Zusammenfassung
In den autobiographischen Stanzen seiner Neufassung des Orlando innamorato präsentiert sich Francesco Berni als ein Hofmann, den die Arbeit erdrückt und der sich um Gratifikationen und Pensionen bemüht, die ihm viele Sorgen und wenig spürbare Ergebnisse einbrachten.1 Er zeichnet darin das Bild eines freien und hochmütigen Geistes, der dem Dasein als Fürstenknecht abgeneigt und auch als Reaktion auf die Mühsal eines solchen Lebens ‘träge’ geworden ist. „Voleva far da sé, non comandato; / Com’un gli comandava era spacciato.“ (XLIV, 7–8). Dennoch will er sich als einen fröhlichen und liebenswerten Mann darstellen:
Con tutto ciò viveva allegramente, / Né mai troppo pensoso o triste stava. / […] Ch’era faceto e capitoli a mente / D’orinali e d’anguille recitava / E certe altre sue magre poésie / Ch’eran tenute strane bizzarrie. (XLI, 1–8)
Berni hat ein eigenes Genre der Poesie geschaffen, die berneske Dichtung, das partiell die Fortführung einer Poesie über niedere oder frivole Themen, über Figuren und Momente des alltäglichen Lebens zu sein scheint (und ist), die in ihrer scherzhaften oder realistischen Physiognomie verfeinert sind. Diese Poesie hat ihren Ursprung im 13. Jahrhundert und entwickelte sich dann im 15. und 16. Jahrhundert weiter durch die Werke von Burchiello und von Pistoia, die „karnevaleske“ Lyrik von Lorenzo de’ Medici, die parodistischen und komischen Neuerungen von Pulci, die poesia rusticana sowie die komische, satirische und parodistische Dichtung des 16. Jahrhunderts — eine Dichtung voll antiklassizistischer und antiakademischer Polemik, die in einigen Fällen von den bewußten Abweichungen, der Originalität und den Launen der Autoren herrührt, die jedoch in anderen Fällen hochliterarisch und ‘manieriert’ ist, allerdings von einer anderen Manieriertheit als jene aulische, aristokratische und petrarkistische Tradition.
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Literatur
Vgl. F. Berni: Le Stanze autobiografiche dall’Orlando innamorato; in: Ders.: Poesie e prose. Hg. v. E. Chiòrboli. Genf, Florenz 1934. Die folgenden Zitate sind dieser Ausgabe entnommen und werden unter Angabe der Stanze und der Verse zitiert.
Vgl. D. Romei: „Introduzione“; in F. Berni: Rime. Mailand 1985, S. 9.
G. Giampieri: Francesco Berni. Fucecchio 1997, S. 107.
Vgl. ebd.
Ironische Lobgedichte in Terzinen.
Romei: „Introduzione“, S. 16.
Berni 1985, S. 202f.
F. Berni: Dialogo contro i poeti, in: Ders. Poesie e prosa. Hg. v. E. Chiòrboli, Genf, Florenz 1934, S. 268.
Ebd., S. 269.
G. B. Sanga schrieb in Latein, war ein Humanist und Kollege von Berni im Dienst des Bischofs Giberti.
Berni 1934, S. 273.
Ebd., S. 275.
Vgl. ebd., S. 289.
Zu den erotischen Metaphern vgl. J. Toscan: Le carnaval du langage. Le lexique érotique des poètes de l’équivoque de Burchiello à Marino (XVe–XVIIe siècles) (4 Bde.). Lille 1981.
F. De Sanctis: Storia della letteratura italiana (2 Bde.). Hg. v. N. Gallo. Turin 1958, Bd. 1, S. 468.
Berni 1934, S. 299.
Ebd., S. 73. 1523 war Berni nach einem Streit in Folge einer homosexuellen Beziehung in die Abruzzen geschickt worden, um die Interessen seines ‘patrone’ wahrzunehmen.
G. Macchia: Il cortigiano francese. Florenz 1943, S. 20.
Berni 1985, S. 183f. Meine Hervorhebung; es handelt sich hier um wörtliche Petrarca-Zitate.
Berni 1934, S. 79. — Übers, von K. Harkenthal.
P. Bembo: Prose della volgar lingua. Gli Asolani Rime. Hg. v. C. Dionisotti. Turin 1989, S. 5 10f. — Übers, von K. Harkenthal.
Giampieri 1997, S. 110.
N. Borsellino: Ludovico Ariosto. Bari, Rom 1979, „LL“ 18, S. 138–139.
Berni 1985, S. 190f.
G. Pozzi: Analisi testuali per l’insegnamento. Padua 1976, S. 40.
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Guagnini, E. (2000). Amore dispettoso: Über Francesco Bernis Konzeption von Dichtung am Beispiel einiger seiner Texte. In: Fischer, C., Veit, C. (eds) Abkehr von Schönheit und Ideal in der Liebeslyrik. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02695-8_7
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