Zusammenfassung
Dass die Ironie eine der Konstanten in Heines Werk darstellt, dürfte nicht umstritten sein. Aber bei einer präzisen Bestimmung der Ironie beginnen die Schwierigkeiten. Zu fragen ist nach den Gründen für diese besondere Form des Sprechens, nach der Intention, die der Autor damit verfolgt, nach der Reichweite der ironischen Dementis. In diesem Zusammenhang ist Heines Ironie wiederholt von derjenigen seiner romantischen Vorläufer abgesetzt worden. Besonders interessant ist die Argumentation von Manfred Frank. Einen ironischen Redeakt lässt er aus zwei Positionen bestehen und sagt, dass die romantische Ironie Position und Gegenposition so zueinander in ein Verhältnis setzt, dass sich eine durch die andere relativiert, keine bestehen bleibt. Ein einfacher Typus von Ironie liegt dagegen dort vor, wo eines der Glieder verworfen wird, um das andere in den Rang des Geltenden zu setzen. Diese zweite, satirische Ironie setzt voraus, dass der Sprecher ein festes Standbein besitzt, eine Wahrheit, die er nicht in Zweifel zieht. Diesen Typus der Ironie finde man nun bei Heine.1 Auch in der Heine-Forschung ist eine entsprechende Abgrenzung unternommen worden, grundlegend von Wolfgang Preisendanz. Heines Ironie hat danach nichts mit den philosophischen Spekulationen der Romantiker zu tun und besitzt auch keine Beziehung zur Metaphysik. Heine gehe es darum, die Vernünftigkeit und Harmonie der Welt zu dementieren, und wenn er von einem Weltriss spreche, dann stehe eine geschichtlich-aktuelle Erfahrung dahinter. Dieser Weltriss sei sozial gemeint und sei von Friedrich Schlegels Reden über das Unbedingte und das Bedingte klar zu unterscheiden.2
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Anmerkungen
Manfred Frank: Einführung in die frühromantische Ästhetik. Frankfurt a. M. 1989, S. 341 ff, bes. S. 348.
Wolfgang Preisendanz: Ironie bei Heine. — In: Albert Schaefer (Hrsg.): Ironie und Dichtung. München 1970, S. 85–112. Wenn Preisendanz davon spricht, dass sich »Idealität nur ironisch realisieren und Realität nur ironisch idealisieren« lasse, dann handelt es sich dabei um den Kerngedanken der Frühromantik.
Friedrich Nietzsche: Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe in 15 Bänden (KSA). Hg. von Giorgio Colli und Mazzino Montinari. München 1999, Bd. II, S. 18.
Richard Rorty: Kontingenz, Ironie und Solidarität. Frankfurt a. M. 1989, S. 128.
Uwe Japp: Theorie der Ironie. 2. Aufl. Frankfurt a. M. 1999, S. 313.
Das hat zuletzt Wolfgang Braungart betont: Ironie als urbane Kommunikations- und Lebensform. Über Cicero, Quintilian und Friedrich Schlegel. — In: Neue Beiträge zur Germanistik 3, Heft 5 (2004), S. 9–24.
Dazu Heinz-Dieter Weber: Heines Harzreise und der Tourismus. — In: Deutschunterricht 38 (1986), H. 1, S. 51–64.
Zu Heines Situation in Frankreich und zu seiner Einschätzung der historischen Rolle der beiden Nationen vgl. Jeffrey L. Sammons: Heinrich Heine. Stuttgart 1991, S. 67ff.
Die Sammlung als Ganze ist von komischen Elementen durchzogen (vgl. dazu Christian Liedtke: »… und es lachten selbst die Mumien«. Komik und grotesker Humor in Heines Romanzero. In: Heine-Jahrbuch 43 (2004), S. 12–30), das Prinzip von Rede und Gegenrede tritt aber im Nachwort am deutlichsten hervor.
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von Petersdorff, D. (2006). Grenzen des Wissens, gemischte Gefühle Heinrich Heines Ironie. In: Kruse, J.A. (eds) Heine-Jahrbuch 2006. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-00202-0_1
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Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
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Online ISBN: 978-3-476-00202-0
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