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Kleist, der Krieg und die Welt

Rede zur Verleihung des Kleist-Preises 2013

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Zusammenfassung

»Jahrgang 21 und lebend…«, mit diesen Worten begann eine Rede, eigentlich eine Selbstauskunft, des Autors Max Walter Schulz, der während meines Studiums am Leipziger Literaturinstitut der DDR dessen Direktor war und der dann, 1991, doch eines sogenannten natürlichen Todes starb. Damals begriff ich nicht gleich, was Schulz meinte, schon gar nicht, warum, als er von sich sprach, in seiner Stimme ungläubiges Staunen, verhaltene Trauer und leiser Stolz mitschwangen; vielleicht nicht in dieser Reihenfolge, aber sicher in dieser Kombination. Also machte ich mich schlau und las in einem Buch, dass sehr viele deutsche Männer gerade des Jahrgangs 1921 während des 2. Weltkriegs den »Tod gefunden« hätten. Den Tod gefunden? — grübelte ich. Haben sie ihn denn gesucht? Und war es etwa Schulz’ Verdienst, dass er in der einen oder anderen Schlachtsituation drei Schritte entfernt stand von seinem Kameraden, den die Granatsplitter trafen, oder war es einfach Glück? Wenn ja, warum hatte Schulz mehr Glück als jener Kamerad? War es Zufall, dass er verschont blieb? Oder Schicksal? Oder schwebte vielleicht doch Gottes Hand schützend über Max Walter Schulz’ behelmtem Haupte? Und wenn wieder ja, warum tat sie das? Weil ausgerechnet Schulz ein besserer Mensch war als andere Soldaten und weniger Feinde oder absichtlich niemanden getötet hat? Oder wollte Gott ihn — aus eben diesem Grunde — noch nicht zu sich holen, sondern weiterhin eher leiden denn weiden lassen im »irdischen Jammertal«? Die Tatsache, dass es auf derlei Fragen eine oder keine Antwort gibt, macht sie zu existenziellen und, solange unser Geschlecht, ich meine das der Menschen, auf Erden haust, zu ewigen; und sie, diese Tatsache, ändert auch nichts daran, dass selbst ein erklärter Atheist wie Schulz sich der Deutung, sein Über-Leben sei kein (mehr oder minder dummer) Zufall, sondern ein Glücksfall, vielleicht gar ein Segen gewesen, kaum entziehen konnte.

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Günter Blamberger Ingo Breuer Wolfgang de Bruyn Klaus Müller-Salget

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© 2014 Springer-Verlag GmbH Deutschland

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Lange-Müller, K. (2014). Kleist, der Krieg und die Welt. In: Blamberger, G., Breuer, I., de Bruyn, W., Müller-Salget, K. (eds) Kleist-Jahrbuch 2014. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-01374-3_3

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  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-02542-5

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  • eBook Packages: J.B. Metzler Humanities (German Language)

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