Zusammenfassung
Die Auffassung vom Marxismus als wissenschaftlicher Analyse gesellschaftlicher Strukturen und die Auffassung vom Marxismus als in einem aktiven Kampf involvierte Ideen werden wahrscheinlich zu zwei recht verschiedenen Erkenntnistheorien führen. Im ersten Fall ist Bewußtsein wesentlich kontemplativ, in seinem Bestreben, den Gegenständen mit größtmöglicher Akkuratheit zu ›entsprechen‹ bzw. mit ihnen zu ›korrespondieren‹. Im letzteren Fall ist Beßtsein viel offensichtlicher ein Teil der gesellschaftlichen Wirklichkeit, eine dynamische Kraft ihrer potentiellen Transformation. Einem Denker wie Georg Lukács würde es folglich ein wenig unpassend erscheinen, darüber zu sprechen, ob dieses Denken die Geschichte, mit der es untrennbar verbunden ist, ›reflektiert‹ oder ihr ›entspricht‹.
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Literatur
Bikhu Parekh, Marx’s Theory of Ideology, London 1982, p. 171–2.
Leszek Kolakowski, Die Hauptströmungen des Marxismus. Entstehung, Entwicklung, Zerfall, Bd. 3, München 1977–79, p. 295.
NA Lukács, Geschichte und Klassenbewußtsein, p. 94. Eine erhellende Diskussion der Lukácsschen Gedanken findet sich bei A. Arato und P. Breines, The Young Lukács, London 1979, Kap. 8, und bei Michael Löwy, Georg Lukács — From Romanticism to Bolshevism, London 1979, Teil 4.
Gareth Stedman Jones, ›The Marxism of the early Lukács: An Evaluations‹ New Left Review, Nr. 70, November/Dezember 1971.
Nicos Poulantzas, Politische Macht und gesellschaftliche Klassen, Frankfurt/a.M. 1980, Teil 3, Kap. 2. An dieser Stelle sollte darauf hingewiesen werden, daß Lukács in der Tat behauptet, es gäbe heterogene ›Ebenen‹ von Ideologie.
Siehe Ernesto Laclau, Politics and Ideology in Marxist Theory, London 1977, Kap. 3.
Siehe Lucio Colletti, Marxism and Hegel, London 1973, Kap. 10.
Karl Mannheim, Ideologie und Utopie, Frankfurt/a.M. 1965, p. 86. Für eine anregende Kritik Mannheims siehe Larrain, The Concept of Ideology, und Nigel Abercrombie, Class, Structure and Knowledge, Oxford 1980. Siehe auch В. Essay in R. Benewick, ed., Knowledge and Belief in Politics, London 1973.
Perry Anderson, ›The Antinomies of Antonio Gramsci‹, New Left Review, Nr. 100, November 1976/Januar 1977.
V.l. Lenin, Werke, Bd. 27, Berlin 1960, p. 464, Vgl. Carmen Claudin-Urondo, Lenin and the Cultural Revolution, Hassocks, Sussex, 1977.
NA Williams, Marxism and Literature, p. 112. Eine historische Studie zur Hegemonie im England des 18. und 19. Jahrhunderts bietet Francis Hearn, Domination, Legitimation, and Resistance, Westport, Conn. 1978.
Vgl. hierzu meine Ideology of the Aesthetic, Oxford 1990, Kap. 1 und 2, die demnächst bei J.B. Metzler erscheinen wird.
Antonio Gramsci, Selections from the Prison Notebooks, Q. Hoare und G. Nowell Smith, eds., London 1971, p. 268.
Vgl. zu diesem Thema Alberto Maria Cirese, ›Gramsci,s Observations on Folklores‹, in Anne Showstack Sassoon, ed., Approaches to Gramsci, London 1982.
Vgl. Nicos Poulantzas, Politische Macht und gesellschaftliche Klassen, London 1973, 140–44. Inwieweit Poulantzas diese Angriffe direkt gegen Gramsci und nicht doch gegen Lukács richtet, bleibt unbestimmt.
Siehe Chantal Mouffe, ›Hegemony and Ideology in Gramsci‹, in Chantal Mouffe, ed., London 1979, p. 192.
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Eagleton, T. (2000). Von Lukács zu Gramsci. In: Ideologie. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02761-0_5
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