Zusammenfassung
Die als Thema formulierte Frage klingt provozierend naiv, sie scheint weniger mit seriöser Problemstellung als mit dem rhetorischen Trick zu tun zu haben, den Gegenstand als Widerlegung einer schief formulierten Überschrift abzuhandeln; und sie erscheint provozierend unoriginell, weil die Warnung, die Seuche der Kommerzialisierung drohe auch Musik und Musikanten zu befallen, zu den kulturkritischen Ladenhütern gehört. Immer wenn wir — mit oder ohne Zuhörer — musizieren, verkaufen wir Musik, verkaufen sie an eine jeweilige Gegenwart und verkaufen uns selbst — gleichgültig, ob und wie sehr wir die kommerzielle Komponente mitspielen meinen. Allemal ist Musizieren ein kommunikativer Akt, ein Austausch, bei dem Rückkoppelungen durch die Kanäle unserer Erlebnisweisen hin- und herschwappen; man befördert nicht Musik in die Welt, ohne Welt in die Musik zu befördern. Daß wir der Welt nicht sicherer entfliehen und zugleich uns nicht sicherer mit ihr verbinden als in der Kunst, ist eine vielzitierte Einsicht. Goethes Weg »vom Nützlichen durchs Wahre zum Schönen« läßt sich in beiden Richtungen begehen, und wenn wir mit »Kommerz« einen auf Nützlichkeit orientierten Begriff gebrauchen, sollten wir uns hüten, im Bereich der Kunst — immer eines »schwebenden Angebotes« (Thomas Mann) — jegliches Anbieten, Darbieten, Austauschen sogleich als schnöde kommerziell zu verdächtigen. Indes — je genauer wir hinblicken, desto schwieriger wird es, eine Grenze zu ziehen.
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Gülke, P. (2006). Nistet der Kommerz schon in unseren Interpretationen?. In: Auftakte — Nachspiele. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-00165-8_23
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-00165-8_23
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-02122-9
Online ISBN: 978-3-476-00165-8
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