Skip to main content

Zwischen den Zeilen Ein Versuch über Heine als Leser des »Globe«

  • Chapter
Heine-Jahrbuch 2010
  • 154 Accesses

Zusammenfassung

Als Heine zu Beginn der 1830er Jahre in Paris ankam, zeigte er anfangs ein reges Interesse an der saint-simonistischen Bewegung, welches sich unter anderem durch seine aufmerksame und regelmäßige Lektüre des »Globe«, seit September 1830 Presseorgan der Gruppe, auszeichnete.2 Der Deutsche kam in den Genuss eines kostenlosen Abonnements der Tageszeitung — ein aus Propagandazwecken recht verbreitetes Privileg, auch wenn man die Zustellung manchmal anmahnen musste.3 Heine war bereits in Deutschland auf die Saint-Simonisten und ihren religiösen Eifer aufmerksam geworden4, und auch den »Globe« kannte er schon seit geraumer Zeit.5 Nach seiner Ankunft in Paris verlor er nun keine Zeit und stellte sich zwei Tage später, am 21. Mai 1831, bei Michel Chevalier in der Redaktion der Zeitung vor. In den darauf folgenden Monaten sollten beide Parteien, der deutsche Dichter und die saint-simonistische Zeitung, voneinander profitieren können: Der »Globe« sprach von Heine, und Heine sprach von den Saint-Simonisten — vor allen Dingen in Deutschland6, wo die kosmopolitische Sekte Mitstreiter für ihre »Heilige Allianz der Völker« rekrutieren wollte.7

Die Arbeit an diesem Artikel und die damit verbundene Archivreise nach Düsseldorf konnten über das DFG/ANR-Forschungsprojekt »Soziale Ideen und Idealismus. Rezeptionen französischer Soziallehren im Umfeld des deutschen Idealismus« finanziert werden. Für diese Unterstützung bin ich den beteiligten Institutionen und den Leitern der französischen Seite dieses Projektes, Frau Prof. Dr. Myriam Bienenstock und Herrn Prof. Dr. Norbert Waszek, sehr dankbar.

Neben Heines persönlichen Originalexemplaren des »Globe«, die sich im Heinrich-Heine-Institut in Düsseldorf befinden, folgen alle Zitate aus der Zeitschrift dem Nachdruck Le Globe. Journal philosophique et littéraire. Journal de la doctrine de Saint-Simon. Bd. 10–12 (1830–1832). Genf 1978. Die deutschen Übersetzungen stammen von mir.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

eBook
USD 19.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 29.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Anmerkungen

  1. Die Entstehung des Saint-Simonismus und seiner neuen Religion hatte in Deutschland zu Beginn der 1830er Jahre Kreise gezogen und wurde in liberalen und belesenen Zirkeln, die häufig bereits zuvor den »alten« »Globe« gelesen hatten, viel diskutiert. Auch die Junghegelianer interessierten sich für den Saint-Simonismus (Eduard Gans oder Karl Ludwig Michelet seien hier als Beispiele genannt). Neben Heine waren auch Wienbarg, Gutzkow oder Heinrich Laube von saint-simonistischen Ideen inspiriert, die sie in ihre eigenen literarischen und politischen Standpunkte zu integrieren versuchten. Vgl. Thomas Petermann: Der Saint-Simonismus in Deutschland. Frankfurt a.M. 1983, S. 47ff. oder

    Google Scholar 

  2. Werner Sughe: Saint-Simonismus und junges Deutschland. Berlin 1935, S. 141 ff. Ein anderes »Problem« stellt hier die Frage dar, in wie weit der Saint-Simonismus »germanisiert« war oder wurde und inwiefern Prosper Enfantin versuchte, deutsche Einflüsse auf die Metaphysik seiner Bewegung zu vertuschen. Vgl.

    Google Scholar 

  3. Philippe Régnier: Les saint-simoniens et la philosophie allemande ou la première alliance intellectuelle franco-allemande. — In: Revue de Synthèse 110 (1988), S. 231–231, oder

    Article  Google Scholar 

  4. Michel Espagne: Le saint-simonisme est-il jeune hégélien? — In: Regards sur le saint-simonisme et les saint-simoniennes. Hrsg. von J. R. Derré. Paris 1986, S. 45–71.

    Google Scholar 

  5. Die Saint-Simonisten erklären die Rolle Deutschlands in ihrer »heiligen Allianz« in dem Artikel »Du rôle qui convient à l’Allemagne et à la Prusse en particulier« im »Globe« des 16. Juni 1831 (N° 167) wie folgt: »Il est aujourd’hui trois peuples […] représentant plus spécialement chacun l’une des faces du développement de l’humanité, morale, industrie, science : ce sont les Français, les Anglais et les Allemands. La France représente plus particulièrement les sentiments généreux, les sympathies sociales; elle est pleine de dispositions bienveillantes pour tous, elle est destinée à former le lien de l’association, elle est la personnification de l’amour entre les peuples, de la morale générale. […] Mais l’Allemagne, cette grande nation éminemment destinée à représenter l’élément rationnel ou scientifique, dont les égarements mystiques et le philosophisme souvent vaporeux dénotent une haute aptitude intellectuelle à qui il ne manque qu’une direction.« Die Ähnlichkeit zwischen dieser Passage und der hegelschen Perspektive einer historischen Arbeitsteilung zwischen Deutschland und Frankreich ist frappierend. »An dieser großen Epoche in der Weltgeschichte […] haben nur zwei Völker teilgenommen, das deutsche und das französische Volk, so sehr sie entgegengesetzt sind, oder gerade weil sie entgegengesetzt sind. […] In Deutschland ist dies Prinzip als Gedanke, Geist, Begriff, in Frankreich in die Wirklichkeit gestürmt.« G. W. F. Hegel: Werke in zwanzig Bänden. Bd. 20: Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie III. Stuttgart 1971, S. 314.

    Google Scholar 

  6. Philippe Régnier: Späte Wiederbelebung der intellektuellen Allianz zwischen Deutschland und Frankreich: Moses Hess, Karl Ludwig Michelet und die Saint-Simonisten der Revue philosophique et relgieuse (1855–1855). — In: Hegelianismus und Saint-Simonismus. Hrsg. von H.-C. Schmidt am Busch u.a. Paderborn 2007, S. 159–180, hier S. 159.

    Google Scholar 

  7. Vgl. zu diesem Thema Nina Bodenheimer: Heine, Hegelianismus, Saint-Simonismus und »Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland«. — In: HJb 47 (2008), S. 221–221.

    Google Scholar 

  8. Vgl. die Übersicht und Beschreibung bei Eberhard Galley: Heinrich Heines Privatbibliothek. — In: HJb 1 (1962), S. 96–116. Die Nachlassbibliothek im Heine-Institut enthält nur sehr wenige französische Werke — unter anderem die »Scènes de la vie privée« seines Freundes Balzac oder »L’Europe et la Chine« von Michel Chevalier. Es ist allerdings sehr wahrscheinlich, dass die französischen Bücher nach seinem Tode im Besitz Mathildes blieben oder von Henri Julia verkauft wurden. Ein anderer Punkt, der ins Auge springt, ist die Anzahl der nicht aufgeschnittenen Bücher — ein Beispiel dafür wäre seine Ausgabe von Victor Cousin: Über französische und deutsche Philosophie. Aus dem Französischen von Dr. Hubert Beckers. Nebst einer beurtheilenden Vorrede des Herrn Geheimraths von Schelling. Stuttgart, Tübingen 1834. Heine scheint die Einleitung sowie den Text ab der Seite 48 gelesen zu haben, wo es um Eklektizismus geht — zwischen den beiden Stellen ist das Buch allerdings jungfräulich geblieben.

    Google Scholar 

  9. Der Saint-Simonist Gustave d’Eichthal, zunächst Schüler von Auguste Comte, wurde 1824 in Berlin von Abraham Mendelssohn auf »Die Erziehung des Menschengeschlechts« von Lessing aufmerksam gemacht. Er brachte das Werk anschließend nach Frankreich, wo er übrigens auch versuchte, die hegelianische Philosophie bei den Saint-Simonisten einzuführen. Vgl. Paola Ferruta: Les »deux mondes« saint-simoniens et la différence sexuelle: une relecture des transferts culturels franco-allemands autour de 1830. — In: L’actualité du Saint-Simonisme — Colloque de Cérisy. Hrsg. von Pierre Musso. Paris 2004, S. 252.

    Google Scholar 

  10. »Nur dass sie ihn übereilten; nur dass sie ihre Zeitgenossen die noch kaum der Kindheit entwachsen waren, ohne Aufklärung, ohne Vorbereitung, mit eins zu Männern machen zu können glaubten, die ihres dritten Zeitalters würdig wären.« G. E. Lessing: Die Erziehung des Menschengeschlechts. Stuttgart 1999, S. 29.

    Google Scholar 

  11. Im Herbst/Winter 1831 verbrachte Heine auch relativ viel Zeit mit Börne, dessen Pariser Appartement sich langsam in einen republikanischen Treffpunkt verwandelte — eine Entwicklung, die Heine von Anfang an misstrauisch beobachtete. Vgl. Michael Werner: Börne in Paris (1830–1830). Zum Problem der Verständigung zwischen deutscher und französischer Kultur im 19. Jahrhundert. — In: Ludwig Börne. Zum 200. Geburtstag, des Frankfurter Schriftstellers. Freiheit, Recht und Menschenwürde. Hrsg. von Alfred Estermann. Stuttgart 1986, S. 261–261, hier S. 263.

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2010 Springer-Verlag GmbH Deutschland

About this chapter

Cite this chapter

Bodenheimer, N. (2010). Zwischen den Zeilen Ein Versuch über Heine als Leser des »Globe«. In: Brenner-Wilczek, S. (eds) Heine-Jahrbuch 2010. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-00578-6_5

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-00578-6_5

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-02362-9

  • Online ISBN: 978-3-476-00578-6

  • eBook Packages: J.B. Metzler Humanities (German Language)

Publish with us

Policies and ethics