Zusammenfassung
Noch im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts, als die Lungentuberkulose zu den schlimmsten Massenkrankheiten zählte, hieß es im Volke: „Hat er die Motten, muß der nach Görbersdorf“. Das kleine niederschlesische Dorf in einem malerischen Tale des Waldenburger Gebirges, des Ausläufers des Riesengebirges, war einer der bekanntesten Mittelgebirgsluftkurorte für Lungenerkrankungen in Deutschland. Sein Gründer, der schlesische Arzt Hermann Brehmer (1826–1889), gilt als einer der Reformatoren auf diesem Gebiet1, jedoch findet die Tatsache kaum eine Erwähnung, daß er sein Medizinstudium mit Unterstützung einer gewissen Marie von Colomb abschließen und seine Laufbahn als junger Arzt in ihrer Kaltwasserheilanstalt zur Behandlung der Erkrankungen der Atemwege, Nerven und Sekrete in diesem Dorfe beginnen konnte, die er später in eine Lungenheilanstalt umwandelte.
„Habt Mut, euch eures Verstandes zu bedienen!“
Christine de Pizan
Für tatkräftige Unterstützung bei der Suche nach zeitgenössischen Zeitungen bedanke ich mich bei den Bibliothekarinnen der Staatlichen Allgemein-politischen Bibliothek, Moskau: Tatjana Wassiljewa, Tatjana Uschakowa und Swetlana Inkina, für Hilfe bei der Übersetzung aus dem Polnischen bei Frau Dr. Demuth Lötsch, Berlin, und Herrn Gerd Bruderreck, Stuttgart; aus dem Französischen bei Frau Tatjana Gioewa, Moskau. Weiterhin gilt mein herzlicher Dank dem Biographen Nees von Esenbecks und Editor seiner Werke, Herrn Dr. habil. Günther Höpfner, Berlin, für hilfreiche Hinweise und für die Erlaubnis, einige unveröffentliehe Briefe Nees von Esenbecks an Otto Lindner und Friederike Kempner einzusehen.
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Anmerkungen
ADB, Bd. ILVII, S. 216f. August Hirsch (Hrsg.): Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker. 6 Bde. Berlin/Wien 21929, Bd. I, S. 688;
Julius Busch: Hermann Brehmer. — In: Schlesische Lebensbilder. Bd. I: Schlesier des 19. Jahrhunderts. Namens der Historischen Kommission für Schlesien hrsg. v. Friedrich Andreae u.a. Breslau 1922, S. 55ff;
Reinhold Ortmann: Ein Mahnwort an Hustende und Lungenkranke. Hamburg 1880; ders. Görbersdorf. Dr. Brehmer’s Heilanstalt für Lungenkranke. Zürich 1883;
Walther Ameling/Arrien Evers (Hrsg.): Handbuch der Bäder- und Klimaheilkunde. Stuttgart 1962, S. 14, 673;
Otto Helfer/Rolf Winau: Männer und Frauen der Medizin. Illustrierte Kurzbiographien zur Geschichte der Medizin. Berlin/New York 61989, S. 94.
Gustav Friedrich Klemm: Die Frauen. Culturgeschichtliche Schilderungen des Zustandes und Einflußes der Frauen in den verschiedenen Zonen und Zeitaltern. 4 Bde., Dresden 1854–1859, Bd. VI, S. 158;
Heinrich Gross: Deutschlands Dichterinnen und Schriftstellerinnen. Eine literarhistorische Skizze. Wien 21882, S. 243; Patacky, Bd. I, S. 133;
Elise Oelsner: Die Leistungen der deutschen Frauen in den letzten vierhundert Jahren auf wissenschaftlichem Gebiet. Guhrau 1894, S. 75;
Mélanie Lipinska: Histoire des femmes médecins depuis ľantiquite’ jusqu’a nos jours. Paris 1900, p. 333–337;
Walther Schönfeld: Frauen in der abendländischen Heilkunde vom klassischen Altertum bis zum Ausgang des 19. Jahrhunderts. Stuttgart 1947, S. 139ff; Lexikon der Frau in zwei Bänden. Zürich 1953. Bd. I, S. 671;
Annette Kuhn (Hrsg.): Die Chronik der Frauen. Dortmund 1992, S. 346;
Johanna Ludwig/Katharina Middell: „… der Menschheit Hälfte blieb noch ohne Recht“. Dokumentation zur Ausstellung: Menschenrechte für Frauen — Frauen für Menschenrechte. 1791 Olympe de Gouges/ 1848–49 Louise Otto-Peters. Leipzig 1998, S. 29.
Vgl. Christina Vanja: Aufwärterinnen, Narrenmägde und Siechenmütter — Frauen in der Krankenpflege der Früheren Neuzeit. — In: MedGG 11. 1992, S. 9–24.
Margaret Alic: Hypatias Töchter. Der verleugnete Anteil der Frauen an der Naturwissenschaft. Zürich 1987, S. 119, 121. Zur Geschichte der Frauen in der Medizin und ihrer Zulassung zum Medizinstudium vgl.
Edythe Lutzker: Women gain a place in medicine. New York/Toronto/London/Sydney 1969;
Eva Brinkschulte (Hrsg.): Weibliche Ärzte. Die Durchsetzung des Berufsbildes in Deutschland. Berlin 1993;
Kirstin Hoesch: Die Bemühungen in Deutschland tätiger Ärztinnen um die Approbation von 1877–1900. — In: Medizinhistorisches Journal. Internationale Vierteljahrsschrift für Wissenschaftsgeschichte 30. 1995, S. 353–376. Weitere Hinweise zum Thema in: Barrieren und Karrieren. Die Anfänge des Frauenstudiums in Deutschland. Dokumentationsband der Konferenz „100 Jahre Frauen in der Wissenschaft“ im Februar 1997 an der Universität Bremen, hrsg. v. Elisabeth Dickmann/Eva Schöck-Quin-teros unter Mitarbeit von Sigrid Dauks. Berlin 2000.
Ursula Püschel: Bettine, politisch — Beispiel Polen. Mit zwei Briefen Mieroslawskis. — In: „Die echte Politik muß Erfinderin sein“. Beiträge eines Wiepersdorfer Kolloquiums zu Bettina von Arnim. Hrsg. v. Hartwig Schulz. Berlin 1999, S. 83, 89; dies.: Anfang der Polenbroschüre. Ein Entwurf Bettinas im Weimarer Material. — In: ebd., S. 379;
Paul Boerner: Erinnerungen eines Revolutionärs. Skizzen aus dem Jahre 1848. 2 Bde., Leipzig 1920, Bd. I, S. 78; Breslauer Klubb-Blatt. Beil. zur Schlesischen Chronik. Nr. 2, 18. April 1848.
Manfred Laubert: Die preußische Polenpolitik von 1772–1914. Berlin 1920, S. 46.
Vgl. Günther Höpfner: Christan Gottfried Daniel Nees von Esenbeck (1776–1859) — ein deutscher Gelehrter an der Seite der Arbeiter. — In: Beiträge zur Nachmärz-Forschung. Schriften aus dem Karl-Marx-Haus 47. Trier 1994, S. 9–102.
Julius Fröbel: Das System der sozialen Politik. 2 Bde. Mannheim 1847. Für die erste Auflage dieser Schrift, die ein Jahr zuvor unter dem Titel „Neue Politik“ erschien, benutzte Fröbel das Pseudonym „C. Junius“.
Sylvia Paletschek: Frauen und Dissens. Frauen in Deutschkatholizismus und in den freien Gemeinden 1841–1852. Göttingen 1990, S. 194–200.
Ebd. Ferdinand Kampe: Geschichte des Deutsch-Katholizismus und freien Protestantismus in Deutschland und Nordamerika von 1848–1858. Leipzig 1860, S. 140.
Zur Geschichte der Hochschule für das weibliche Geschlecht vgl. u.a. Ries [Anm. 29], S. 29–67. Elke Kleinau: Ein (hochschul-)praktischer Versuch. Die „Hochschule für das weibliche Geschlecht“ in Hamburg. — In: Geschichte der Mädchen und Frauenbildung. Hrsg. v. Elke Kleinau und Claudia Opitz. Frankfurt a.M./New York 1996. Bd. II: Vom Vormärz bis zur Gegenwart, S. 66–82 sowie den Artikel von Inge Grolle in diesem Band.
Vgl. Irina Hundt: „Wäre ich besonnen, wäre ich nicht Helmina.“ Helmina von Chézy (1783–1856) — Porträt einer Dichterin und Publizistin. — In: Autorinnen des Vormärz. Bielefeld 1997 (= FVFJb. 1996), S. 43–79.
Vgl. u. a. Hedwig Dohm: Die wissenschaftliche Emanzipation der Frau. Berlin 1874;
Helene Lange: Frauenbildung. Berlin 1889. Eine zusammenfassende Übersicht der wichtigsten Etappen im Kampf der Frauen für die Zulassung zum Hochschulstudium gibt: 25 Jahre Frauenstudium in Deutschland. Verzeichnis der Doktorarbeiten von Frauen 1908–1933. Zusammengest. v. Elisabeth Boedecker unter der Mitarbeit v. Ingeborg Colshorn und Elsa Engelhardt. H.I. Hannover 1939, S. XXII–XLVIII.
A. Palleske: Der Curort Görbersdorf in Schlesien, eine Heilanstalt für Lungenkranke. Geschildert und als Handbuch und Führer zum Gebrauch für Curgäste bestimmt. Berlin 1872, S. 1–5
Marie von Colomb: Vincenz Prießnitz und dessen Wasserheilmethode zu Gräfenberg. Als Programm zur Eröffnung der Wasserheilanstalt zu Görbersdorf unterhalb Fürstenstein im schlesischen Gebirge. Breslau 1850. Vermutlich veröffentlichte Marie kurz davor in der „Frauen-Zeitung“. Red. v. Louise Otto. Nr. 37, 30. Dezember 1849, einen mit „Hygiea“ unterschriebenen und völlig mit dieser Schrift übereinstimmenden Artikel: „Gegen Krankheiten. An die Frauen“.
L.H. Rausse: Anleitung zur Ausübung der Wasserheilkunde für Jedermann, der zu lesen versteht. Hrsg. v. Theodor Hahn. 3 Abth. Leipzig 1850–1852, 2. Abth.: Die Behandlung der akuten Krankheitszeichen. Mit dem Porträt LH. Rausse’s. S. 229–251.
Vgl. Simon Baruch: Hydrotherapie. Ihre physiologische Begründung und praktische Anwendung. Berlin 1904;
Alfred Martin: Deutsches Badewesen in vergangenen Tagen. Nebst einigen Beiträgen zur Geschichte der deutschen Wasserheilkunde. Jena 1906; Victor van der Reis: Die Geschichte der Hydrotherapie von Hahn bis Prießnitz. Berlin 1914;
Kordula Köberle: Zur Kontroverse zwischen Schulmedizin und Naturheillehre vor dem Hintergrund der Entwicklung der Hydrotherapeutischen Anstalt der Universität Berlin von 1898 bis 1933. — In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität zu Berlin, Math.-Nat. R XXVIII. 1978, 2, S. 309–315;
Cornelia Regin: Naturheilkundige und Naturheilbewegung im Deutschen Kaiserreich. Geschichte, Entwicklung und Probleme eines Bündnisses zwischen professionellen Laienpraktikern und medizinischer Laienbewegung. — In: MedGG 11. 1992, S. 175–200.
Marie von Colomb: Der Weg zum Heil für mein Geschlecht. Breslau 1854. Ihre im selben Jahr in Waidenburg veröffentlichte zweite Broschüre: Heilung der Atmungsorgane durch das Wasser, ist z.Z. nicht auffindbar.
Vgl. Phyllis Chester: Frauen — das verrückte Geschlecht? Mit einem Vorwort von Alice Schwarzer. Deutsch von Brigitt Stein. Reinbeck bei Hamburg 1977.
Franziska Tiburtius: Erinnerungen einer Achtzigjährigen. Berlin 21925, S. 186f.
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Hundt, I. (2002). Marie von Colomb (1808–1868). In: Hundt, I. (eds) Vom Salon zur Barrikade. Heine-Studien. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02790-0_17
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