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Politik der Starken Abhängigkeiten

Kleists Stumpfheitslehre

  • Chapter
Kleist-Jahrbuch 2011
  • 198 Accesses

Zusammenfassung

Ich habe an Kleist keinerlei historisches Interesse. Er erweckt aber den Verdacht, er könnte ein brauchbarer Autor sein — schon durch die Art, wie er sich selber Stoffe, Diskurse, Formate, Dynamiken nutzbar zu machen pflegte (die Kleist’sche Anekdote scheint mir die umschweifloseste Form einer Nutzung, das ruppige, radikalpragmatische Pendant zu der von Novalis geschätzten poetischen Ökonomie von etwas, das »absolut kurz«1 ist). Im Folgenden lese ich einige der schon so oft analysierten und interpretierten Kleist’schen Texte mit der etwas brutalen Frage: Können wir das, was sich bei Kleist als Denken eines politischen Handelns abzeichnet, heute, im 21. Jahrhundert, gebrauchen? Die Antwort wird, um keine unnötige Spannung aufkommen zu lassen, lauten: Nein, danke, dann doch nicht. Aber es wird knapp werden.

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Anmerkungen

  1. Vgl. Aristoteles, Nikomachische Ethik, 1098a; zum Virtuosen als gemeinsamer Größe von Politik und Kunst vgl. Hannah Arendt, Freiheit und Politik. In: Dies., Zwischen Vergangenheit und Zukunft. Übungen im politischen Denken I, München 22000, S. 210–226, bes. S. 206f.

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  2. Das Verhältnis Kleists zur populären ›Experimentalwissenschaft‹ seiner Zeit behandeln u.a. Roland Borgards, ›Allerneuerster Erziehungsplan‹. Ein Beitrag Heinrich von Kleists zur Experimentalkultur um 1800 (Literatur, Physik). In: Literarische Experimentalkulturen. Poetologien des Experiments im 19. Jahrhundert, hg. von Marcus Krause und Nicolas Pethes, Würzburg 2005, S. 75–101; Sibylle Peters, Die Experimente der ›Berliner Abendblätter‹. In: KJb 2005, S. 129–141; dies., Heinrich von Kleist und der Gebrauch der Zeit. Von der MachArt der Berliner Abendblätter, Würzburg 2003.

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  3. »Wesentlich ist dann allerdings, daß Kleist alles Spracherfinden zuletzt den Strategien der Macht, den Mechanismen der Gewalt — im Grunde also der Kriegsführung entspringen läßt.« (Gerhard Neumann, Das Stocken der Sprache und das Straucheln des Körpers. Umrisse von Kleists kultureller Anthropologie. In: Heinrich von Kleist. Kriegsfall — Rechtsfall — Sündenfall, hg. von Gerhard Neumann, Freiburg i.Br. 1994, S. 13–29, hier S. 16)

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  4. »Das Denken bedarf der Gegenwart des Anderen, nicht weil der Andere an der Hervorbringung des Gedankens teilnimmt, sondern weil im Gegenteil seine Rolle als potenzieller Teilnehmer eine Bedrohung für die Verfertigung des Gedankens darstellt. Kleists Dialektik ist pervers: Der Andere betritt die dialektische Bühne lediglich als stummes Hindernis, als Hürde auf dem Weg des Sprechers zum Wissen, aber um diese untergeordnete Rolle spielen zu können, muß er zunächst als ebenbürtig, als eigenständiger Sprecher anerkannt werden.« (Andreas Gailus, Über die plötzliche Verwandlung der Geschichte durchs Sprechen. Kleist und das Ereignis der Rede. In: KJb 2002, S. 154–164, hier S. 156) Die Unterstellung der Anerkennung des anderen als Bedingung für seine Unterordnung halte ich allerdings für zu hegelianisch gedacht — dazu mehr unten im 2. Abschnitt.

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  5. Foucault hat diese Neutralisierung am Beispiel des sich wandelnden Verhältnisses zum Volksaufstand analysiert: Die souveräne Macht sieht sich beraten, den Aufstand zu fürchten und alles zu unternehmen, um seine Vorzeichen rechtzeitig zu erkennen und richtig zu deuten; die politische Ökonomie wertet Volksaufstände als wiederkehrende Phänomene, deren Wahrscheinlichkeit man umso eher durch umlenkende Eingriffe herabsetzen kann, wenn man aufhört, sie als Ereignis zu fürchten, und davon ausgeht, dass es ständig irgendwelche Tendenzen dazu gibt. Vgl. Michel Foucault, Sicherheit Territorium Bevölkerung. Geschichte der Gouvernementalität I — Vorlesung am Collège de France 1977/78, Frankfurt a.M. 2006, bes. S. 384ff.; zur Neutralisierung der Zeit im Wechsel von der Prophetie zur politisch- ökonomischen Prognostik vgl. Kai van Eikels, Die Politik der Prognose. In: Prognosen über Bewegungen, hg. von Gabriele Brandstetter, Sibylle Peters und Kai van Eikels, Berlin 2009, S. 270–299.

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  6. Martin Roussel, Zerstreuungen. Kleists Schrift ›Über das Marionettentheater‹ im ethologischen Kontext. In: KJb 2007, S. 61–93, hier S. 62f., Anm. 6.

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  7. »Bei dem coup d’oeil und der Entschlossenheit liegt es uns ganz nahe, von der damit verwandten Geistesgegenwart zu reden, die in einem Gebiete des Unerwarteten, wie es der Krieg ist, eine große Rolle spielen muß; denn sie ist ja nichts als die gesteigerte Besiegung des Unerwarteten« (Carl von Clausewitz, Vom Kriege, München und Berlin 2003, S. 67).

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  8. Text gegenüber BKA in der ersten Zeile modifziert nach Klaus Müller-Salget, Heinrich von Kleist, ›Über die Rettung von Österreich‹. Eine Wiederentdeckung. In: KJb 1994, S. 3–48, hier S. 11.

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  9. Tim Müller, Marionettentheater/Menschentheater. Kleists Ethik souveränen Handelns. In: KJb 2010, S. 220–236, hier S. 234.

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Günter Blamberger Ingo Breuer Klaus Müller-Salget

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van Eikels, K. (2011). Politik der Starken Abhängigkeiten. In: Blamberger, G., Breuer, I., Müller-Salget, K. (eds) Kleist-Jahrbuch 2011. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-00712-4_10

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-00712-4_10

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-02408-4

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