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Marias Epitaph Eine poetologische Überlegung zu Heines »Reise von München nach Genua« mit Blick auf Sterne

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Heine-Jahrbuch 2005
  • 162 Accesses

Zusammenfassung

In Heines Reisebericht laufen dem Erzähler wiederholt mehrere weibliche Gestalten, beladen mit der Bürde sinnbildhafter Bedeutsamkeit, über den Weg oder queren seinen Gedankengang.2 Zu diesen Gestalten gehört, neben der Spinnerin, der Obstfrau und der Harfenistin, auch eine ferne Geliebte namens Maria. Dass vor allem diese letzte einigen Aufschluss darüber zu geben vermag, wie und für was der Text angesehen sein will, sollen die folgenden Ausführungen zeigen.

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Anmerkungen

  1. Vgl. Olaf Hildebrand: Emanzipation und Versöhnung. Aspekte des Sensualismus im Werk Heinrich Heines unter besonderer Berücksichtigung der »Reisebilder«. Tübingen 2001, S. 148.

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  2. Laurence Sterne: A Sentimental Journey through France and Italy By Mr. Yorick with The Journal to Eliza and A political Romance. Hrsg. und kommentiert von Ian Jack. Oxford 1984, S. 113.

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  3. Zu denken ist insbesondere an die gleichnamige Geliebte der »Florentinischen Nächte« sowie an die kleine Veronika in »Reisebilder. Zweiter Theil« (»Ideen. Das Buch Le Grand«), die möglicherweise auch eine intertextuelle Verbindung zur Very der »Florentinischen Nächte« angibt (vgl. DHA V, 969). Die dortige Referenz auf die Willis (DHA V, 238) wiederum kann überdies als Hinweis auf die späteren »Elementargeister« (DHA IX, 19 f. und 474 ff.) gelesen werden kann. Diese Bezüge bleiben hier ebenso außer Acht wie die weitere Figurenkennzeichnung der umfangreichen Vorstudien zu Kapitel XX (B .7 <Das Mädchen und die tote Maria> DHA VII, 327 ff. und Kommentar 937 ff.). Vgl. dazu Michel Espagne: Die tote Maria. Ein Gespenst in Heines Handschriften. — In: DVjs 57 (1987), S. 298–320.

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  4. Zwei Beispiele mögen für die vielfältige mehr oder minder literarische Rezeption stehen: Im Darmstädter Kreis stilisiert sich Louise von Ziegler als Maria (Gertrud J. Hallamore: Das Bild Laurence Sternes in Deutschland von der Aufklärung bis zur Romantik. Berlin 1936, S. 43) und unter den literarischen Nachahmungen Sternes finden sich auch »The Letters of Maria.

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  5. To which is added an account of her Death« (London 1790), ein Jahr später übersetzt als »Briefe Mariens, nebst Nachricht von ihrem Tod. Nachtrag zu Yoricks empfindsamer Reise« (Leipzig 1791) (Peter Michelsen: Laurence Sterne und der deutsche Roman des achtzehnten Jahrhunderts. Göttingen 1962, S. 82 f.).

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  6. Zur Umsetzung in der bildenden Kunst und Musik siehe die Verweise bei Tom Keymer: Marvell, Thomas Hollis and Sterne’s Maria. Parody in »A Sentimental Journey«. — In: Shandean 5 (1993), S. 9–31, hier S. 11.

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  7. Laurence Sterne: Tristram Shandy. Hrsg. von Howard Anderson. New York/London 1980, IX.24, S. 444.

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  8. Paul D. McGlynn: Sterne’s Maria: Madness and Sentimentality. — In: Eighteenth-Century Life 3 (1976), S. 39–43. McGlynn betont zu Recht, dass hier insbesondere die Geistesverwirrtheit Marias die — übliche — Passivität der Frau und damit ihren Objektstatus (als Projektionsfläche männlicher Phantasien) bedingt. Gemeinhin enden diese Frauen in einer bildhaften Ausstellung ihres schönen toten (und also gänzlich passiven) Körpers am Romanende.

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  9. Einschlägig ist zu diesem Phänomen der Ästhetisierung und Mortifikation des weiblichen Körpers die Studie von Elisabeth Bronfen: Nur über ihre Leiche. Tod, Weiblichkeit und Ästhetik. Frankfurt a. M. 1994.

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  10. Vgl. Michael Werner: Heines »Reise von München nach Genua« im Lichte ihrer Quellen. — In: HJb 14 (1975), S. 24–46; DHA VII, 616

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  11. Jacqueline Bel: Le Reisebild heinéen. Sa place dans l’histoire du récit de voyage. — In: Reisebilder de Heinrich Heine. Lectures d’une Œuvre. Hrsg. von René Anglade. Paris 1998, S. 7–26. — Zur Bedeutung Sternes und der humoristischen Tradition für Heines Text gibt es, soweit ich sehe, keine umfassenden, neueren Arbeiten, die auf den hier zentralen poetologischen Gesichtspunkt fokussieren. Zu nennen bleiben die positivistischen Arbeiten des frühen 20.

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  12. Jahrhunderts: John C. Ransmeier: Heines »Reisebilder« und Laurence Sterne. — In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen 118 (1907), S. 289–317

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  13. Stefan Vacano: Heine und Sterne. Berlin 1907 (hier S. 30 der Verweis auf die Originalvorlage); Hallamore [Anm. 7], S. 76 ff

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  14. Erich Loewenthal: Studien zu Heines »Reisebildern«. Berin/Leipzig 1922, S. 7–36.

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  15. Freilich wird diese Dichotomie kompliziert dadurch, dass Klärchen durchaus auch Unschuld verkörpert. Umfassende Bedeutung unverstellter Natürlichkeit beanspruchen kann aber erst die zu Ende auftretende Emilie, die hiermit zum Leitbild (nahezu) kunstloser Dichtung wird. Sie verweist mit ihrem rousseauistischen Namen zwar ebenfalls auf eine literarische Ahnenschaft, zugleich aber gerade auch auf eine andere literarische Form imaginierter Allsympathie. Diese unterscheidet sich von der Sterneschen »Sentimental Journey« in dem Maße, wie deren Programm der Literarizität von Wahrnehmung der Reise Thümmels zum Paradox wird. Zu den genannten Einzelaspekten ausführlich Gerhard Sauder: Der reisende Epikureer. Studien zu Moritz August von Thümmels Roman »Reise in die mittäglichen Provinzen von Frankreich«. Heidelberg 1968, S. 139 ff.

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  16. Gerhard Sauder: »Sentimental Journey« und die »Empfindsamen Reisen« in Deutschland. — In: Reise und soziale Realität am Ende des 18. Jahrhunderts. Hrsg. von Wolfgang Griep u. a. Heidelberg 1983, S. 302–319, hier bes. S. 314ff. Zur nachgerade politischen Bedeutung der — parodistischen

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  17. Darstellung reisender Engländer in der »Reise von München nach Genua« (Kapitel VIII und XXVII) René Anglade: Die Engländer in der Hofkirche. — In: Euphorion (78) 1984, S. 415–435 und weiterhin Werner [Anm. 12], S. 27 und 30 zur Bedeutung des reisenden Engländers als »Bildungsphilister«. Der Engländer selbst ist damit auch eine typische, nicht aber schon poetologische Figur, die hier nicht ohne weiteres mit Sterne, Tristram oder Yorick gleichgesetzt werden darf.

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  18. Vgl. außerdem DHA VII, 55 und 58. Auf die Bedeutung baulicher Ideale zum Aufbau der textuellen Tektonik (der Kapitelfolge) hat unlängst Wolfgang Groddeck hingewiesen: Heinrich Heines »Reise von München nach Genua« als Paradigma einer›modernen‹, nachromantischen Poetologie. — In: Konzepte der Moderne. DFG-Symposion 1997. Hrsg. von Gerhart von Graevenitz. Stuttgart/Weimar 1999, S. 350–366.

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  19. Die motivische Konstanz toter Frauen, weiblicher Statuen u. ä. in den Texten Heines ist wohlbekannt. Manfred Windfuhr spricht (im Kommentar der »Florentinischen Nächte«, aber mit ausdrücklich allgemeinem Anspruch) von einem »Leitmotiv bei Heine« (DHA V, 965, mit weiteren Hinweisen) und zieht (ebd., 969 f.) für das Motiv der toten Maria folgendes Fazit: »In der Heine-Literatur ist die Deutung des Motivs kontrovers: sie reicht von autobiographischen Interpretationen (vgl. DHA VI, 810) über die Klassifikation als›Werther-Syndrom‹ (vgl. DHA VII, 865) bis zur Inanspruchnahme für die Genese von Heines Pantheismus (Espagne [Anm. 3]).« Eine umfassende Arbeit über die poetologische Bedeutung toter Frauen bei Heine gibt es meines Wissens nicht, Ansätze zu einer solchen Betrachtung gibt Bronfen mit ihren Bemerkungen zu den »Florentinischen Nächten« in dem Nachwort ihrer Textsammlung Elisabeth Bronfen (Hrsg.): Die schöne Leiche. München 1992, hier: S. 394 ff. Die zentrale Bedeutung der toten Maria für die »Reise von München nach Genua« ist freilich wiederholt bemerkt worden; siehe neben Windfuhr auch das Resümee Hildebrandts [Anm. 2], S. 144 f. Im Unterschied und in Ergänzung zu den bisherigen Deutungen soll die Bestimmung von Marias poetologischem Ort hier einhergehen mit einer Beachtung der Gattung Reisebericht, der sie entstammt, und einer genauen Untersuchung der Topik, die sie umgibt.

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  20. Vgl. Geiger: Leichenwache. — In: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Hrsg. von Hanns Bächtold-Stäubli. Berlin/Leipzig 1933, Bd. V, Sp. 1105–1113, hier: 1112f.

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  21. sowie Katrin Seidel: Die Kerze. Motivgeschichte und Ikonologie. Hildesheim 1996, bes. S. 108 ff.

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  22. Sterne [Anm. 3], S. 114. Damit ist die »Sentimental Journey« ausdrücklich auch Gegenmodell rein rationalistischer Bücher (»all the books with which materialists have pester’d the world« wie es an dieser Stelle weiter heißt); in deutlicher Anlehnung hieran die »jämmerlich[e]« Weinseligkeit in Johann Gottlieb Schummel: Empfindsame Reisen durch Deutschland, 2. erw. Aufl. Wittenberg/Zerbst 1771, Bd. I, S. 237 f. Zu der poetologisch-medialen Bedeutung der vielen Tränenström des 18. Jahrhunderts siehe Albrecht Koschorke: Körperströme und Schriftverkehr. Mediologie de 18. Jahrhunderts. München 1999.

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  23. Zusammenfassend Jochen Vogt: Aspekte erzählender Prosa. Eine Einführung in Erzähltechnik und Romantheorie. 8. durchges. und aktual. Aufl. Opladen 1998, S. 29–40.

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  24. Dazu Raymond Immerwahr: Romantisch. Genese und Tradition einer Denkform. Frankfurt a. M. 1972.

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  25. Vgl. Marias Martinez und Michael Scheffel: Einführung in die Erzähltheorie. 4München 2003, S. 119 ff.

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  26. Heinrich Lausberg: Handbuch der literarischen Rhetorik. 3Stuttgart 1990, § 826.

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  27. DHA VII, 15, 62, 70, 71; häufig wird die Parenthese dabei gebraucht, um den Sprecher eines Satzes anzuzeigen: DHA VII, 19, 22, 28, 34, 59, 67, 71. -Auf den Begriff »Einschließungszeichen« bringt Adelung diese Funktion: Johann Christoph Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der hochdeutschen Mundart. 2. vermehrte und verbesserte Aufl. Leipzig 1796, Bd. II, S. 463.

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  28. Zur systematischen Eingehundenheit der Typographie bei Sterne auch Rudolf Nink: Literatur und Typographie. Wort-Bild-Synthesen in der englischen Prosa des 16. bis 20. Jahrhunderts. Wiesbaden 1993.

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  29. Zu dem berühmten Kapitel der »Ideen« wäre manches zu sagen. Einiges davon ist bereits angemerkt worden; vgl. bes. Joseph Anton Kruse: Heines Gedankenstriche:›Auslassungen‹ zur Politik und zur Liebe. — In: Gedankenstrich. Gedichte — Bilder — Essays. Hrsg. von Joachim Rönneper. Giessen 1992, S. 35–37. Meine Deutung liefe — kurz und verkürzt gesagt — darauf hinaus, die ikonische Bedeutung der Gedankenstriche als Zensurstriche noch stärker zu betonen. Anders als bei Sterne an vergleichbarer Stelle (immer wieder — z. B. von Vacano [Anm. 12], S. 45 und DHA VI, 790 und 830 f. — genannte Bezugsstelle ist Sternes »Tristram Shandy« (VI.14)) sind damit nicht Aussparungen in die Rede gesetzt, sondern es sind vielmehr umgekehrt die Zensurstriche, die von wenigen Worten unterbrochen werden. Erst die Ikonizität der Buchseite schafft die Prädikation, erst ihr Abbildcharakter für zensorische Verstümmelung lässt die wenigen, verbleibenden Worte zur prägnanten Benennung der damit ersichtlichen Geistesarmut werden.

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Lennartz, R. (2005). Marias Epitaph Eine poetologische Überlegung zu Heines »Reise von München nach Genua« mit Blick auf Sterne . In: Kruse, J.A. (eds) Heine-Jahrbuch 2005. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-00154-2_1

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-00154-2_1

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