Zusammenfassung
Der Drang nach einer aktuell-politischen Deutung der Loge-Figur ist groß! Vielleicht deshalb, weil diese Figur Wagners ihrem Charakter, ihrer Stellung nach zu den anderen Figuren und deren Handeln im Ring in vielerlei Hinsicht in Opposition steht, auch zu manchem, was unsere gegenwärtige Gesellschaft ausmacht. Loge verkörpert die kritische Infragestellung des Staates, dessen Vertreter machtberauscht erstarren, sich selbst und ihre Macht nur noch verwalten, sich den ›sehnsüchtigen Wesen der Tiefe‹ verschließen, dem ihnen nicht Genehmen in alter Herrschaftsgeste barsch Schweigen gebieten, das politische Handeln dabei aber von der persönlichen Verantwortung und Verantwortbarkeit abkoppeln, um es allein nach den formalen Maßgaben von Gesetz und Vertrag in mechanistischabstrakt funktionierende Administrationssysteme und Institutionen zu delegieren, es auf diese Weise in einem entpersonalisierten und entpersönlichten Institutionalismus einem Geflecht von Sachzwängen anheimgeben, um schließlich in den sich verselbständigenden Kausalketten dieser Sachzwänge selbst zu deren Opfer zu werden. Wem käme dies nicht sehr bekannt und sehr heutig vor?
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Anmerkungen
Jacob Grimm, Germanische Mythologie, Göttingen 3/1854.
Elard Hugo Meyer, Mythologie der Germanen, Straßburg 1903.
Rudolf Schäfer, Äschylos’ Prometheus und Wagners Loge, Bremen 1899, S. 14.
Vgl. Ludwig Ettmüllers Sigufrid, in: Altnordischer Sagenschatz, Leipzig 1870.
Philippe-Edouard Foucaux, (Hg): Chefs-d’oeuvre littéraires de l’Inde, de la Perse, de l’Egypte et de la Chine Bd. 1: Rig-Veda ou livre des hymnes, traduit du sanscrit par A. Langlois, Paris: Maisonneuve 1872, 5, 19, 25, 55; IV, 4; V, 11.
vgl. Felix Gross, Loge. Eine gemein-arische Göttergestalt, Bayreuther Festspielführer, 1931, S. 71 ff.
Felix Gross, Versuch einer vollständigen philosophischen Deutung von Wagner’s Ringmythos: Die Gestalt Loges im Ring, BBl. 30/1907, S. 257.
Wieland Wagner, Richard Wagners Loge, in: Programmhefte der Bayreuther Bühnenfestspiele 1951, hg. v. d. Festspielleitung, Heft 3, S. 6 ff.
Carl Walther Simon, Das vergöttlichte Element. Gedanken zu Wagners Loge — eine analytische Betrachtung, Programmheft der Osterfestspiele Salzburg 1968, S. 40 ff.
Deryck Cooke, I saw the world end. A study of Wagner’s Ring, London 1979.
Heinrich Porges, Die Bühnenproben zu den Festspielen des Jahres 1876: Das Rheingold, 2. Szene, 2. Teil, BBl. 1880, S. 193 ff.
Heinrich Porges, Die Bühnenproben zu den Festspielen des Jahres 1876, S. 193.
Udo Bermbach, Die Destruktion der Institutionen. Zum politischen Gehalt des Ring, in: In den Trümmern der eignen Welt, Hamburg 1989, S. 111 ff.
Richard Wagner, Mein Leben, München 1963, S. 450.
Cosima Wagner, Die Tagbücher, Bd. II 1878–1883, ediert und kommentiert von Martin Gregor-Dellin und Dietrich Mack, München/Zürich 1977, S. 1113 (12. 02. 1883).
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Friedrich, S. (2001). Loge. In: Bermbach, U. (eds) »Alles ist nach seiner Art«. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02795-5_10
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