Kinder- und Jugendliteraturforschung in Frankreich: Reine oder angewandte Wissenschaft?

Zusammenfassung

„Children’s Literature, pure and applied“, dies war das Thema eines internationalen Kolloquiums an der Universität von Turku (Finnland), an dem im Januar 1999 Vertreter aus acht Ländern teilnahmen. Wie sich zeigte, ist im Bereich der Geisteswissenschaften eine klare Grenzziehung zwischen diesen Orientierungen schwierig. Wie Jean Webb (University College Worcester, GB) feststellte, finden im Rahmen der Kinder- und Jugendliteraturforschung so unterschiedliche Disziplinen wie Pädagogik, Bibliothekswissenschaften, Literaturtheorie, Geschichtswissenschaft, Sozialwissenschaften, Komparatistik usw. Anwendung. Wenn wir uns beispielsweise mit der Rezeption von Texten durch die jungen Leser befassen, können wir dann von „reiner“ oder anwendungsbezogener Forschung sprechen? Beides ist zutreffend und es ist im übrigen nicht zu bestreiten, daß jegliche Forschungstätigkeit auf einen Beitrag zur gesellschaftlichen Arbeit oder auf Nachwirkungen im täglichen Leben zielen kann. Um es ganz klar zu sagen: es ist nicht einmal möglich strikt zu trennen zwischen einer auf die Ausarbeitung neuer Konzepte ausgerichteten wissenschaftlichen Arbeit und einer solchen, die sich damit begnügt, diese Konzepte anzuwenden, denn die Interdisziplinarität erfordert einen unaufhörlichen Austausch auf der Basis der Gegenseitigkeit. Es soll im Rahmen dieser Ausführungen nicht das Wagnis unternommen werden, sämtliche Verzweigungen der kinder- und jugendliterarischen Forschung in Frankreich zu thematisieren; auch in diesem Fall beschränkt sich der Verfasser darauf, einerseits die Arbeit der unmittelbar akademischen Forschung und andererseits diejenige, die sich an anderen Regeln und Anforderungen orientiert, vorzustellen.