Zusammenfassung
Das grammatikalische Geschlecht des Wortes ›Tod‹ ist für das Symbol- und Bildrepertoire verantwortlich, das sich eine Kultur vom Tod macht2. So wird der Tod im germanischen Sprachraum vorwiegend als »reitender Tod«, als »Knochenmann« oder »Schnitter«, in der Romantik dann stärker auch als »Freund Hein« dargestellt. Für die Musik bedeutet dies, daß der (männliche) Tod in dieser für ihn typischen Bewegungsform, reitend oder marschierend, hörbar gemacht wird3. In den slawischen (wie in den romanischen) Sprachen ist der Tod feminin. Daher stehen hier andere, zumeist weibliche Bilder für den Tod — die »Tödin«: »Bei den Slaven reitet ›die‹ Tod nie, sie schleicht als ein in weißes Tuch gekleidetes Weib und erscheint dem Menschen einsam und still in seiner Todesstunde. […] So tritt ›die‹ Tod (russisch: смерть, polnisch: śmierć, tschechisch: smrt…) in Märchen auf (›die Gevatterin Tod‹); es ist die Sensenfrau, die als das Todessymbol gilt. Ihre Bewegung ist kein Ritt, sondern ein Schritt — schleichend oder hastig, je nach dem Kontext.«4 Besonders deutlich wird der Unterschied zwischen männlicher und weiblicher Todespersonifikation, wenn dem Bild vom Tod eine erotische Komponente innewohnt, das Bild des »verführenden Todes«: Der sich im Kampf mit der »Tödin« verheiratende Soldat ist beispielsweise ein beliebtes Balladenmotiv des slawischen Kulturraums, während »der Tod und das Mädchen« eine Motivkonstante des westeuropäischen, vorwiegend nicht-romanischen Kulturkreises ist5.
»Die Alte blickt mich offen an, und ein spöttisches Lächeln verzieht ihren zahnlosen Mund. Mir entrinnst du nicht!«
Iwan Turgenjew, Die Alte (1878)1
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Unseld, M. (2001). Emilia Marty. Zwischen Agonie und Unsterblichkeit. In: »Man töte dieses Weib!«. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02737-5_17
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Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
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Online ISBN: 978-3-476-02737-5
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