Zusammenfassung
Um die ideologische Brisanz eines dramatischen Entwurfes wie Anna Bolena in seinem ganzen Komplexionsgrad würdigen zu können, muß man sich der historischen und gesellschaftspolitischen Situation bewußt sein, in welcher nicht nur dieser Premierenabend, sondern die gesamte Karnevalsstagione 1830/31 stattfand. Die revolutionäre Erhebung vom Juli 1830 in Frankreich zeigte, mit der historisch obligaten zeitlichen Verzögerung, in mehreren Ländern Europas, so auch in Italien, Wirkung. Wie in Kapitel 1.5 ausführlich geschildert, kam es unter dem Eindruck der erfolgreichen Regierungsübernahme des „Bürgerkönigs” Louis Philippe und des von ihm proklamierten bürgerlich-liberalen Kurses Anfang Februar 1831 in Bologna und den anderen Legationshauptstädten des Kirchenstaates zu bewaffneten Aufständen unter logistischer Führung der verbliebenen carbonari, welche schnell auf die benachbarten Provinzen Modena, Parma, Umbrien und die Marche übergriffen. Die örtlichen Feudalregierungen leisteten keinen nennenswerten Widerstand und wurden, ähnlich den Ereignissen von 1820/21, durch bürgerliche Übergangsregierungen ersetzt. Auslöser der Aufstände war das von Louis Philippe verkündete „Nichtinterventionsprinzip”, welches die am Aufstand beteiligten Kreise als verbindliche politische Schutzzusage der bürgerlichen Revolutionsregierung in Paris mißverstanden. Abgesehen von dem sachlich durch nichts gerechtfertigten Vertrauen auf ein politisch es und militärisches Eingreifen Frankreichs scheiterte der Aufstand nach nur vier Wochen an der beharrlichen Wiederholung der Fehler von 1820/21.
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Literature
Manfred Haedler: Bellini auf dem Wege in den Weltruhm. In: Programmheft der Deutschen Staatsoper zu / Capuleti, Berlin 1993, Seite 15
Robert Braunmüller Die kalkulierte Rührung. Zu Vincenzo Bellinis Melodramma „La Sonnambu-la“. In: Programmheft des Bayerischen Rundfunks zur konzertanten Aufführung La Sonnambula. München 1998, Seite 6
In einem Brief an Bellaigue vom 2.Mai 1898 schreibt Verdi: „Anche nelle sue opere meno cono-sciute (…) vi sono melodie lunghe, lunghe, lunghe, come nissuno ha fatto prima di lui.” zitiert nach: G. Cesari/A. Luzio (Hrsg.): / Copialettere di Giuseppe Verdi. Mailand 1913, Seite 415
zitiert nach: Lippmann: Das Leben Bellinis. In: Programmheft der Bonner Oper zu Norma. Bonn 1983, Seite 29
Dietrich Schulz untersucht die ethymologische Herkunft und Bedeutung des Namens und kommt dabei zu dem Ergebnis, daß dieser als klangvolle Erfindung Soumets zu gelten hat und kein nachweisbares Vorbild zu besitzen scheint: Schulz: Norma- Name und Begriff. Eine Ideal-Personifizierung weiblicher Leidenschaften. In: Programm heft der Bonner Oper zu Norma, Bonn 1983, Seite 34
Lippmann: Der Komponist der „Norma”. In: Programmheft der Bonner Oper zu Norma, Bonn 1983, Seite 19
Der von Romani in seinen Libretti für Bellini und Pacini verwendete Name Irminsul ist vom altgermanischen Irmensul abgeleitet und hat weder einen keltischen Ursprung, noch bezeichnet er eine Gottheit. Die „Irmen-Säule” war vielmehr eine germanische Kultstätte und wurde vermutlich 772 n.Chr. zerstört. Siehe auch: Herbert Birkhan: Die Druiden und die „Norma”. In: Programmheft der Wiener Volksoper zu Norma. Wien 1997, Seite 36
Andrea Delia Corte/ Guido Pannain: Vincenzo Bellini. Turin 1935, Seite 110
Carl Friedrich Glasenapp: Das Leben Richard Wagners. Leipzig 1911, Seite 69
Arthur Scherle Vincenzo Bellinis „Die Puritaner”. In: Programmheft der Deutschen Oper am Rhein zur konzertanten Premiere I Puritani. Düsseldorf 1992, Seite 2
Jürgen Schläder: Tränen der Rührung durch perfekten Gesang. Zu Vincenzo Bellinis Oper „I Puri-tani”. In: Programmheft des Bayerischen Rundfunks zur konzertanten Aufführung I Puritani, München 1993, Seite 5
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Stallknecht, F.A. (2001). Die Opern Bellinis nach 1830. La Sonnambula, Norma, I Puritani. In: Dramenmodell und ideologische Entwicklung der italienischen Oper im frühen Ottocento. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02753-5_12
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