Zusammenfassung
Ein Kleist-Buch ›Vom Gesetz des Widerspruchs‹ zu betiteln ist riskant. »Das gemeine Gesetz des Widerspruchs ist jedermann, aus eigner Erfahrung, bekannt; das Gesetz, das uns geneigt macht, uns, mit unserer Meinung, immer auf die entgegengesetzte Seite hinüber zu werfen.« (DKV III, 546) So wird es bekanntlich in Kleists ›Allerneuestem Erziehungsplan‹ bestimmt. Zwar könne man, Walter Hinderer zufolge, »die Beispiele, mit denen der Text diese Einsichten dann veranschaulicht, nicht immer ernst nehmen, und scheinen die parodistischen und provokativen Elemente zu überwiegen« (S. 75) — gleichwohl muss, wer diesen Titel wählt, gewärtigen, dass er sich damit selbst jenem Gesetz unterstellt und zum Widerspruch gegen seine Thesen herausfordert. Was sollte dem Rezensenten unter solchen Auspizien anderes übrigbleiben, als sich mit seiner Meinung »auf die entgegengesetzte Seite hinüber zu werfen«? Damit gehorchte er zwar bloß einem physikalischen, an der Elektrizitätslehre veranschaulichten Gesetz, aber die Suggestion von Kleists Text, dass dieses Gesetz »auch in der moralischen Welt« herrsche (DKV III, 546), wird von Hinderer letztlich nicht in Zweifel gezogen, ist es doch die entscheidende Schaltstelle einer ›Ästhetik der Negation‹, die er bei Kleist durchgehend aufzeigen möchte.
Über: Walter Hinderer: Vom Gesetz des Widerspruchs. Über Heinrich von Kleist. Würzburg: Königshausen & Neumann 2011, 207 S., 7 Abbildungen.
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Anmerkungen
Günter Blamberger, Die Novelle als Antibildungsgeschichte. Anmerkungen zu Kleists ›Der Findling‹. In: Prägnanter Moment. Studien zur deutschen Literatur der Aufklärung und Klassik. Festschrift für Hans-Jürgen Schings, hg. von Peter-André Alt u.a., Würzburg 2002, S. 479–494, hier S. 487.
Ursprünglich erschienen in Walter Hinderer (Hg.), Interpretationen. Kleists Erzählungen, Stuttgart 1998, S. 181–215.
Vgl. meine Rezension Bernd Hamacher, »Rühreier« oder »Erisäpfel«? In: KJb 2000, S. 225–235, hier S. 234.
Ursprünglich erschienen in Walter Hinderer (Hg.), Interpretationen. Kleists Dramen, Stuttgart 1997, S. 144–185. Vgl. meine Rezension Hamacher, »Rühreier« oder »Erisäpfel«? (wie Anm. 3), S. 229f.
Zuerst erschienen als Walter Hinderer, Immanuel Kants Begriff der negativen Größen, Adam Müllers Lehre vom Gegensatz und Heinrich von Kleists Ästhetik der Negation. In: Gewagte Experimente und kühne Konstellationen. Kleists Werk zwischen Klassizismus und Romantik, hg. von Christine Lubkoll und Günter Oesterle, Würzburg 2001 (Stiftung für Romantikforschung; XII), S. 35–62. Vgl. meine Rezension Bernd Hamacher, Altes Spannungsfeld, neu vermessen. In: KJb 2002, S. 200–209, hier S. 202f.
Vgl. Klaus Müller-Salget, Heinrich von Kleist, Stuttgart 2002, S. 41–50.
Vgl. Walther Rehm, Der Todesgedanke in der deutschen Dichtung vom Mittelalter bis zur Romantik, Halle 1928.
Vgl. Rudolf Unger, Herder, Novalis und Kleist. Studien über die Entwicklung des Todesproblems in Denken und Dichten vom Sturm und Drang zur Romantik, Frankfurt a.M. 1922.
Vgl. Claudia Liebrand, Kafkas Kleist. Schweinsblasen, zerbrochne Krüge und verschleppte Prozesse. In: Textverkehr. Kafka und die Tradition, hg. von Claudia Liebrand und Franziska Schößler, Würzburg 2004, S. 73–99, hier S. 73–80.
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Hamacher, B. (2012). Ästhetik der Negation. In: Blamberger, G., Breuer, I., de Bruyn, W., Müller-Salget, K. (eds) Kleist-Jahrbuch 2012. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-00814-5_32
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-00814-5_32
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