Zusammenfassung
Jacob und Wilhelm Grimm waren besessen von der Erforschung der Vergangenheit, haben dabei jedoch das literarische Leben ihrer Gegenwart nie aus den Augen verloren. Es gibt nur wenige Autoren, denen sie dabei so viel Aufmerksamkeit geschenkt und die sie im Prinzip so wohlwollend beurteilt haben wie Heinrich von Kleist. Schon zu Lebzeiten des Dichters loben sie immer wieder privat und öffentlich dessen Werke und empfehlen sie weiter. Nach Kleists Tod achten sie auf posthume Publikationen, etwa auf die von Tieck herausgegebenen ›Hinterlassenen Schriften‹, und ihr jüngster Bruder Ferdinand Grimm sendet ihnen am 21. Januar 1820 die Fahnen des ›Prinz Friedrich von Homburg‹ druckfrisch aus Berlin zu.1
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Anmerkungen
Vgl. NR 130a–c, 152a–c, 543. Vgl. Wolfgang Höppner, Die Brüder Grimm und Heinrich von Kleist. In: Zeitschrift für Germanistik N.F. 9 (2001), S. 550–561, hier S. 557.
Fragen des Verhältnisses von Recht, Rechtssicherheit und Gerechtigkeit werden bei Kleist eben nie ›rein‹ gelöst, immer bleiben »die Narben sichtbar« (so das Fazit bei Peter Raue, Kleists Rechtsdenken. In: Kleist — ein moderner Aufklärer?, wie Anm. 14, S. 133–145, hier S. 144). Wenn Hans-Jochen Marquardt meint, das dichterische Werk Kleists werde von der »Idee des Rechts« oder von der »Utopie gelingender Kommunikation« dirigiert, deren Realisierung aber misslingt (Hans-Jochen Marquardt, Heinrich von Kleist und die gebrechliche Einrichtung des Rechts. In: Recht und Gerechtigkeit bei Kleist. II. Frankfurter Kleist- Kolloquium, 17.–18.10.1997, hg. von Peter Ensberg und Hans-Jochen Marquardt, Stuttgart 2002, S. 11–21), dann verfehlt er möglicherweise die Pointe eines Ordnungsentwurfs, der sich von der Fiktion von schlichter Versöhnung und harmonischer Einheit befreit.
Zur Faktizität vgl. Hans Joachim Kreutzer, Wann lebte Michael Kohlhaas? Über die ästhetische Einheit der Erzählung Kleists. In: Literatur und Geschichte 1788–1988, hg. von Gerhard Schulz und Tim Mehigan in Verbindung mit Marion Adams, Bern u.a. 1990, S. 67–79; Bernd Hamacher, Michael Kohlhaas. In: Kleist-Handbuch (wie Anm. 6), S. 97– 106, hier S. 98.
Das Finale von ›Michael Kohlhaas‹ exponiert daher eine falsche, nur scheinbare Lösung (vgl. Wolfgang Wittkowski, Ironische Rechtsprechnung in ›Prinz Friedrich von Homburg‹ und ›Michael Kohlhaas‹. In: Politik — Öffentlichkeit — Moral. Kleist und die Folgen. I. Frankfurter Kleist-Kolloquium, 18.–19.10.1996, hg. von Peter Ensberg und Hans-Jochen Marquardt, Stuttgart 2002, S. 59–84, insbes. S. 78ff.). Vgl. zum ›ironischen‹ Finale auch: Dirk Grathoff, Kleists ›Michael Kohlhaas‹. In: Politik — Öffentlichkeit — Moral, wie oben, S. 85–102 — hier vor allem S. 100f. zum »Beliebigkeitsprinzip der Moderne«, mit dem sich Michael Kohlhaas konfrontiert sehe und das er am Ende »universalisiere«, indem er dem Kurfürsten durch den Verzehr des prophetischen Zettels seine genealogische Sicherheit nehme: »Er will den Herrschenden unter dieselben Gesetze zwingen, unter denen er als Bürger zu leiden hatte« (S. 101).
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Martus, S. (2011). Die Brüder Grimm und die Literaturpolitik Heinrich von Kleists. In: Blamberger, G., Breuer, I., Müller-Salget, K. (eds) Kleist-Jahrbuch 2011. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-00712-4_11
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Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
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