Zusammenfassung
»Ein Jude zu sein, gar in Deutschland, ist eine abendfüllende Beschäftigung — heute noch immer, heute schon wieder, heute wie eh und je.« Was der österreichische Exilautor Robert Neumann hier im Jahr 1968 in der Süddeutschen Zeitung mit sarkastischem Understatement formuliert hat2, das galt natürlich auch schon rund anderthalb Jahrhunderte zuvor. Ein Jude zu sein in einer christlichen Umwelt, im Preußen der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in einer Zeit, die geprägt war von Revolution und Restauration im politischen wie aber auch im geistig-religiösen Bereich, das war natürlich auch schon für den deutschen Juden Heinrich Heine, der so wach, so engagiert und so eigenwillig auf die Ereignisse und Strömungen seiner Zeit reagierte, eine »abendfüllende« und das heißt natürlich: eine›lebenfüllende‹ Beschäftigung. Ebenso »abendfüllend« und mehr als das wäre es, das Thema »Heine und das Judentum« auch nur einigermaßen erschöpfend behandeln zu wollen, ein Anspruch, der diesem kleinen Beitrag natürlich völlig fern liegt. Ich möchte im Folgenden lediglich einige Aspekte von Heines Verhältnis zum und seinem Verständnis vom Judentum etwas näher beleuchten und mich dabei vor allem auf ein Motiv konzentrieren, das mir allerdings als zentral erscheint, nämlich das Motiv des Exils und der Diaspora mitsamt den Reaktions- und Antwortversuchen, die Heine in seinen religions- und geschichtsphilosophischen Entwürfen ebenso wie in der Interpretation prominenter historischer und in der Gestaltung seiner poetischen Figuren darauf formuliert hat:
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Anmerkungen
Robert Neumann: Ich bin Jude. — In: Süddeutsche Zeitung, 1968, Nr. 24/25.
Zum »Verein für Cultur und Wissenschaft der Juden« vgl. u. a. Edith Lutz: Der »Verein für Cultur und Wissenschaft der Juden« und sein Mitglied Heinrich Heine. Stuttgart/Weimar 1997 (= Heine-Studien). Zum »Rabbi von Bacherach« im Zusammenhang von Heines Mitgliedschaft in dem Verein vgl. Anne Maximiliane Jäger: »Besaß auch in Spanien manch’ luftiges Schloß«. Spanien in Heinrich Heines Werk. Stuttgart/Weimar 1999 (= Heine-Studien), S. 87–147.
Zeitschrift für die Wissenschaft des Judenthums, Heft I, S. 14. Zur Bedeutung des Marranentums für Spinozas Philosophie und zur philosophischen Spinoza-Rezeption von Immanuel Kant bis Sigmund Freud vgl. Yirmiyahu Yovel: Spinoza. Das Abenteuer der Immanenz. Aus dem Englischen von Brigitte Flickinger. Göttingen 1996. Zu Heine, Hess und Feuerbach insbes. S. 322–353.
Vgl. dazu Hermann Levin Goldschmidt: Jehuda Halevi: Aufbruch nach Zion. — In: H. L. Goldschmidt: Der Rest bleibt. Aufsätze zum Judentum. Hrsg. von Willi Goetschel. Wien 1997, S. 131–144, S. 133.
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Jäger, A.M. (2005). »Ich bin jetzt nur ein armer todtkranker Jude …« — Zu Heines Judentum . In: Kruse, J.A. (eds) Heine-Jahrbuch 2005. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-00154-2_5
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