Zusammenfassung
Seitdem Justus Thibaut die altitalienische Vokalpolyphonie neu entdeckte und Mendelssohn die Matthäuspassion aufführte, ist unserem Musikleben immer mehr eine Funktion zugewachsen, die es vordem nicht kannte, diejenige eines Sachwalters des geschichtlichen Erbes. Vielerlei trug zu der Erschließung der musikalischen Vergangenheit, die seit anderthalb Jahrhunderten im Gange ist, bei: Nicht der geringste Antrieb war das Bewußtsein, daß an den Alten etwas gutzumachen, daß ausgleichende Gerechtigkeit zu üben sei. So entstand eine alexandrinische Bibliothek der Musik, deren Bestände rapid anwachsen, besonders, seitdem die Forschung auch die fernere Vergangenheit erfaßt und die modernen Mittel der Konservierung den Klang, die sinnliche Unmittelbarkeit der Musik fixieren. Es scheint heute fast so, als könnten wir uns demiurgengleich über Welt und Geschichte erheben und alles je Geschaffene überblicken, ja, noch mehr: Da die historischen Kategorien von uns geschaffen wurden, ordnet sich alles auf uns hin, und die Synopsis, die wir genießen, könnte fast als der nun erst offenbare Sinn des Geschehenen erscheinen.
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Notizen
In einem Interview mit Karla Höcker, Die Neue Zeitung, November 1953.
W. Furtwängler, Gespräche über Musik, Zürich 1947, S. 82/83.
Cit. H. H. Stuckenschmidt, Glanz und Elend der Musikkritik, Berlin 1957, S. 8.
Cit. I. Ormay, Sie irrten sich, Herr Kritiker, Leipzig 1967. Im gleichen Sinne vgl. u. a. Schuberts antibeethovensche Tagebucheintragung vom 16.VI.1816 (O. E. Deutsch, Schubert, Die Dokumente seines Lebens, S. 45), die nicht so sehr als persönliche Stellungnahme denn als Widerspiegelung einer gängigen Schulmeinung Gewicht hat.
Brief an Hans Rosbaud vom 12. V . 1947, in A. Schönberg, Briefe hrsg. von E. Stein, Mainz 1958, S. 254 ff.
Vgl. J. Chailley, Sur la signification du quator de Mozart K.V. 465, dit »les dissonances«, et du 7ème quator de Beethoven, in: Natalicia Musicologica Knud Jeppesen Septuagenario, Kopenhagen 1962. Probedrucke des Quartettes wurden an den Verleger Artaria zurückgesandt, damit dieser die Druckfehler verbessern möge.
A. Malraux, Psychologie der Kunst I und II, Rowohlts Deutsche Enzyklopädie Bd. 39 und 60, Hamburg 1957 und 1958.
Vgl. hierzu W. Hess, Die Teilwiederholung in der klassischen Sinfonie und Kammermusik, in: Musikforschung XVI, 1963, Heft 3, S. 209 ff.
B. Brecht, Schriften über das Theater, Berlin/Weimar 1964, Band II, S. 109.
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Gülke, P. (2006). Die Verjährung der Meisterwerke. In: Auftakte — Nachspiele. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-00165-8_21
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