Zusammenfassung
Um die Anfänge des Schriftstellers Roth ist es merkwürdig bestellt. Der Gymnasiast schmiedet selbstvergessen Reim auf Reim, entflammt von kühnen Träumen kommenden Ruhmes. Sein Talent ist dabei so zweifelhaft, daß der (im übrigen verehrte) Deutschlehrer von Beginn an energisch gegensteuert. Der Pädagoge muß ein erstaunliches Gespür für die Gaben seines Schützlings besessen haben: So entschieden er die lyrischen Prätentionen des Primus abkanzelt, so entschieden fördert er nach Kräften den künftigen Prosaisten im schüchternen Primus. Die Schulkameraden bekommen nicht nur einmal Roth’sche Aufsatzprosa als mustergültige Leistungen serviert253. Doch das pädagogische Ingenium half nichts: Roth debütierte mit Versen (1915 in Wien), und in der Tat, sie zeugen von bescheidenen Talenten. Der Anspruch des Anfängers überstieg sein Können bei weitem: Verslein wie „Menschen gibt’s, die sich was sagen müßten/ Und sagen’s nicht…“ läßt Roth unter dem gar nicht bescheidenen (und keineswegs ironisch zu verstehenden) Titel Welträtsel in Satz gehen. Die Hartnäckigkeit des strebsamen Neulings ist dabei bemerkenswert: Was hat ihn bewogen, so lange gegen seine eigentlichen Gaben den lyrischen Ausdruck zu suchen?
„La litérature c’est la sincérite meme, la seule expression vraie de la vie“252
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Kiefer, S. (2001). Ambivalenz im literarischen Werk. In: Braver Junge — gefüllt mit Gift. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02754-2_4
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-02754-2_4
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
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