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„Die ganze Erde wird zu einem Garten“

Gedächtniskonstruktionen im frühen deutschen Landschaftsgarten zwischen Aufklärung und Geheimnis

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Book cover Weimar — Archäologie eines Ortes
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Zusammenfassung

Unter „kulturellem Gedächtnis“ verstehen wir mit Jan Assman „den jeder Gesellschaft und jeder Epoche eigentümlichen Bestand an Wiedergebrauchs-Texten, -Bildern und -Riten […], in deren ,Pflege‘ sie ihr Selbstbild stabilisiert und vermittelt, ein kollektiv geteiltes Wissen vorzugsweise (aber nicht ausschließlich) über die Vergangenheit, auf das eine Gruppe ihr Bewußtsein von Einheit und Eigenart stützt“.1 Wir wollen davon ausgehend im folgenden an einigen Beispielen untersuchen, welches kulturelle Gedächtnis2 in die Gärten der Goethezeit3 eingeschrieben wurde, welche Erinnerung einzelne Gartenbauten und Gartenstaffagen wachhalten sollten und welche konkreten Sinnbilder sie zum Zeitpunkt ihrer Entstehung dokumentierten.4 Dabei soll der unterschiedliche Einfluß einiger der wichtigsten frühen Landschaftsgärten und ihrer Besitzer auf den Weimarer Park umrissen werden.

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Notizen

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Georg Bollenbeck Jochen Golz Michael Knoche Ulrike Steierwald

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Niedermeier, M. (2001). „Die ganze Erde wird zu einem Garten“. In: Bollenbeck, G., Golz, J., Knoche, M., Steierwald, U. (eds) Weimar — Archäologie eines Ortes. Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger Weimar, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02792-4_9

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