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»…möglich, daß die Sendung dieses Stammes noch nicht ganz erfüllt«. Satire, jüdische Textkultur und das moderne Europa bei Heinrich Heine

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Heine-Jahrbuch 2015
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Zusammenfassung

Wenn Heinrich Heine am Ende kurz vor seinem Tod schreibt, dass die »Emanzipation des Volkes« die große Aufgabe seines Lebens war (B VI/1, 468), dann will es scheinen, als habe es in seinem Werk keinen Bruch gegeben. Immerhin hat er schon in den »Reisebildern« unmissverständlich auf seine aufklärerische Absicht hingewiesen. Er hat dort nicht nur ausgeschrieben, dass es an der Zeit sei, das Volk zu emanzipieren (B II, 376), sondern auch erklärt, wie er zur Bewältigung dieser Aufgabe beitragen wolle. Besonders erhellend sind in diesem Zusammenhang der Traum von Themis, der am Anfang der »Harzreise« steht, und die Anrufung von Satyra, die die »Stadt Lucca« beschließt. Es ist wohl keine Täuschung, wenn wir in diesen beiden, die »Reisebilder« gleichsam rahmenden Passagen eine Allegorie des Aufklärungsgeschäfts erkennen, mit der Heine seinen späteren Schriften die Richtung weist, und es ist sehr lohnend, sich diese Allegorie genau anzusehen, denn sie entwirft ein dreifaches Bild: das Bild der Empörung von Themis über die Strafe und das Leid des gefesselten Prometheus, das Bild der ruhigen, tröstenden Gottheiten Apoll und Venus und das Bild der richtenden Satyra.

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Anmerkungen

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Kruschwitz, H. (2015). »…möglich, daß die Sendung dieses Stammes noch nicht ganz erfüllt«. Satire, jüdische Textkultur und das moderne Europa bei Heinrich Heine. In: Brenner-Wilczek, S. (eds) Heine-Jahrbuch 2015. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-01400-9_5

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