Zusammenfassung
In gut zwei Jahrhunderten hat das theologische Gespräch mit Goethe einen weiten Entwicklungsbogen beschrieben: weder die polemische konfessionelle Kritik am weltanschaulichen Konkurrenten Goethe noch die affirmative protestantische Kultursynthese prägen die Rezeption der neueren Zeit entscheidend. Vielmehr zeichnet sich die Tendenz ab, Goethes Leben mit seinem poetischen und naturwissenschaftlichen Werk als eigenständigen Beitrag zum theologischen Gespräch zu werten. Goethe kann weder für die protestantische noch für die katholische Theologie beansprucht werden, so deutlich manche Berührung auch sein mag. Ich möchte die These vertreten: er ist ein Theologe sui generis nicht nur, wenn er poetisch und begrifflich von der „Gott-Natur“ spricht, sondern als religiöser Mensch schlechthin. Es ist nicht die Sache der Theologen, ihn auf etwaige Rechtgläubigkeit zu befragen, sondern vielmehr ihre Aufgabe, in das Gespräch mit ihm einzutreten. Sie lernen in ihm einen Gesprächspartner jenseits konfessorischer oder konfessioneller Eindeutigkeit kennen; das macht ihn schwierig und anziehend zugleich.
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Notizen
Gottfried Maron: Goethe im Wandel des katholischen Urteils. Über das Lexikon hinausgedacht In: Humanitas — Christianitas. Walther von Loewenich zum 65. Geburtstag, hrsg. von Karlmann Beyschlag u. a. Witten 1968, S. 222–234; hier S. 233.
Karlmann Beyschlag: Goethe im Urteil des neueren evangelischen Theologie. In: Humanitas — Christianitas (Anm. 1), 1968, S. 205–221; hier S. 221.
Helmut Thielicke: Goethe und das Christentum. München 1982, S. 32.
Ilse Graham: Goethe. Schauen und Glauben. Berlin 1988
Werner Keller: Altersmystik? Der späte Goethe und das Christentum seiner Zeit. In: Wahrheit und Wort. Fs. für Rolf Tarot zum 65. Geburtstag. Hrsg. von Gabriele Scherer und Beatrice Wehrli. Bern 1996, S. 237–256; hier S. 256.
Reinhold Schneider: Das ungelöste Problem. Goethes Glaube. In: Ders.: Über Dichter und Dichtung. Köln und Olten 1953, S. 227–246; hier S. 234 f.
Thomas Mann: Phantasie über Goethe (1938). In: Ders.: Reden und Aufsätze, Band 1. Frankfurt/M. 1960, S. 713 – 754; hier S. 733. Vgl. ähnlich Lotte in Weimar (1943). Frankfurt/M. 1960, S. 629 u. 636.
Albrecht Schöne, Goethes Farbentheologie. München 1987.
Carl Friedrich von Weizsäcker: Goethes Farbentheologie — heute gesehen. Göttingen 1991, S. 8 f. u. S. 10 (Nachrichten der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. 1. Philologisch-historische Klasse, 1991).
Vgl. Rupprecht Matthaei: Die Farbenlehre im Faust In: Goethe 10 (1947), S. 59–148; hier S. 59 f. Mephistos Selbstcharakteristik als eines Teils der Finsternis beinhaltet die Grundbegriffe der Farbenlehre.
Dies trifft den „ganz wesentlichen Punkt, daß nämlich nach Goethes Überzeugung dem Menschen in der Natur die göttliche Ordnung sichtbar gegenübertritt. Nicht das Naturerlebnis des einzelnen Menschen, so sehr es ihn als jungen Menschen erfüllt hatte, war dem älteren Goethe wichtig, sondern die göttliche Ordnung, die in diesem Erlebnis erkennbar wird. Es ist für Goethe nicht nur dichterische Metapher, wenn etwa in dem Gedicht ‚Vermächtnis altpersischen Glaubens‘ der Gläubige durch den Anblick der über dem Gebirge aufgehenden Sonne dazu bewegt wird, ‚Gott auf seinem Throne zu erkennen, ihn den Herrn des Lebensquells zu nennen, jenes hohen Anblicks wert zu handeln und in seinem Lichte fortzuwandeln‘“ (Werner Heisenberg: Das Naturbild Goethes und die technisch-naturwissenschaftliche Welt. In: Goethe 29 [1967], S. 27–42; hier S. 35).
Karl Jaspers: Unsere Zukunft und Goethe. In: Die Wandlung 2 (1947), S. 559–578; hier S. 567.
Heinrich Henel: Goethe und die Naturwissenschaft. In: The Journal of English and Germanic Philology 48 (1949), S. 507–532; hier S. 532.
Heinz Schlaffer: Goethes Versuch, die Neuzeit zu hintergehen. In: Bausteine zu einem neuen Goethe, hrsg. von Paolo Chiarini. Frankfurt/M. 1987, S. 9–21; hier S. 20.
Vgl. Alfred Schmidt: Artikel Natur. In: Goethe-Handbuch, Bd. 4. 2., hrsg. von Hans-Dietrich Dahnke und Regine Otto. Stuttgart und Weimar 1998, S. 755–776.
Adolf Muschg: Goethe als Emigrant. Auf der Suche nach dem Grünen bei einem alten Dichter. Frankfurt/M. 1986, S. 58. — Goethes Begriff wäre von Leibniz (Monadologie, Abschnitt 14) und von Kants „transzendentaler Apperzeption“ her genauer zu bestimmen.
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Hofmann, P. (2000). Goethes Theologie der Natur. In: Keller, W. (eds) Goethe-Jahrbuch. Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger Weimar, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02710-8_29
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Publisher Name: Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger Weimar, Stuttgart
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Online ISBN: 978-3-476-02710-8
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