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Geld, Pfand und Rache

Versuch über ein Motiv bei Kleists ›Kohlhaas‹

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Kleist-Jahrbuch 2000

Part of the book series: Kleist-Jahrbuch ((KLJA))

Zusammenfassung

Man kann sich ein Beispiel nehmen. Jochen Hörisch hat in seiner jüngst vollendeten literaturwissenschaftlichen Trilogie eine Idee vorgestellt, die anregend ist. Es gibt, so seine grundlegende Annahme, epochenspezifische Leitmedien, die den Literaten als Fluchtpunkt ihrer Arbeit dienen. Diese »Leit-Medien, die dem ›christlich-abendländischen‹ Projekt Europa bislang eine bei aller Dramatik bemerkenswert elastische Haltbarkeit gegeben haben«, sind »das Abendmahl, das Geld und die audio-visuellen Medien«.1 Den Leitmedien kam und kommt die Funktion zu, die »sog. christlich-abendländische Kultur mit einem intersubjektiv verbindlichen Geltungsrahmen und einer Tiefenstruktur« zu versehen.2 So bildet das Abendmahl »den Rahmen jener verbindlichen Semantik, auf die man sich immer schon berufen haben muß, wenn man sinnvoll kommunizieren will«.3 Spätestens seit dem 16. Jahrhundert nimmt das Geld die Stelle Gottes ein, wobei sich Hörisch der augenfälligen Analogie zwischen Hostie und Münze (dazu kommt später noch die CD-ROM), nämlich daß es sich hier um Scheiben handelt, nicht entziehen will. Jedenfalls thematisiert die Literatur seit dem 16. Jahrhundert verstärkt Probleme des Geldes, wobei die Übergänge von der Sphäre der Religion in die des Geldes leicht vonstatten gehen, verwenden doch beide ein Vokabular, das sich so und so wenden läßt. Weit weniger ambitiös soll hier vorgegangen werden. Man könnte geradezu eine Umkehrung erproben, die nicht von einem Leitmedium spricht, sondern von unscheinbaren Kristallisationspunkten der Handlung, die wichtige Abzweigungen der Erzählung markieren.

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Notizen

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Günter Blamberger

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Pircher, W. (2000). Geld, Pfand und Rache. In: Blamberger, G. (eds) Kleist-Jahrbuch 2000. Kleist-Jahrbuch. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02719-1_6

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-02719-1_6

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-01792-5

  • Online ISBN: 978-3-476-02719-1

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