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Abenteuerliche Mobilität

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»Schwarz auf weiß«
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Zusammenfassung

Bevor nun die Zeichenmodalitäten des Wappens eingehender zur Sprache kommen können, werden im folgenden die Eckpfeiler eines kulturhistorischen Kontextes für ein Wappen rekonstruiert, welche erlauben, die sinnfällige Diskrepanz von Zeichenmaterial und Zeichenfunktion auf der Folie sozialer und ökonomischer Prozesse des hohen Mittelalters zu reflektieren. Mit der in der historischen Wissenschaft gängigen Praxis, das Wappen ausschließlich dem Kanon von Standesattributen und damit den Zeichen von Identität zu subsumieren, soll hiermit eine Lesart des Wappens konkurrieren, die das Wappen als rhetorische Figur und ornamentales Bild innerhalb der Problematik von kultureller Identität, auf dem Hintergrund von Verschränkungen des Eigenen mit dem Fremden und der Ordnung mit ihrer jeweiligen Gegen-Ordnung diskutiert. Damit verweist das Wappen auf Sinnhorizonte, die die Basis einer Logik des Identischen zunächst untergraben oder sich in direkte Opposition zu dieser begeben. Die Schwierigkeiten, die mit der Betrachtung dieser Widersprüchlichkeiten auftauchen, haben ihre Ursache darin, daß bis heute ein Bildbegriff des Wappen fehlt und daß eine schwere Hypothek sozialen Prestiges auf dem Wappen lastet, die es bislang nicht opportun erscheinen ließ, die Identität der Identitätsbeziehung, die das Wappen behauptet, genauer zu betrachten. Noch eine der neuesten Untersuchungen zu diesem Gegenstand kann nicht umhin, den Bildbegriff des Wappens im Bereich des Unscharfen zu belassen, da das Wappenbild nicht unbedingt in eine Korrelation mit seinen repräsentativen Aufgaben zu bringen ist.

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Notizen

  1. Werner Paravicini, Gruppe und Person. Repräsentation durch Wappen im späteren Mittelalter, in: Die Repräsentation der Gruppen: Texte — Bilder — Objekte, hg. von Otto Gerhard Oexle und Andrea von Hülsen-Esch, Göttingen 1998, S. 339.

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  2. Georges Duby, Situationen der Einsamkeit: 11. bis 13. Jahrhundert. In: Geschichte des privaten Lebens, Bd. II, vom Feudalzeitalter zur Renaissance, hg. von Georges Duby, Frankfurt a. M. 1990, S. 474.

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  3. Stephan Greenblatt, Wunderbare Besitztümer, Berlin 1994, S. 34 ff. Die «Verwunderung» als entscheidendens Element dieses Wahrnehmungsdiskurses wird weiter unten noch erörtert werden.

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  4. Siehe Claude Thomasset, La Chevalerie et l’ostentation dans l’évocation de la fête, in: Feste und Feiern im Mittelalter, hg. von Detlef Altenburg, Jörg Jarnut u. Hans-Hugo Steinhoff, Sigmaringen 1991, S. 181 – 193.

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  5. Schamma Schahadat, Das Fest. Aneignung und Ablehnung des Fremden in der russischen Kultur, Unveröffentlichtes Manuskript, Konstanz 1997, S. 1.

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  6. Vergleiche Joerg O. Fichte, Das Fest als Testsituation in der mittelenglischen Artusromanze, in: Feste und Feiern im Mittelalter, hg. von Detlef Altenburg, Jörg Jarnut u. Hans Hugo Steinoff, Sigmaringen 1991, S. 449 – 459.

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  7. Siehe Reinhold Görling, Heterotopia, München 1997, S. 17.

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  8. Vergleiche Jacques Le Goff, Phantasie und Realität des Mittelalters, Stuttgart 1990, S. 42 ff.

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  9. Werner Paravicini, Die ritterlich-höfische Kultur des Mittelalters. Enzyklopädie deutscher Geschichte, Band 32, München 1994, S. 2. Paravicinis Vorstellung eines „reinen“ Höfischen im Gegensatz zu einem Ritterlich-Höfischen wäre allerdings auf dem Hintergrund kulturse-miotischer, ‚polysemischer‘ Hofkonzepte noch zu problematisieren.

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  10. Joachim Küchenhoff, Das Fest und die Grenzen des Ich — Begrenzung und Entgrenzung im vom „Gesetz gebotenen Exzeß“, in: Das Fest, hg. von W. Haug u. R. Warning, München 1989, S. 102: „Grenze und Entgrenzung, Zwang und Anarchie, Ordnung und Chaos sind die Gegensatzpaare, von deren Entgegensetzung das Fest lebt.“

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  11. Bernhard Waidenfels, Topographie des Fremden, Studien zur Phänomenologie des Fremden, Frankfurt a. M 1997, S. 57.

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  12. Ernst Schubert, Fahrendes Volk im Mittelalter, Bielefeld 1995, S. 48 ff. Überhaupt wird Schubert nicht müde die „latente Mobilität“ des Mittelalters zu betonen und spricht an anderer Stelle von „Mobilität“ als der „Vitalsituation des mittelalterlichen Menschen“ (S. 31).

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  13. Arno Borst, Lebensformen im Mittelalter, Frankfurt a. M. / Berlin 1973, S. 155.

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  14. Die Ereignisse im „Parzival“ scheinen sich mit dem Zeitpunkt des Schildwechsels zu überstürzen: der Zeitraum wird gesäumt durch die zwei Schilde, das eine mit dem Anker, das Gachmuret aufgibt, und das andere mit dem Pantherbild aus Zobelpelz, das er stattdessen nimmt und damit seine Absicht, die Herrschaft seines Vaters antreten zu wollen, verkündet. Doch bei dieser Verkündigung bleibt es. Zwischen den beiden Schilden ist die Vereinigung mit Herzeloyde eingefügt, die mit großem Tempo über die Bühne geht, der Held nimmt das Schild des Vaters, befindet sich über einen dieser befremdlichen Zeitsprünge bereits schon wieder auf einer Fahrt übers Meer und reitet am Ziel binnem kurzem seinem Tod entgegen. Siehe Wolfram von Eschenbach, Parzival. Mittelhochdeutscher Text nach der Ausgabe von Karl Lachmann, Übersetzung und Nachwort von Wolfgang Spiewok, Stuttgart 1981, S. 177 ff.

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  15. Norman O. Brown, Love’s Body. Wider die Trennungen von Geist und Körper, Wort und Tat, Rede und Schweigen, Frankfurt a. M./Berlin /Wien 1979, S. 16.

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  16. Bourdieu hebt den Umstand hervor, wonach die konstitutiven Strukturen des sozialen Raums im „physischen Raum eingelagert sind, und nur um den Preis zwangsläufig aufwendiger Umsetzungsarbeiten verändert werden können: durch Ersetzung von physischen Gegenständen und die Entwurzelung oder Deportation von Menschen.“ Siehe Pierre Bourdieu, Physischer, sozialer und angeeigneter physischer Raum, S. 26, in: Stadt-Räume, hg. von Martin Wentz, Frankfurt a. M./New York 1991.

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  17. Victor Turner, Prozeß, System, Symbol: Eine neue anthropologische Synthese, in: Das Schwein des Häuptlings. Beiträge zur historischen Anthropologie, hg. von Rebekka Habermas u. Niels Minkmar, Berlin 1992, S. 139. Turner verweist in diesem Zusammenhang auch auf das Phänomen liminaler Monster, eine Zusammengesetztheit disparater Elemente der sozialen Realität, hybride Wesen also, auf die Figurinen, Masken, Ikonen, Malereien, Statuen, Bildnisse und Töpfereien, die in solchen Ritualen eine Rolle spielen und den Initianden als Medien zur geistigen Betrachtung dienen: „Liminale Monster setzen sich ebenso wie Drachen aus Einzelteilen zusammen, die jedes für sich ursprünglich ein Element in der gewöhnlichen, «gemeinverständlichen» Konstruktion sozialer Realität waren. In gewissem Sinn haben sie die erzieherische Aufgabe, die analytischen Fähigkeiten der Liminare anzuregen und ihnen die Bausteine zu enthüllen, aus denen ihre bislang für selbstverständlich hingenommene Welt errichtet worden ist. In anderer Hinsicht jedoch offenbaren sie die Freiheit und Unbestimmtheit, welche allen kulturell konstruierten Welten zugrunde liegt, sind sie Ausdruck des freien Spiels der kognitiven und imaginativen Fähigkeiten der Menschheit.“

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  18. Josef Fleckenstein, Zum Problem der Abschließung des Ritterstandes, in: Historische Forschungen für Walter Schlesinger, hg. von Helmut Beumann, Köln / Wien 1974, S. 252 – 271.

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  19. Vergleiche hierzu Josef Fleckenstein, Friedrich Barbarossa und das Rittertum, in: Das Rittertum im Mittelalter, hg. von Arno Borst, Darmstadt 1976, S. 392 – 418. Fleckenstein betrachtet den Mainzer Hoftag als Hinweis für die inzwischen trag- und konsensfähig gewordene Kultur des Ritterlichen auch innerhalb des deutschen Hochadels. Barbarossas Inszenierung eines ritterlichen Hofes, die alle Teilnehmer des Hoftages, auch die Reichsfürsten, in einer harmonischen und friedlichen Choreographie des ritterlichen Festes eingebunden hatte, ist vielfach mit dem Hinweis in die Annalen aufgenommen worden, daß die „persönliche Teilnahme des Kaisers an den Kampfspielen [schließlich zeigt], daß er sich selbst in die ritterliche Welt eingeordnet hat. Die ritterliche Welt hat damit durch den Kaiser an seinem Hof einen Sammelpunkt erhalten. Sie hatte zwar schon zuvor unter Einwirkung der Kirche begonnen, ein Eigenbewußtsein auszubilden, das über alle Standesschranken hinwegstrebte. Man sieht dies besonders daran, daß der Begriff ordo militaris für alle in Anwendung kam, die das Waffenhandwerk zu Pferde betrieben, gleich, ob sie hoher oder niederer Herkunft waren. Diese Tendenz wurde nun auch am Hofe selbst sichtbar, als der Kaiser sie zu seiner Sache machte. Wenn er z. B. nicht nur Herzöge, sondern auch Reichsministerialen wie Konrad von Hagen seine Freunde nannte oder wenn er Reichsministerialen wie Werner von Bolanden und Kuno von Münzenberg in seinen Urkunden das Attribut nobilis zuerkannte.“ S. 401

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  20. „Allerdings verdient einUmstand hervorgehoben zu werden, der bislang kaum Beachtung gefunden hat, die Tatsache nämlich, daß wir von der Orientierung der Fürsten am Ritterideal (zumindest während des 12. und frühen 13. Jahrhunderts) in der Regel nur etwas aus erzählenden, nicht jedoch aus urkundlichen Quellen erfahren. Historiographen sind es, die in ihren Werken, die Fürsten des Reiches als milites bezeichnen; sie sind es auch, die vom ritterlichen Verhalten des Hochadels berichten und diesen damit in die Sphäre des Rittertums rücken. In den Rechtsdokumenten hingegen bleiben die Fürsten von den (einfachen) Rittern geschieden. In den Diplomen findet sich diese Trennung sowohl unter Friedrich Barbarossa als auch unter Philipp von Schwaben, und in den ‚Privaturkunden‘ ist sie gleichfalls häufig belegt. Hinzu kommt noch, daß in den Präzepten Barbarossas überraschend wenige milites genannt werden, die angeführten aber sind alle nur einfache Ritter, kein Fürst findet sich unter ihnen; und kein Fürst dürfte sich in Urkunden, die er selbst ausgestellt hat, als miles bezeichnet haben.“ F.-R. Erkens, Militia und Ritterschaft. Reflexionen über die Entstehung des Rittertums, in: Historische Zeitschrift, Band 258, Heft 3, 1994, S. 652.

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  21. Joachim Bumke, Der adlige Ritter, in: Das Rittertum im Mittelalter, hg. von Arno Borst, Darmstadt 1976, S. 272.

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  22. Vergleiche hierzu auch Heinz Wolter, Der Mainzer Hoftag von 1184 als politisches Fest, in: Feste und Feiern im Mittelalter, hg. von Detlef Altenburg, Jörg Jarnut u. Hans-Hugo Steinhoff, Sigmaringen 1991, S. 193 – 199.

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  23. Maurice Keen, Das Rittertum, Zürich 1987, S. 33 ff.

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  24. Es ist hierbei an den Begriff der «ständischen Dreiteilung» als mittelalterliches Deutungsschema zu denken, der einen Wissensdiskurs über gesellschaftliche Hierarchie kennzeichnet und der selbst schon als eine Form «symbolischen Kapitals» (Bourdieu) zu bezeichnen wäre. Vergleiche hierzu Otto Gerhard Oexle, Deutungsschemata der sozialen Wirklichkeit im frühen und hohen Mittelalter, in: Mentalitäten im Mittelalter, hg. von Frantisek Graus, Sigmaringen 1987, S. 65 – 117.

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  25. Joseph Morsel, Die Erfindung des Adels, in: Nobilitas. Funktion und Repräsentation des Adels in Alteuropa, hg. von Otto Gerhard Oexle und Werner Paravicini, Göttingen 1997, S. 349.

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  26. Otto Gerhard Oexle, Gruppen in der Gesellschaft. Das wissenschaftliche Œuvre von Karl Schmid, in: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 28, 1994, S. 413.

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  27. „Wir können also an mehreren Details beobachten, daß in den Adelsfamilien des frühen und hohen Mittelalters Versuche unternommen wurden, die besitzzersplitternde Tendenz des Erbrechts zu umgehen. Letztlich lief die Entwicklung wie beim Königtum mit der Individualsuk-zession auch in den Adelsfamilien auf die Herrschaftsübernahme durch einen Sohn hinaus. Diese Bewertung soll aber nicht verdecken, daß sie durchaus nicht einheitlich und vor allem nicht ohne Konflikte vonstatten ging.“ In:Gerd Althoff, Verwandte, Freunde und Getreue; zum politischen Stellenwert der Gruppenbindungen im frühen Mittelalter, Darmstadt 1990, S. 59. Die wissenschaftliche Konsequenz dieses ungleichzeitigen und uneinheitlichen Prozesses besteht darin, daß es keine neuere übergreifende Darstellung zu diesem Themenkomplex gibt. Ausführlichere Studien liegen in der Regel für spätere Zeiträume und für regional eingegegrenzte Gebiete vor. Zu verweisen wäre etwa hier auf Roger Sablonier, Adel im Wandel. Eine Untersuchung zur sozialen Situation des ostschweizerischen Adels um 1300, Göttingen 1979;

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  28. Karl-Heinz Spieß, Familie und Verwandtschaft im deutschen Hochadel des Spätmittelalters, 13. bis Anfang des 16. Jahrhunderts, Stuttgart 1993

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  29. und Karl Kroeschell, Söhne und Töchter im germanischen Erbrecht, in: Studien zu den germanischen Volksrechten. Gedächtnisschrift für Wilhelm Ebel (Rechtshistorische Reihe 1), Frankfurt a. M./Bern 1982, S. 87 – 116.

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  30. Helmut Maurer, Die Herren von Krenkingen und das Land zwischen Schwarzwald und Randen. Studien zur Geschichte eines landschaftsgebundenen Adelshauses im 12. und 13. Jahrhundert, Dissertation Freiburg 1963, S. 408. Helmut Maurer betont, daß der Gedanke, „das Trennende zwischen beiden Linien zu betonen“ wohl ausschlaggebend für die Wappengestaltung gewesen war. Jedoch, ließe sich dem hinzufügen, hebt die sich im Teilungsmodus ausdrückende Gleichheit zugleich den konkurrierenden Aspekt hervor. Vergleiche auch H. Maurer, Die Freiherren von Krenkingen und Krenkingen-Weissenburg, in: Genealogisches Handbuch zur Schweizer Geschichte Band IV, Schweizerische Heraldische Gesellschaft 1980, S. 125 – 175.

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Gut, W. (2000). Abenteuerliche Mobilität. In: »Schwarz auf weiß«. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02747-4_2

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