Zusammenfassung
Gefühle um 1800: Das ist einerseits das Reden über sie, der Disput, ob man sie haben solle oder nicht, welche Gefühle gut und welche schlecht seien, wozu sie nützen und wem sie schaden, welches Maß zu beachten sei, wie man die guten erregen könne und die schlechten verbessern, welche Rolle dabei das Theater, die Literatur und die Musik — also die Künste überhaupt — spielen sollen.
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Notizen
Vgl. dazu Reinhart Koselleck, Einleitung. In: Geschichtliche Grundbegriffe, hg. von Otto Brunner u.a., Bd. 1, Stuttgart 1972, S. XXIVf.;
Utz Haltern, Politische Bildung und bürgerlicher Liberalismus. Zur Rolle des Konversationslexikons in Deutschland. In: Historische Zeitschrift 223 (1976), S. 61–97.
Immanuel Kant, Anthropologie in pragmatischer Absicht. In: Kant’s gesammelte Schriften, hg. von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften, Bd. VII, Berlin 1968, S. 252.
Zu »Je sens, donc je suis« (Marquis d’Argens 1746) bzw »Je sens, donc j’existe« (Bernardin de St. Pierre 1784) s. Sigrid Weigel, Phantombilder zwischen Messen und Deuten. In: Repräsentationen: Medizin und Ethik in Literatur und Kunst der Moderne, hg von Bettina von Jagow und Florian Steger, Heidelberg 2004, S. 159–198, hier S. 161;
Johann Gottfried Herder, Zum Sinn des Gefühls. In: Ders., Schriften zu Philosophie, Literatur und Kunst im Altertum, hg von Jürgen Brummack und Martin Bollacher, Bd. 4, Frankfurt a.M. 1994, S. 233–242, hier S. 236.
Zur aristotelischen Rhetorik vgl. Christof Rapp, Kunstgemäß erzeugte Affekte in Aristoteles’ ›Rhetorik‹. In: Tugenden und Affekte in der Philosophie, Literatur und Kunst der Renaissance, hg. von Joachim Poeschke u.a, Münster 2002, S. 9–20.
Zu barocken Techniken der Gefühlserzeugung vgl. Doris Kolesch, Theater der Emotionen. Ästhetik und Politik zur Zeit Ludwigs XIV, Frankfurt a.M. 2006;
Catherine Newmark, Passion — Affekt — Gefühl: Philosophische Theorien der Emotionen zwischen Aristoteles und Kant, Hamburg 2008.
Hierin liegt die Pointe von Herders vielzitiertem »Ich fühle mich! Ich bin!« Herder stellt sich vor, »wie ein blinder Philosoph sich eine Welt denken würde« und beginnt mit dem berühmten Satz, den er wie folgt interpretiert: »Ich glaube, dass es für einen Blinden möglich ist, den ganzen Körper in seinem Gebäude auf Kräfte der Seele zu reduzieren«; Herder, Sinn des Gefühls (wie Anm. 15), S. 236. — Zur Erwartung von Authentizität bzw. Aufrichtigkeit, d.h. zur Übereinstimmung von ausgedrückten und wirklichen Gefühlen vgl. Lionel Trilling, Das Ende der Aufrichtigkeit, Frankfurt a.M. 1989;
Claudia Benthien und Steffen Martus, Einleitung: Aufrichtigkeit — Zum historischen Stellenwert einer Verhaltenskategorie. In: Die Kunst der Aufrichtigkeit im 17. Jahrhundert, hg. von Claudia Benthien und Steffen Martus, Tübingen 2006, S. 1–16.
Das weinende Saeculum. Colloquium der Arbeitsstelle 18. Jahrhundert, Heidelberg 1983; vgl. dazu Anne Vincent-Buffault, The History of Tears. Sensibility and Sentimentality in France, London 1991.
Johann Wolfgang Goethe, Wilhelm Meisters Lehrjahre. In: Goethes Werke (Hamburger Ausgabe), Bd. VII, textkritisch durchgesehen und kommentiert von Erich Trunz, München 111982, S. 118.
Johann Peter Eckermann, Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens (9.7.1827), hg. von Otto Schönberger, Stuttgart 1994, S. 270.
Das meint zwar der »grobe« Baccalaureus in ›Faust‹ II (»Im Deutschen lügt man, wenn man höflich ist«), trifft aber nicht den zeitgenössischen Diskurs; Goethes Werke (wie Anm. 24); Bd. III, S. 208. Vgl. dazu Harald Weinrich, Lügt man im Deutschen, wenn man höflich ist?, Mannheim 1986. Zum Verhältnis von Aufrichtigkeit und Höflichkeit vgl. Jean-Michel Besnier, Politesse et sincérité, Paris 1994.
Vgl. Erving Goffman, Interaction Ritual, Harmondsworth 1972, va. S. 5–95 (»On Face-Work«; »The Nature of Deference and Demeanor«).
Adolph Freiherr von Knigge, Über den Umgang mit Menschen, hg. von Gert Ueding, Frankfurt a.M. 1982, hier S. 23f., 34, 36, 61.
Niklas Luhmann, Gesellschaftsstruktur und Semantik. Studien zur Wissenssoziologie der modernen Gesellschaft, Bd. 1, Frankfurt a.M. 1980, S. 7.
Reinhart Koselleck, Einleitung. In: Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, hg. von Otto Brunner u.a., Bd. 1, Stuttgart 1972, S. XIII–XXVII, hier S. XIVf., XIX.
Niklas Luhmann, Liebe als Passion. Zur Codierung von Intimität, Frankfurt a.M. 1982, S. 9, 16f.
Immanuel Kant, Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht (1784). In: Kant’s gesammelte Schriften (wie Anm. 6), Bd. VIII, Berlin 1968, S. 15–32, v.a. S. 20–22.
Vgl. Hans-Jürgen Schings, Der mitleidigste Mensch ist der beste Mensch. Poetik des Mitleids von Lessing bis Büchner, München 1980;
Thomas L. Haskell, Capitalism and the Origins of the Humanitarian Sensibility. In: American Historical Review 90 (1985), S. 339–361 und 547–566.
Vgl. Reinhart Koselleck, Kritik und Krise. Ein Beitrag zur Pathogenese der bürgerlichen Welt, Freiburg i.Br. 1959, passim.
Vgl. Jürgen Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft, Neuwied 1962;
Thomas McCarthy, Practical Discourse: On the Relation of Morality to Politics. In: Habermas and the Public Sphere, hg. von Craig Calhoun, Cambridge/Mass. 1992, S. 51–72.
Vgl. Leora Auslander, Cultural Revolutions: The Politics of Everyday Life in Britain, North America, and France, Oxford 2008.
Vgl. Wolfgang Schieder, Brüderlichkeit. In: Geschichtliche Grundbegriffe (wie Anm. 33), Bd. 1, Stuttgart 1972, S. 552–581.
Vgl. Lynn Hunt, The Family Romance of the French Revolution, Berkeley 1993.
Zit nach: Schieder, Brüderlichkeit (wie Anm. 41), S. 566. Vgl. dazu auch Bernd Schönemann, Volk, Nation. In: Geschichtliche Grundbegriffe (wie Anm. 33), Bd. 7, Stuttgart 1992, v.a. S. 324f.
Friedrich Schiller, Deutsche Größe. In: Schillers Werke in fünf Bänden, Bd. 1, Berlin 1967, S. 198.
Vgl. Karen Hagemann, »Mannlicher Muth und Teutsche Ehre«: Nation, Militär und Geschlecht zur Zeit der Antinapoleonischen Kriege Preußens, Paderborn 2002. Dort findet sich auch der Ausdruck »Meinungsmobilisierung« (S. 105) aus dem vorhergehenden Absatz.
Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher, Versuch einer Theorie des geselligen Betragens. In: Ders., Philosophische Schriften, hg. von Jan Rachold, Berlin 1984, S. 39–64, hier S. 57.
So Joachim Heinrich Campe 1785, zit. in: Lothar Pikulik, Leistungsethik contra Gefühlskult. Über das Verhältnis von Bürgerlichkeit und Empfindsamkeit in Deutschland, Göttingen 1984, S. 221.
Vgl. Ulrike Döcker, Die Ordnung der bürgerlichen Welt. Verhaltensideale und soziale Praktiken, Frankfurt a.M. 1994.
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Frevert, U. (2009). Gefühle um 1800. In: Blamberger, G., Breuer, I., Doering, S., Müller-Salget, K. (eds) Kleist-Jahrbuch 2008/09. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-00361-4_8
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