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Kleists Briefe — Versatzstücke der Autorschaft

Eine Einleitung

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Book cover Kleist-Jahrbuch 2013
  • 614 Accesses

Zusammenfassung

Viele Veranstaltungen anlässlich des Kleist-Jahres 2011 standen im Zeichen des Todes Heinrich von Kleists und schauten rückblickend auf Autor und Werk.1 Auch die letzte Tagung der Heinrich-von-Kleist-Gesellschaft zur ›Ökonomie des Opfers‹ fragte dezidiert nach dem Selbstmord und der Inszenierung des Todes des Autors Kleist.2 Doch rückt nach den Feierlichkeiten rund um das Ende Kleists auch die Frage nach seinen Anfängen als Schriftsteller in neues Licht. Diesen Anfängen lässt sich insbesondere anhand seiner Briefe nachspüren. Zwar ist nicht zuletzt Kleists Selbstmord brieflich inszeniert; die Herausgeber des Bandes Gesprächs spiele & Ideenmagazine. Heinrich von Kleist und die Briefkultur seiner Zeit‹ sprechen gar »von den wahrscheinlich berühmtesten Abschiedsbriefe[n] der deutschen Literatur«.3 Doch verdeutlicht dieses Ende vor allem die Konsequenz und die Not eines Schriftstellerlebens, das als Ringen um die eigene Autorschaft und das eigene literarische Werk verstanden werden kann. Dieses unter Mühen und erheblichen finanziellen Sorgen entstehende Werk wird durch die Briefe begleitet und kommentiert, setzt sich aber auch von diesen ab und findet seinen (vorläufigen) Abschluss in den ›Berliner Abendblättern samt den in ihnen enthaltenen fingierten Briefen.

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Anmerkungen

  1. Vgl. dazu die Beiträge von Walter Hinderer, Gerhard Neumann, Daniel Weidner, Martin Roussel, Ernst Ribbat und László F. Földényi im KJb 2012.

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  2. Ingo Breuer, Katarzyna Jastal und Pawel Zarychta, Einleitung. Heinrich von Kleist und die Briefkultur um 1800. In: Dies. (Hg.), Gesprächsspiele & Ideenmagazine. Heinrich von Kleist und die Briefkultur um 1800, Köln, Weimar und Wien 2013, S. 11–26, hier S. 17.

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  3. Vgl. Klaus Müller-Salget, Briefe [Art.]. In: Ingo Breuer (Hg.), Kleist-Handbuch. Leben — Werk — Wirkung, Stuttgart und Weimar 2009, S. 180–183. Die Brandenburger Ausgabe zählt dagegen 235 erhaltene Briefe aufgrund anderer editorischer Entscheidungen.

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  4. Vgl. dazu Peter Staengle, »Wenn nur die Briefe nicht gehindert werden!« Zu Überlieferung und Edition der Briefe Heinrich von Kleists. In: Études Germaniques 67 (2012), S. 163–174, hier S. 166.

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  5. Vgl. Müller-Salget, Briefe (wie Anm. 4), S. 180; vgl. auch Justus Fetscher, Schrift verkehrt. Über Kleists Briefwerk. In: Beiträge zur Kleist-Forschung 20 (2008), S. 105–128, hier S. 107f.

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  6. Vgl. Jeffrey Champlin, Bombenpost 2011. Zur Rezeption von Kleists Briefen. In: KJb 2010, S. 170–177, hier S. 171.

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  7. So deutet Sandro Zanetti Kleists Weg zur Autorschaft als Selbstadressierung. Vgl. Sandro Zanetti, Doppelter Adressatenwechsel. Heinrich von Kleists Schreiben in den Jahren 1800 bis 1803. In: Martin Stingelin (Hg.), »Mir ekelt vor diesem tintenklecksenden Sä-culum«. Schreibszenen im Zeitalter der Manuskripte, München 2004, S. 205–226, hier S. 216.

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  8. Vgl. Günter Blamberger, Heinrich von Kleist. Biographie, Frankfurt a.M. 2011, S. 18–50.

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  9. Vgl. Silke Weineck, Zuckende Verzeichnung. Alkmene und die Briefe. In: Beiträge zur Kleist-Forschung 20 (2008), S. 87–103, bes. S. 93;

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  10. Peter Ensberg, Ethos und Pathos . Zur Frage der Selbstdarstellung in den Briefen Heinrich von Kleists an Wilhelmine von Zenge. In: Beiträge zur Kleist-Forschung 12 (1998), S. 22–58.

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  11. Vgl. Jochen Strobel, Vom Verkehr mit Dichtern und Gespenstern. Figuren der Autorschaft in der Briefkultur. In: Ders. (Hg.), Vom Verkehr mit Dichtern und Gespenstern. Figuren der Autorschaft in der Briefkultur, Heidelberg 2006, S. 7–16;

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  12. Robert Vellusig, Aufklärung und Briefkultur. Wie das Herz sprechen lernt, wenn es zu schreiben beginnt. In: Das Achtzehnte Jahrhundert 35 (2011), H. 2, S. 154–171.

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  13. Zu den editorischen Problemen vgl. Staengle, »Wenn nur die Briefe nicht gehindert werden!« (wie Anm. 4) und Klaus Müller-Salget, Heinrich von Kleists Briefwerk. Probleme der Edition eines mehrfach fragmentierten Torsos. In: Werner M. Bauer, Johannes John und Wolfgang Wiesmüller (Hg), »Ich an Dich«. Edition, Rezeption und Kommentierung von Briefen, Innsbruck 2001, S. 115–131.

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  14. Zu ›Familie Schroffenstein‹ vgl. Ulrich Fülleborn, Die Geburt der Tragödie aus dem Scheitern aller Berechnungen. Die frühen Briefe Heinrich von Kleists und ›Die Familie Schroffenstein‹. In: KJb 1999, S. 225–247; zu ›Amphitryon‹ vgl. Fetscher, Schrift verkehrt (wie Anm. 5), S. 117f.

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  15. Vgl. Karl Heinz Bohrer, Kleists Selbstmord. In: Der Merkur. Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken, 32 (1978), H. 11, S. 1089–1103;

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  16. Karl Heinz Bohrer, Der romantische Brief Die Entstehung ästhetischer Subjektivität, Frankfurt a.M. 1987. Zur Kritik an Bohrer vgl. u.a. Peter Ensberg, Ethos und Pathos (wie Anm. 12), S. 25f

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  17. Zur Materialität brieflicher Kommunikation vgl. den Ausstellungskatalog von Anne Bohnenkamp und Waltraud Wiethölter (Hg), Der Brief — Ereignis & Objekt, Frankfurt a.M. und Basel 2008;

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  18. Diesen ist mehrfach Aufmerksamkeit zugekommen; anhand der Pariser Briefe arbeitet z.B. Gerhart Pickerodt heraus, wie v.a. abwesende Orte (Dresden vs. Paris) im »ästhetisie-renden Blick absichtsvoll illusioniert« werden; Gerhart Pickerodt, Zwischen Erfahrung und Konstruktion. Kleists Bildentwürfe in den Pariser Briefen des Jahres 1801. In: Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft 38 (1994), S. 89–115,

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  19. hier S. 97. Vgl. auch Hilda M. Brown, Heinrich von Kleist. The Ambiguity of Art and the Necessity of Form, Oxford 1998 (bes. Kap. 1 ›The Letters‹, S. 7–59).

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  20. Die sogenannte Kant-Krise wird von der Forschung als frühes epistemologisches Problem begriffen, das von Kleists Briefen auf die Erzählungen und Dramen ausstrahlt. Vgl. Bettina Schulte, Unmittelbarkeit und Vermittlung im Werk Heinrich von Kleists, Göttingen 1988;

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  21. Dieter Heimböckel, Emphatische Unaussprechlichkeit. Sprachkritik im Werk Heinrich von Kleists, Göttingen 2003.

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  22. Hans-Jürgen Schrader, »Denke Du wärest in das Schiff meines Glückes gestiegen«. Widerrufene Rollenentwürfe in Kleists Briefen an die Braut. In: KJb 1983, S. 122–179 hier S. 129;

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  23. vgl. auch Hans-Jürgen Schrader, Unsägliche Liebesbriefe. Heinrich von Kleists Briefe an Wilhelmine von Zenge. In: KJb 1981/82, S. 86–96.

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  24. Vgl. Inka Kording, Mediologische Individualität in den Briefen Heinrich von Kleists. In: Beiträge zur Kleist-Forschung 20 (2006), S. 45–63, bes. S. 49, 53, 61.

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  25. An den Begriff des Vordichterischen knüpft sich zwangsläufig die Frage nach dem Zeitpunkt, an dem bei Kleist ein explizit literarisches Schreiben bzw. ein Selbstverständnis als Dichter einsetzt — Fragen, die wiederum zu theoretischen Überlegungen zur Autorschaft führen. Zu Kleists dichterischer Entwicklung vgl. Hans Joachim Kreutzer, Die dichterische Entwicklung Heinrichs von Kleist. Untersuchungen zu seinen Briefen und zu Chronologie und Aufbau seiner Werke, Berlin 1968. Kreutzer markiert in Kleists Dichtungsverständnis eine Wende zwischen 1800 und 1801; laut Fronz folgt demgegenüber daraus nicht im Umkehrschluss, dass das frühere Schreiben nicht schon literarisch sei und plötzlich erwachte literarische Ambitionen gewissermaßen ad hoc zu einem Erstlingswerk wie ›Die Familie Schroffenstein‹ geführt haben; vgl. Hans-Dieter Fronz, Verfehlte und erfüllte Natur. Variationen über ein Thema im Werk Heinrich von Kleists, Würzburg 2000, S. 33.

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  26. Vgl. Günter Blamberger, Ökonomie des Opfers. Kleists Todes-Briefe. In: Detlev Schöttker (Hg.), Adressat: Nachwelt. Briefkultur und Ruhmbildung, München 2008, S. 145–160, hier S. 159.

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  27. Vgl. Gerhart Pickerodt, Zwischen Erfahrung und Konstruktion (wie Anm. 23), S. 98– 100; Bernhard Siegert, Relais. Geschicke der Literatur als Epoche der Post 1751–1913, Berlin 1993, S. 96–99.

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  28. Als grundlegend kann in diesem Zusammenhang der Aufsatz von Anthony Stephens, »Eine Träne auf den Brief«. Zum Status der Ausdrucksformen in Kleists Erzählungen [1984]. In: Ders., Kleist. Sprache und Gewalt, Freiburg i.Br. 1999, S. 157–194 gelten. Anhand verschiedener Texte Kleists thematisiert er die durch Briefe verdeutlichten Ausdrucksformen von Rede und Schrift. Einen Versuch, die Literarizität der Briefe auf die brieflichen Schriftstücke in den Erzählungen und Dramen zu beziehen, hat Justus Fetscher exemplarisch am Kapselbrief im ›Michael Kohlhaas‹ vorgeführt. Den Brief in der Kapsel liest er als Kleists vielleicht »einzige[n] private[n] Brief«, der, als »Testament und Leerstelle zugleich, die Kleistische Erzählung als Briefwerk« (Fetscher, Schrift verkehrt, wie Anm. 5, S. 126) besiegelt hat.

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Günter Blamberger Ingo Breuer Wolfgang de Bruyn Klaus Müller-Salget

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Fleig, A. (2013). Kleists Briefe — Versatzstücke der Autorschaft. In: Blamberger, G., Breuer, I., de Bruyn, W., Müller-Salget, K. (eds) Kleist-Jahrbuch 2013. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-01199-2_4

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-01199-2_4

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