Zusammenfassung
Mit der Haltung eines Zuschauers hat Wieland seine Anteilnahme an der Französischen Revolution verglichen [2] und somit zugleich die Grenzen gezogen, innerhalb deren nach der Motivation seiner politischen Schriften zu fragen war. Diese bleiben folgenlos für die Akteure des »Schauspiels« Revolution, wie sehr auch der interessierte Betrachter sie auf die Rolle verpflichten möchte, die sein eigenes Verhältnis zur Wirklichkeit bestimmt.
Ruhe und Ordnung werden gestört ist das Schreckwort, womit man alle politischen, kirchlichen und Schulverbesserungen, wozu die Zeiten nicht reif werden, gern niederschlagen möchte. Ist denn aber das Verkehrte gut, wenn es nur ordentlich geschieht? [1]
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Anmerkungen
Ernst Friedrich Trapp; zit. nach Helmut König (Hrsg.), J. H. Campe: Briefe aus Paris, Berlin 1961; S. 30. Trapp war Mitarbeiter des von Campe edierten Braunschweigischen Journals, das ab 1793 als Schleswigsches Journal erschien und sich »immer mehr zu einem bedeutenden Organ der deutschen Anhänger der Französischen Revolution« entwickelte. (H. König; ebd.; S. 31)
u. a. AA I 15; S. 503
cf. Droz, a. a. O.; S. 48
H 35; S. 249
So vor allem in seinem »Sendschreiben« (Januar 1792) an den Kieler Professor der Philosophie, Martin Ehlers. »Beruhigen Sie sich […], mein verehrter Freund, und seyn Sie versichert, daß sie den Schmerz nie erleben sollen, mich an der guten Sache der Menschheit zum Verräther werden zu sehen. Aber — ist denn diese gute Sache mit der Französischen Revoluzion einerley? oder ist es so ausgemacht, daß die Sache der letztern eine gute Sache, eine Sache ist, für welche alle wahren Kosmopoliten und Freunde der Menschheit Partey nehmen müßten? Erlauben Sie mir, daß ich mich hierüber in möglichster Bestimmtheit gegen Sie erkläre.« (AA I 15; S. 412)
Die Überzeugung der französischen Nation, »daß es besser für sie sey, die königliche Würde ganz abschaffen«, hält er für einen »täuschenden Gedanken«. (AA I 15; S. 731)
Es sind die Bedenken, die er in seiner »Unterredung« vom August 1789 »über die Rechtmäßigkeit des Gebrauchs, den die Französische Nazion dermalen von ihrer Aufklärung und Stärke macht«, dem monarchisch gesinnten »Adelstand« in den Mund legt und später z. T. wörtlich als Argumente gegen die Republik wiederholt.
So aber auch schon früher: »Seit Mirabeau’s Tod und dem 18ten April [1791], muß es auch dem partheylosesten Zuschauer zuwider seyn, nur ein Wort weiter über die französische Revoluzions-Händel zu verlieren.« (AA I 15; S. 389)
cf. AA I 15; S. 474
AA I 15; S. 333
AA I 15; S. 334
AA I 15; S. 745
AA I 15; S. 434
H 24; S. 68. Die von Wieland so emphatisch in literarischer Einkleidung und unverhüllt vorgetragene Kritik am kurzsichtigen Egoismus der Reichen und Mächtigen (H 24; S. 28 ff. und H 9; S. 94) endet dort, wo sie die Rechtsordnung selbst, die diesen die Sicherheit des Eigentums garantiert, in Frage stellen müßte. Er kann in dieser Angelegenheit eigenes Interesse durchaus nicht verleugnen (s. AA I 15; S. 483). Schon 1789 ist er »nicht wenig für die Folgen besorgt«, die aus der Erklärung der Menschenrechte »ganz natürlich entspringen dürften«, und möchte ihre Anwendung auf Frankreich eingeschränkt wissen (AA I 15; S. 319 f.). Denn wer steht dafür ein, daß die »Unglücklichen, die nichts als das nackte Leben zu verlieren haben« (AA I 15; S. 749) die Menschenrechte, die ihnen »so deutlich und nachdrücklich […] eingeschärft worden sind« (AA I 15; S. 319), nicht einseitig zu ihren Gunsten auslegen und nach dem Angriff auf die Privilegien des Adels und Klerus vor dem bürgerlichen Vorrecht des Besitzes halt machen werden. (s. AA I 15; S. 440)
cf. AA I 15; S. 435, Anm. »Das Bürgertum, die Majorisierung durch die »begehrliche Masse« fürchtend, biegt die Idee der Volkssouveränität um zum »Liberalismus« mit einer feinen Veränderung der ursprünglich naturrechtlichen Gleichheitsidee im Konkurrenzkampf mit dem als »natürlich« anerkannten Siege des Stärkeren.« (Kofler, Zur Geschichte der bürgerlichen Gesellschaft; S. 434)
AA I 15; S. 435, Anm. »Wenn in den Zeitschriften des ausgehenden achtzehnten Jahrhunderts vom Adel gesprochen wird, ist der regierende Hochadel ausgeschlossen. Als Regent tritt er wohl auf die Bühne der Erörterungen. Aber im Bewußtsein der Schriftsteller und ihrer Leser ist mit Fürst nicht der Inhalt Adel verbunden. Fürst ist allzusehr Herrscher, um noch als Glied einer Korporation Adel empfunden zu werden.« (J. Schultze, Die Auseinandersetzung zwischen Adel und Bürgertum; S. 9)
cf. H 24; S. 69. »Ja, es ist kein Zweifel, daß die Meisten, wenn sie dürften, die ganz einfältige Überlegung machen würden, sie könnten sich diese Mühe [der Arbeit — B. W.] ersparen, wenn ihrer Etliche zusammenträten und sich Deines Vermögens mit Gewalt bemächtigten. Was anders sichert Dich gegen diese Gefahr als die bürgerliche Polizei und der Schutz des Gesetzes.«
H 33; S. 364
Es sei, schreibt Wieland, »unläugbar […], daß bloß aus dieser Ungleichheit […] nach und nach eine unzählige Menge von Partikular- und Individualübeln entspringen«. (AA I 15; S. 319)
H 33; S. 352
AA I 15; S. 319
AA I 15; S. 333
cf. W. Monecke, a. a. O.; S. 160
AA I 15; S. 774
s. H 33; S. 346 f. »Die zugrunde liegende, aber abstrakt gehaltene Bestimmung der Freiheit hat zur Folge, daß […], wie die Menschen einmal seyen, man mit weniger Freiheit vorliebnehmen müsse, so sehr, daß die monarchische Verfassung unter diesen gegebenen Umständen und dem moralischen Zustande des Volkes noch die nützlichste sei.« G. W. Fr. Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte; S. 79
»Die Gesetzgebung, die Staatsverwaltung und die Polizei« sind zwar »allenthalben voller Mängel und Gebrechen«, aber die Menschen wären »ohne eben diese Gesetze, Staatsverwaltungen und Polizei noch weit schlimmer und unglücklicher«. (H 3; S. 222)
cf. Schravesande, a. a. O., S. 127. »Wielands Zeitgebundenheit […] wird aber besonders dadurch bezeugt, daß er in idealisierter Form tatsächlich vorliegende Verhältnisse übernimmt, von denen er nicht zu empfinden scheint, daß sie prinziziell von den Theorien der Aufklärung […] abweichen.«
s. AA I 15; S. 412
Auf diesen Widerspruch macht auch Ehlers aufmerksam: »Und sie sagen mit Recht«, hält er Wieland entgegen, »daß Völker, die nicht gedrückt werden, auf keine Weise geneigt zu Insurrekzionen sind, sondern vielmehr […] sich lange bis zur äußersten Not drucken lassen, ehe sie Unruhen anfangen.« (NTM 1792 II 7; S. 235)
cf. AA I 15; S. 597 f.
s. H 33; S. 96 f.
AA I 15; S. 334
s. AA I 15; S. 402
s. o. Kap. IV, Anm. 161
Nach Wielands Ausführungen stellt der Adel eine Menschengruppe dar, »die a priori zu der Leitung der Gesamtheit berufen und fähig wäre. Diese Klasse wäre demnach eine besondere Erscheinungsform des Menschen. In diesem Widerspruch zu der vernünftigen Überzeugung von der menschlichen Wesensgleichheit tritt aber die Zuversicht auf die Allmacht der Erziehung vermittelnd auf. Diese solle den Adel, wie den Fürsten, […] zu seinem hohen Beruf vorbereiten.« (Schravesande, a. a. O.; S. 128)
»Sollte man nicht denken, Wahrheiten, von denen […] bewiesen wird, daß es Wahrheiten sind […], müßten nun — wenigstens von allen, die nicht ein handgreifliches Interesse haben, sich ihnen entgegen zu setzen — allgemein anerkannt werden, und tausendfache Früchte tragen?« (AA I 15; S. 112 f. — Hervorhebung von mir — B. W.)
cf. AA I 15; S. 114
AA I 15; S. 485
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Weyergraf, B. (1972). Zusammenfassung und Schluß. In: Der Skeptische Bürger. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-00004-0_5
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