linie fehlt in der traditionellen Dialektologie eine entsprechende grenzüberschreitende Bezeichnung; hier wird meist von ›nordlimburgisch‹ (für den heute niederländischen Teil) und ›kleverländisch‹ bzw. ›niederrheinisch‹

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  38. (für den heute deutschen Teil) gesprochen. Einen der historischen Verwandtschaft dieser Dialekte Rechnung tragenden terminologischen Vorschlag macht Arend Mihm: Sprache und Geschichte am unteren Niederrhein, in: Niederdeutsches Jahrbuch 115 (1992), S. 88–122, hier S. 104, der das gesamte Dialektgebiet als »Rheinmaasländisch« bezeichnet, wobei die Uerdinger Linie die Grenze zwischen dem »Nordrheinmaasländischen« (Nordlimburgisch und Klever-ländisch) und dem »Südrheinmaasländischen« (Südniederfränkisch) bildet. Da der Fokus des vorliegenden Beitrags auf der östlichen, ›rheinischen‹ Hälfte dieses Raumes liegt, wird im Folgenden jedoch an den traditionellen dialektologischen Begriffen festgehalten.

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  39. Karl Zeck: Laut- und Formenlehre von Düsseldorf-Stadt und Land. Diss. Münster 1921, S. 13 f.;

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  40. Ferdinand Münch: Grammatik der ripuarisch-fränkischen Mundart. Bonn 1904, S. 76–83. Der Düsseldorfer Stadtdialekt ist zur Zeit der Untersuchung Zecks allerdings bereits stark hochdeutsch beeinflusst, so dass sich die unverschobenen Konsonanten zumeist nur noch in der Mundart des ländlichen Umlands finden. Zeck sieht hierin einen jüngeren neuhochdeutschen Einfluss.

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  41. Nach Friedrich Lau: Geschichte der Stadt Düsseldorf. Von den Anfängen bis 1815. Zweite Abteilung: Urkunden und Akten. Düsseldorf 1921, S. 24 (Text Nr. 42). Wörter mit unverschobenen, von der ripuarischen Schreibtradition abweichenden Konsonantengraphien sind durch Fettdruck markiert.

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  42. Vgl. z. B. den Beitrag von Kerstin Salewski über die Entwicklung in Ratingen in Mihm/Elmentaler/Heth/Salewski/Stichlmair (Anm. 41), S. 125–134 sowie Leo Gillessen: Schreibdialekt und Mundart. Beobachtungen zum historischen Schreib- und Lautwandel im ehemaligen Amt Heinsberg, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 58 (1994), S. 258–283;

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  43. Dirk Otten: Schreibtraditionen und Schreibschichten in Sittard im Zeitraum von 1450–1609. Bonn 1977, S. 133 [= Rheinisches Archiv, Bd. 98]. Andererseits gibt es allerdings auch Schreiborte im südniederfränkischen Raum (z. B. Erkelenz, Roermond), in denen die ripuarische Schreibtradition offenbar keinen nennenswerten Einfluss hatte, was mit der territorialen Zugehörigkeit zusammenhängen könnte. Vgl. Klaus Egert: Zur Geschichte der Schreibsprachen in Stadt und Amt Erkelenz vom 16. bis 19. Jahrhundert. Erkelenz 1994. Für Roermond wurden im Rahmen des in Anm. 41 erwähnten Duisburger Forschungsprojekts städtische Verwaltungstexte des 14. bis 17. Jahrhunderts diachronisch untersucht (Bearbeiterin: Stephanie Heth).

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  44. Am nördlichen Niederrhein bleibt der ripuarische Einfluss offenbar auf ausgewählte Morpheme beschränkt; vgl. zusammenfassend Arend Mihm: Rheinmaasländische Sprachgeschichte von 1500 bis 1650, in: Jürgen Macha/Elmar Neuß/Robert Peters (Hrsg.): Rheinisch-Westfälische Sprachgeschichte vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart. Köln/Weimar/Wien 2000, S. 139–164, hier S. 148–151.

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  45. Zu den Begriffen »Heterozentrierung« und »Autozentrierung« vgl. Utz Maas: Der kulturanalytische Zugang zur Sprachgeschichte, in: Wirkendes Wort 37 (1987), S. 87–104, hier S. 99.

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  46. Abdruck der Urkunde nach H. Eschbach: Urkunden zur Geschichte der Stadt Düsseldorf, in: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins 4 (1889), S. 93–150, hier S. 106 f. (Nr. 12). Frühneuhochdeutsche (nicht-ripuarische) Neuerungen sind durch Unterstreichung markiert, ripuarische Reliktformen durch Fettdruck. — Die bei Eschbach abgedruckten innerstädtischen Quellen aus den Jahren 1570–72 (Nr. 10, 12, 13) lassen erstmals einen weitgehend frühneuhochdeutschen Sprachstand erkennen, auch wenn noch zahlreiche ripuarische Reliktformen oder ›hybride‹ Wortbildungen mit teils ripuarischem und teils oberdeutschem Lautstand (leibseruen, aufmuiren, absteruen) vorkommen. Im weniger formellen Schreibgebrauch lässt sich ein gehäuftes Auftreten ripuarischer Sprachmerkmale noch Jahrzehnte später nachweisen; vgl. etwa den bei Lau (Anm. 44), S. 195 f. (Text Nr. 346) abgedruckten Entwurf einer Bauordnung aus der Zeit um 1590/1600. In einer erkennbar höheren Sprachlage sind die an den Herzog von Jülich, Kleve und Berg gerichteten Schreiben der Stadt Düsseldorf (Eschbach, Texte Nr. 9, 11, 14 von 1571/72) und die Bittschreiben Düsseldorfer Bürger an die Stadt (ebd., Text Nr. 19 von 1602) verfasst, die kaum noch ›Ripuarismen‹, dagegen zahlreiche Schreibneuerungen mit vermutlich ornativer Funktion wie Konsonantenhäufungen (offtermaill, eussersst), oberdeutsches <p> für b (pleiben, gepuer, gepieten) und postkonsonantisches <h> (rhaitt, nhu, zhien, fhuiren) enthalten.

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  47. Jürgen Macha: Rheinische Sprachverhältnisse im 17. Jahrhundert, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 57 (1993), 158–175, hier S. 175.

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  48. Für das nordrheinische Duisburg geht Arend Mihm davon aus, dass sich »schon im 17. Jahrhundert ein gesprochenes Beinahe-Hochdeutsch mit niederdeutschen Einsprengseln ausbildete«, das dann im Verlauf des 19. Jahrhunderts durch ein dialektfernes, normgerechteres Hochdeutsch verdrängt wurde; vgl. Arend Mihm: Arbeitersprache und gesprochene Sprache im 19. Jahrhundert, in: Dieter Cherubim/Siegfried Grosse/Klaus J. Mattheier (Hrsg.): Sprache und bürgerliche Nation. Beiträge zur deutschen und europäischen Sprachgeschichte des 19. Jahrhunderts. Berlin/New York 1998, S. 282–316, hier S. 288.

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  49. Jan Goossens: Die Herausbildung der deutsch-niederländischen Sprachgrenze. Ergebnisse und Desiderate der Forschung, in: Besch/Hufeland/Schupp/Wiehl (Anm. 4), S. 23–44; Jan Goossens: Zur sprachlichen Teilung des Rhein-Maas-Raumes, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 55 (1991), S. 274–293; Mihm (Anm. 42), S. 113–122; Mihm (Anm. 52). Der Prozess der frühneuniederländischen Überschichtung im Westen ist bislang wenig erforscht; vgl. z. B. Heinz Eickmans: Zur regionalen Sprachgeschichte des nördlichen Rheinlands, in: Besch/Solms (Anm. 5), S. 36–49, hier S. 46;

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  50. Jan Goossens: Sprache am Niederrhein: ein Probleminventar, in: Helga Bister-Broosen (Hrsg.): Niederländisch am Niederrhein. Frankfurt am Main u.a. 1998, S. 41–52, hier S. 46. Erste Ergebnisse zur Entwicklung in Venlo bietet der Beitrag von Stephanie Heth in Mihm/Elmentaler/Heth/Salewski/Stichlmair (Anm. 41), S. 142–149.

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Elmentaler, M. (2001). Sprachgrenzen und Sprachschichtungen im Rheinland Zur sprachlichen Genese des »Rheinischen«. In: Kortländer, B., Grimm, G.E. (eds) »Rheinisch«. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02796-2_7

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