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Narratologie und Interpretation

Ein Beitrag zum besseren Verständnis von Kleists Erzählungen

  • Chapter
Kleist-Jahrbuch 2014
  • 317 Accesses

Zusammenfassung

Für manche Zwecke ist es hilfreich, die Auslegung der Werke eines Autors von der Rekonstruktion seiner Lebensumstände zu trennen. Eine solche Abgrenzung von Leben und Werk ist jedoch nur bis zu einem gewissen Punkt sinnvoll. Sie wird wahrscheinlich zu weit getrieben, wenn wir uns vornehmen, den Autor vorübergehend beiseite zu lassen, um das Werk zuerst aus seinen Strukturen heraus zu verstehen. Denn es ist unklar, wie wir die Strukturen eines Werks analysieren wollen, ohne den Autor zu berücksichtigen, der sie mit sprachlichen Mitteln aufbaut. Einige einflussreiche Erzählforscher lassen sich indes von der Vorstellung leiten, man könne die Eigenschaften einer fiktionalen Erzählung beschreiben, ohne den Autor einzubeziehen. Sie finden es angemessen, den Autor auszuklammern und ihn grundsätzlich vom werkimmanenten Erzähler zu trennen. Diese Denkweise bestimmt seit längerer Zeit die literaturwissenschaftliche Auslegungspraxis. Auch das Verständnis von Kleists Erzählungen hat sich dadurch erheblich verändert: Viele Interpretationen wären ohne die Voreinstellung, dass die Erzählungen einen fiktiven Erzähler haben, nicht entstanden. Im Folgenden wird die These entwickelt, dass die ungeprüfte Annahme einer gesonderten Erzählstimme zu Missverständnissen führen kann. Die betreffenden Interpretationen und das Bild, das sie von Kleist entwerfen, müssen neu durchdacht werden.

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Anmerkungen

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Günter Blamberger Ingo Breuer Wolfgang de Bruyn Klaus Müller-Salget

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Pieper, V. (2014). Narratologie und Interpretation. In: Blamberger, G., Breuer, I., de Bruyn, W., Müller-Salget, K. (eds) Kleist-Jahrbuch 2014. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-01374-3_14

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-01374-3_14

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

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