Die italienische Romantik und das geistig-kulturelle Klima Italiens in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts

Zusammenfassung

Im gängigen Sprachgebrauch werden die Opern Rossinis, Bellinis, Donizettis und ihrer Zeit genossen weitgehend unterschiedslos unter dem Gattungsbegriff „Belcanto“ subsummiert. Unter musikwissenschaftlichen und stilgeschichtlichen Gesichtspunkten ist dieser Begriff allerdings, wie Celletti¹ ausgeführt hat, höchstens noch auf das Oeuvre Gioachino Rossinis mit einiger Berechtigung anzuwenden, während die Mehrzahl der in den zwanziger und dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts entstandenen Opern dem Romanticismo, der spezifischen italienischen Erscheinungsform der europäischen Romantik, zuzurechnen sind. Dies gilt nicht nur in Bezug auf ihre theatergeschichtliche Einordnung, sondern in weit stärkerem Maße auch für ihre wirkungsästhetische und ideologische Konzeption. Da die Geistesströmung der Romantik für das Verständnis von Kunst und Theater im 19. Jahrhundert in ganz Europa zentral ist und ihre Manifestationen und ihre ideellthematische Ausrichtung in Italien sich in wichtigen Aspekten von derjenigen in anderen Ländern unterscheidet, ist es erforderlich, das Phänomen des Romanticismo mit seinen geistigen Grundlagen, seiner konkreten künstlerischen Gestaltung und vor allem seinen Zielsetzungen und gesellschaftspolitischen Auswirkungen eingehend zu betrachten.