Zusammenfassung
14. Juni 1828. Von Berlin kommend, wo er am Tage zuvor aufgebrochen war, traf Großherzog Carl August in dem nahe bei Torgau gelegenen Schloß Graditz ein; von dort sollte wenig später die Reise nach Teplitz fortgesetzt werden. Den Umweg über Berlin hatte er gewählt, um „alles dorten Neuentstandenes und Hingekommenes“ zu sehen „und so zu sagen, von der Außenwelt bey dieser Gelegenheit Abschied zu nehmen“.1 Unmittelbarer Anlaß war die Geburt eines Urenkels in Potsdam gewesen, den er doch noch in Augenschein hatte nehmen wollen. Intensive Gespräche führte er in jenen Tagen vor allem mit Alexander von Humboldt. Physik, Astronomie, Meteorologie und Geognosie, der Einfluß von Sonnenflecken auf die Temperatur, das Erscheinen organischer Formen in der Urwelt, innere Erdwärme, auch Fragen der Politik, das Aufkommen des Neupietismus sowie seine verhängnisvollen Folgen und schließlich das Christentum überhaupt, das waren die Themen, die erörtert wurden.2
Die folgenden Ausführungen entstanden als Vortrag für die Ortsvereinigung Halle der Goethe-Gesellschaft, deren Leitung an den Autor herangetreten war, weil er vor etwa 25 Jahren über einige spezielle Fragen der Regierungszeit Carl Augusts gearbeitet hatte und sich in der DDR keine weiteren Fachvertreter mit dem weimarischen Fürsten beschäftigt haben. Der Vortrag wurde in leicht veränderter Form im Rahmen der Donnerstag-Vorträge der Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar wiederholt, deren Veranstalter, durch eine kritische Auswertung der Vortragszyklen der letzten Jahre veranlaßt, an einer populärwissenschaftlichen, hauptsächlich Kenntnisse vermittelnden Form interessiert waren. Nur die außerordentliche Resonanz, die der Vortrag auslöste, konnte mich veranlassen, dem Druck dieses Textes in der vorliegenden Form zuzustimmen, obgleich ich mir des provisorischen Charakters der Darstellung ebenso wie der persönlichen Befangenheit in der Urteilsbildung durchaus bewußt bin. Ungeachtet seines Bemühens um Objektivität und kritische Distanz stellt, so meine ich, das persönliche Engagement des Historikers an seinen Gegenstand, nämlich die spontane Parteinahme sowie — namentlich wenn es um biographische Studien geht — Gefühle der Sympathie und Antipathie, eine nicht wegzudenkende Komponente bei der Bildung historischer Urteile dar. Nicht die psychische Verdrängung solch gefühlsbedingter und mithin wissenschaftlich anfechtbarer Bewußtseinsinhalte, sondern deren theoretische Überprüfung auf dem Weg kritischer Reflexion macht sachlich gerechtfertigte Urteilsbildung möglich. Doch das ist mitunter ein lange währender Prozeß. Ob er in bezug auf den vorliegenden Vortragstext schon abgeschlossen ist, bleibt dahingestellt
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Notizen
Helmut Holtzhauer, Goethe-Museum. Werk, Leben und Zeit Goethes in Dokumenten. Berlin und Weimar 1966, S. 223.
Hans Jürgen Geerdts, Johann Wolfgang Goethe. Leipzig 1972, S. 121 f. und S. 106.
Erich Honecker, Unsere Zeit verlangt Parteinahme für Fortschritt, Vernunft und Menschlichkeit. In: Martin Luther und unsere Zeit. Konstituierung des Martin-Luther-Komitees der DDR am 13. Juni 1980 in Berlin. Berlin 1980, S. 12.
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Hahn, KH. (2001). Carl August von Sachsen-Weimar. In: „Dann ist Vergangenheit beständig…“. Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger Weimar, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02793-1_4
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