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Die Revolution aus der Perspektive des Humoristen

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Book cover Der Skeptische Bürger
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Zusammenfassung

»Allein Der ist glücklich, sagt Epiktet, der, was die Nothwendigkeit gebietet, gern thut. Mit dieser Lebensphilosophie bin ich immer ausgekommen.« [2] Wieland bekennt sich mit diesem gesprächsweise geäußerten Grundsatz stoischer Lebensweisheit 1797 noch einmal ausdrücklich zu einer Philosophie, mit der aus der Not, aus erzwungener politischer Enthaltsamkeit, sich eine Tugend machen läßt. Allerdings nur für jene, die immerhin dabei noch ihr Auskommen so weit finden, daß sie die »cyklopischen Grundsätze«, nach denen sie regiert werden, einsehen können, ohne an ihnen Anstoß nehmen zu müssen.

Der unpolicirte Mensch ist nur so lange gut, bis eine Leidenschaft in ihm erregt wird, und alle seine Leidenschaften sind gewaltthätig, stürmisch und unbändig; seine Vernunft vermag wenig und meistens nichts über seine animalischen Triebe. [1]

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Anmerkungen

  1. H 33; S. 370

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  2. Böttiger, Literarische Zustände I; S. 204

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  3. H 37; S. 199

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  4. ebd.

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  5. cf. R. Götte

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  6. Sehr früh schon, noch in der Schweiz, entwarf Wieland ein pädagogisches Programm unter dem Titel Plan einer Academie zu Bildung des Verstandes und des Herzens junger Leute (1758) in dem er das Virtuoso-Ideal Shaftesburys, »Redlichkeit«, »Simplizität«, »Größe der Seele«, zum pädagogischen Ziel erhebt. cf. Sengle, S. 107

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  7. »Das Schöne […] lieben wir aus einem innern Vorzug unserer Natur vor der blos thierischen; denn unter allen Thieren ist der Mensch allein mit einem zarten Gefühl für Ordnung, Sch önh eit und Grazie begabt. Daher kommt es, daß er desto vollkommener, destomehr Mensch ist, je ausgebreiteter und inniger seine Liebe zum Schönen ist, und je feiner und sicherer er durch die bloße Empfindung die verschiedenen Grade und Arten des Schönen zu unterscheiden weiß. Eben darum ist’s auch blos das Schöne, in Künsten sowol als in Lebensart und Sitten, was den geselligen, entwickelten und verfeinerten Menschen von dem Wilden und Barbaren unterscheidet.« (H 31; S. 36) Schöngeistiges Raffinement, Feingefühl und gutes Benehmen, die Visitenkarte wird hier zum Erkennungszeichen des Menschlichen überhaupt gemacht. Einen Hang zum »Vornehmen« können wir »in jenem Zeitraum bei weiten Schichten feststellen«. (cf. H. Weil, Die Entstehung des deutschen Bildungsprinzips; S. 8)

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  8. Im Gegensatz zu den wenigen, die sich Muße leisten konnten, hatte die große Masse zu viele Privatsorgen, um sich um »höhere Dinge« kümmern zu können. Für Wieland ist dies ein Grund, um sie von der Politik überhaupt auszuschließen. Reinhold, Kantschüler und Schwiegersohn Wielands, läßt den Mittelstand »auf eine weit unschädlichere Art« als den Adel an die »Macht des Staates« gelangen. Er »nähert sich diesem Ziele auf einem edleren Wege«. (NTM 1792 I; S. 229) »Von dem Übermuth und der Hartherzigkeit der Unterdrücker, und von dem Sklavensinn und der Rachsucht der Unterdrückten, von Armuth und Reichthum, vom Adel-, Pfaffen- und Bauernstolz gleich weit entfernt, ist diese Klasse durch kein persönliches Interesse weder für noch gegen was immer für eine der bisherigen Verfassungen, philosophischen Hypothesen, und herrschenden Vorstellungsarten eingenommen. […] die Erzieherinn der Menschheit scheint alles darauf angelegt zu haben, daß die weltbürgerliche Gesinnung, zu welcher sich in den übrigen Ständen nur selten ein außerordentlicher Genius emporschwingt, nach und nach die natürliche Sinnesart der Selbstdenker aus dem Mittelstande werden solle.« (ebd.; S. 240 f.)

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  9. Wieland definiert sie als Bündnispartner der Französischen Revolution und kommt so zu einer sehr richtigen Einschätzung der Sozialrevolutionären Ziele ihrer radikalen Vertreter und Führer. Diese »rechnen als Leute, welche die beste Gelegenheit haben, das im engern Verstande so genannte Volk, den rohesten und ärmsten Theil desselben, vollkommen kennen zu lernen«. (AA I 15; S. 584) Jakobiner und Sansculotten sind untrennbar miteinander verbunden. Sie sind die Partei der plebejischen Massen, denen sie ihre Macht allein verdanken. Aber eben das macht sie Wieland so suspekt. Ihre wenigsten auf zwei Drittel der Bevölkerung Frankreichs sich stützende Macht wird als bedrohlich empfunden. »Sechzehn Millionen Sankülotten (denn so stark kann man sie, Weiber und Kinder mit eingeschlossen, aufs wenigste sicher rechnen) geben den Jakobinern ein furchtbares Übergewicht.« (AA I 15; S. 609) »Was sie [die Girondisten — B. W.] ausrichten wollen, müßten sie durch Sankülotten ausrichten: aber auf diesen kann niemand, der seinen Arm gegen die Jakobiner aufhebt, auch nur einen Tag sicher rechnen; […] Ich wiederhole es: es ist so, weil es nicht anders seyn kann. Jakobiner und Sankülotten sind Correlata. (ebd.; S. 609 f.)

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  10. Angst vor schwindender Lebenskraft bestimmt das bürgerliche Bewußtsein dieser Zeit wie kaum etwas anderes und wird zum Anlaß einer ausgedehnten Diskussion ihrer Ursachen, der sich auch Wieland nicht entziehen kann. Cf. seinen Aufsatz: »Über die vorgebliche Abnahme des menschlichen Geschlechts.« (H 31; S. 151)

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  11. AA I 15; S. 171

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  12. AA I 15; S. 574

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  13. AA I 15; S. 617

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  14. ebd.

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  15. AA I 15; S. 389

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  16. AA I 15; S. 579

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  17. ebd.

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  18. »Auch Wieland hat bei der Gemeinschaft den Organismus-Gedanken: Unterordnung der Teile unter das Ganze.« L. Stettner, Das philosophische System Shaftesburys und Wielands Agathon; S. 181

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  19. »Es handelt sich um eine verhältnismäßig kleine Schicht, die weit über das ganze Gebiet verstreut und daher in hohem Maße und in eigentümlicher Form individualisiert ist. Sie bildet keineswegs etwa wie die höfische Gesellschaft einen geschlossenen Verkehrskreis, eine »Society«. Sie setzt sich vorwiegend aus Beamten, aus Staatsdienern im weitesten Sinne des Wortes zusammen, also aus Menschen, die direkt oder indirekt ihre Einkünfte vom Hofe bezogen, ohne selbst, von wenigen Ausnahmen abgesehen, zur höfischen »guten Gesellschaft«, zur aristokratischen Oberschicht zu gehören. Es ist eine Intelligenzschicht ohne breites bürgerliches Hinterland. Das kommerzielle Berufsbürgertum, das der schreibenden Intelligenz als Publikum dienen könnte, ist in den meisten Staaten Deutschlands im 18. Jahrhundert noch relativ wenig entwickelt. Der Aufstieg zum Wohlstand beginnt erst in dieser Zeit. Die schreibende, deutsche Intelligenz schwebt also in der Luft. […] Raum für politische Aktivität, für politische Zielsetzung ist dieser Schicht kaum gegeben.« N. Elias, Über den Prozeß der Zivilisation I; S. 31 f.

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  20. ebd.; S. 27

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  21. AA I 15; S. 214

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  22. Als einer der zahlreichen Belege für die Identifizierung des Despotismus mit Maßlosigkeit sei hier eine Stelle der »Geschichte des weisen Danischmend und die drei Kalender« zitiert. Die Sultane sind nur zu einer »einzigen Art von Thätigkeit« fähig: »allen Ausschweifungen einer viehischen Sinnlichkeit. Stolz ohne Gefühl für Ehre und Nachruhm, wollüstig ohne Geschmack, […] waren sie bei allem Anschein von Größe und Herrlichkeit selbst die Elendsten unter Allen, deren Elend ihr Werk war.« (H 20; S. 77)

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  23. Man vergleiche nur zu diesem Punkt die zahlreiche Literatur, mit der ein Bürgertum die Wünsche, deren Ausführung ihm verwehrt war, auf einen Stand projizierte, dessen der öffentlichen Kontrolle entzogene Lebensweise hinter den Mauern der Klöster diesem Mechanismus allerdings entgegenkam. Es sei hier nur auf einen Titel aus der zahlreichen Buchproduktion, die dieses Genre hervorgebracht hat, hingewiesen. In der Geschichte der Männer ohne Hosen, oder Franz von Assis. Ein Roman (1788) wird über die Franziskaner und die Bettelorden insgesamt in einer Weise hergefallen, daß ihr Rezensent in der »Allgemeinen Deutschen Bibliothek« nicht umhin kann, einige Korrekturen anzubringen. »So verdienstvoll jede Bemühung ist, dem verblendeten Theil der Menschen die Augen über sie zu öffnen; so können wir doch die Art und Weise, wie der Verf. dieses Buchs gegen sie zu Felde zieht, und die Waffen, deren er sich bedient, nicht billigen. […] Franz war ein schwacher, blödsinniger Kopf, ein Schwärmer, unreinlich und cynisch aus mißverstandenen Begriffen von Frömmigkeit und Demuth — aber ein ausschweifender, wollüstiger, üppiger, boshafter, niederträchtiger Mensch war er nicht.« (ADB 1790 Bd. 94; S. 621) Diese Rezension ist zugleich interessant, weil sie zeigt, wie sich die Denunziation des Fremdartigen von außen nach innen verlagert, indem sie unter dem Vorwand, ihren Gegenstand vor ungerechten Angriffen zu schützen, dem Denunzierten die in der bürgerlichen Ethik so sehr geschätzte Verstandesfähigkeit auch noch abspricht; und dies alles im Bewußtsein der Unfehlbarkeit. Von einer aufstrebenden handeltreibenden Bourgeoisie, als deren Interessenvertreter der Rezensent hier erscheint, wurde die alte christliche Moral der Demut und Frömmigkeit zum alten Eisen geworfen. Zu ihrer konsequenten Praxis kann sich nur ein Schwachkopf bekennen. Diese »Moral schrieb vor, seinen Nächsten zu lieben wie sich selbst. Wie sollte der Kaufmann aber Geschäfte machen, wenn er seine Lieferanten, seine Kunden, seine Konkurrenten und vollends seine Arbeiter wie sich selbst geliebt hätte. […] Die Moral verlangte, daß sich der Kaufmann an den »gerechten« Preis hielt. […] Es blieb dem Kaufmann nichts anders übrig, als die alte Moral aufzugeben und sich eine neue Moral zurechtzustutzen.« (Balet, a. a. O.; S. 121) In seinem »Oberon« läßt Wieland in Anwesenheit des »aus voller Brust« lachenden Hüon Nonnen und Mönche einen Satyrtanz aufführen: Bald faßt die […] Wut den ganzen Klosterstand, Ein jeder Büßer nimmt sein Nönnchen bei der Hand, Und ein Ballet beginnt, wie man so bald nicht wieder Eins sehen wird. Die Schwestern und die Brüder sind keiner Zucht noch Regel sich bewußt; Leichtfert’ger kann kein Faunentanz sich drehen. (H 5; S. 27)

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  24. cf. AA I 15; S. 435, 476, 478, 558 f.

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  25. Wir finden 1795 wie schon in der zweiten Hälfte des vorangegangenen Jahres keinen direkten öffentlichen Kommentar Wielands zu den politischen Ereignissen. Wieland ergreift immer seltener das Wort in seiner Zeitschrift. Dies kam seinem Bedürfnis nach Ruhe entgegen. »Das Jahr der ‚Gespräche unter vier Augen’ (1798) abgerechnet, läßt sich sein Rückzug in einer Kurve überschauen, die deutlich macht, daß 1793 von den 12 Heften 5, 1794 schon 6, 1795–1797 je 8, 1799 gar 11 Hefte ohne einen Beitrag des Redakteurs erschienen.« »Sein eigenes Journal hielt er vorsichtig rein von allem, was irgend eine Reibung hervorrufen konnte.« (H. Wahl, a. a. O.; S. 240 f.)

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  26. An Herder, 9. Januar 1795, AB, Bd. 4; S. 35 f.

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  27. cf. das Kapitel »Die Spannung zwischen Weltleben und Idylle« bei W. Monecke, Wieland und Horaz; S. 22 ff.

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  28. In Anlehnung an die Antike definiert Wieland Humanität als »die Perfektibilität des ganzen Menschen nach Seele und Körper, Alles, was durch unendliche Stufen vervollkommnet, den Menschen über die Thierheit erhebt, Bildungsfähigkeit und reiche Ausbildung des Körpers durch Gymnastik, Musik, schöne Künste, der Seele durch Geschichte, Poesie (humaniora) usw.« und rügt Reinholds willkürliche Unterscheidung der Begriffe »Humanität, Menschlichkeit und Menschheit«. (Böttiger, a. a. O., Bd. I; S. 174 f.) Die Vernunft soll das als gerecht Erkannte verwirklichen. »Der Zweck dieser Gesinnung ist die Herstellung eine Form des gesellschaftlichen Lebens, welche einem jeglichen die vollständige Gelegenheit zur Entwicklung seiner Persönlichkeit bietet, was nach Überzeugung des Aufklärers auf die Gesellschaft hinwiederum nur fördernd wirken könnte. In diesem Sinne betrachtet auch Wieland die durch die Vernunft begründete, von der Menschenliebe geläuterte Gerechtigkeit als das Ziel und die Vollkommenheit des edelsten Teiles der menschlichen Natur, dessen Ausbildung die Aufklärung wie die Erziehung bezwecken.« (Schravesande, a. a. O.; S. 38) Es ist verständlich, daß »für eine größere Masse […] dieses Edelste […], die Einsicht in einen edlen und ewigen Besitz der menschlichen Gattung« — von Wieland als die Erhebung zum »großen Begriffe des Ganzen« definiert — »nicht der hohe Aufschwung der Vernunft bis zur Berührung mit dem göttlichen Denken« sein kann, sondern »vielmehr eine gläubige Empfindung«. (ebd.; S. 43 f.) Nicht immer ist, wie Schravesande noch meinte, »der Stoizismus der Aufklärung durch das Christentum [so] hindurchgegangen«, daß seine elitäre Funktion unter veränderten, aber subjektiv ähnlich empfundenen gesellschaftlichen Verhältnissen nicht hätte aufgegriffen werden können. Auch Wieland ist die »stolze Höhe« nicht fremd, die der Weise erringt, »ohne daß er sich irgendwie veranlaßt fühlt, eine ungebildete, solcher Einsicht unfähige Masse zu dieser sittlichen Freiheit zu erziehen«. (ebd.; S. 25)

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  29. H. J. Haferkorn, Der freie Schriftsteller; S. 529

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  30. H 32; S. 10

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  31. AA I 15; S. 634, Anm.

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  32. Böttiger, a. a. O., Bd. I; S. 204

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  33. ebd.; S. 157

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  34. H 12; S. 228

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  35. H 12; S. 229

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  36. ebd.

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  37. R. Götte, S. 6 f.

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  38. H 12; S. 227

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  39. ebd.

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  40. AA I 14; S. 432. »Wer sich selbst auch fähig fand, die Binde des Glaubens von seinen Augen zu nehmen, und reif, die Predigt der Kirche zu entbehren, der wollte darum nicht auch die Unmündigen und die am Geiste Armen mit sich reißen«. (G. Gervinus, Geschichte der deutschen Dichtung, Bd. 5; S. 301)

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  41. AA I 14; S. 432

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  42. AA I 15; S. 525, Anm.

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  43. »Man weiß aus Shaftesburys Charakteristik, […] daß man in jedem Menschen zwey Seelen, eine bessere (d.i. die vernünftige) und eine schlechtere (d. i. die unvernünftige) annehmen kann, die ein ganz entgegensetztes Interesse haben, und nicht selten scharf an einander kommen«. (AA I 15; S. 365) Daß dieser Dualismus ein für alle Mal feststehe, die »selbstische Seele mit der uneigennützigen« immer »im Streit sey«, ist ein Glaubenssatz Wielandscher Anthropologie. Er macht es ihm unmöglich, ernsthaft eine Verbesserung menschlicher Verhältnisse für denkbar zu halten. »Was uns so oft irre führt, ist, daß wir so gern eine Art von idealischen Menschen, Menschen wie sie seyn sollten, oder wie wir sie zu unserm Plane, zu unsern Absichten nöthig haben, an den Platz der wirklichen Menschen setzen. Diese letztern werden immer (und wenn die Götter selbst herab stiegen, ihnen die vollkommenste aller Konstituzionen zu geben) aus Xenofons zwey Seelen zusammengesetzt bleiben; immer wird in ihnen die selbstische Seele mit der uneigennützigen im Streit seyn.« (AA I 15; S. 430)

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  44. AA I 15; S. u. H 35; S. 251

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  45. J. Jacobs, Der Roman der schönen Gesellschaft; S. 70 f. Die Frage ist allerdings ob und wieweit gegen das schlecht Vorhandne »sich der vorwegnehmende Gegenzug mit einem bloß verschönerndem berührt. Besonders dann, wenn das bloß Verschönernde, obwohl es durchaus überleuchtet, über die Hälfte gar kein Gegenzug, sondern ein bloßes bedenkliches Polieren des Vorhandenen in sich hat. Und das mit keineswegs revolutionärem Auftrag dahinter, sondern mit apologetischem, mit einem also, der die Subjektivität mit dem Vorhandenen versöhnen soll.« E. Bloch, Das Prinzip Hoffnung, Bd. I; S. 164

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  46. AA I 15; S. 372

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  47. H 12; S. 230

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  48. Woran er Anstoß nimmt, daß »dieser Mann […] so üppig Tafel hält, ein solches Haus besitzt und solch ein Weib« (H 12; S. 231), ist gerade das, woran Tugend sich beweisen soll. Da das Normale ganz pragmatisch aus dem sich errechnet, was vorhanden, und das Vorhandene im Sinne einer Geschichtsauffassung, die dem Siegreichen absolutes Recht auf Existenz zuspricht, vernünftig ist, geht es auch nur um Lösungen von Zwang, nicht um Erlösungen aus dem Zwang. Zu diesem Aspekt Wielandscher Geschichtsbetrachtung vergl. J. H. Jacobi, a. a. O. und F. Sengle: Wielands »Meinung ist ganz einfach die, daß die Herrschaft des Stärkeren ein historisches Faktum ist, und, so sehr man auch darüber klagen mag, zu den Unvollkommenheiten dieser Welt gehört.« (F. Sengle, S. 441)

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  49. Nichts Schlimmeres als ein machtloser Herrscher. Exemplarisch soll er den Triebverzicht freiwillig leisten, zu dem den Bürger die Gesetze zwingen, wenn er sich zur Einsicht in die Notwendigkeit der Selbstbeherrschung aus freien Stücken nicht aufschwingen kann. Wieland läßt die Universalmonarchie Alexanders des Großen in dem Augenblick auseinanderbrechen, da dieser sich schwach zeigt, und seine zurückgedrängten Triebregungen als Affekte sich freisetzen, bei denen seine Schmeichler ihn fassen können. Die Moral: »Ein König kann kein Freund sein und kann keine Freunde haben.« (H 24; S. 96) Der Zusammenhang von Triebunterdrückung und Herrschaftsanspruch läßt sich für meine Absicht wohl kaum treffender belegen als durch ein von Wieland enthusiastisch begrüßtes Gedicht G. A. Bürgers: »Nur durch das einzige Lied Männerkeuschheit wird Bürger mehr zum Wohlthäter unsrer Söhne und Enkel werden, als wenn er ein dickes Buch voll der schönsten moralischen Dissertationen und Deklamationen über diese Materie geschrieben hätte.« (H 38; S. 429) Wer nie in schnöder Wollust Schooß Die Fülle der Gesundheit goß, Dem steht ein stolzes Wort wohl an, Das Heldenwort: Ich bin ein Mann! […] O schaut, wie er voll Majestät, Ein Gott, daher auf Erden geht! Er geht und steht in Herrlichkeit Und fleht um nichts; denn er gebaut […] Auf Nas’ und Stirn herrscht Machtgebot. Das Machtgebot, das drauf regiert, wird hui! durch seinen Arm vollführt. Denn der schnellt aus, wie Federstahl; Sein Schwerthieb ist ein Wetterstrahl. Das Roß fühlt seines Schenkels Macht, Der nimmer wanket, nimmer kracht. Er zwängt das Roß, vom Zwang entwöhnt, Er zwängt das Roß, und horch! es stöhnt. […] Sein glücklich Weib an seiner Brust, […] Frohlockend blickt sie rund umher: »Wo sind der Männer mehr, wie Er?« Fleuch, Zärtling, fleuch! Sie spottet dein. Nur Er nimmt Bett’ und Busen ein. So glänzt der Lohn, den der genießt, So das Geschlecht, das dem entsprießt, Der nie in schnöder Wollust Schooß Die Fülle der Gesundheit goß. (Gedichte von Gottfried August Bürger, Theil I; S. 149 f.)

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  50. H 12; S. 241

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  51. AA I 15; S. 214

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  52. H 12; S. 245

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  53. H 31; S. 174

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  54. H 12; S. 230

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  55. ebd.

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  56. »Wenn ein roher Klumpen — Gold ist, so benimmt ihm freilich seine Ungestalt nichts von seinem Werthe; aber doch ist der Klumpen nicht eher brauchbar, bis er eine Form hat.« Dieses »Glaubensbekenntniß über Materie und Form« wird von Wieland in unmittelbarer Analogie zur Wertbestimmung des Menschen herangezogen: ästhetische Kategorien werden mit ethischen in eins gesetzt. Es bleibt vorerst noch unentschieden, ob Lutz demnach »Gold« oder nur das »Stück Thon […] oder […] Klümpchen gekäut Papier« darstellen soll, von denen in dieser Erörterung menschlichen Werts die Rede ist. (H 31; S. 173)

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  57. H 12; S. 231

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  58. H 12; S. 229

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  59. H 12; S. 231

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  60. H 12; S. 232. In einer Gesellschaft, in der Ungleichheit als der unvermeidliche, jeder höheren Kultur inhärente Widerspruch erscheint und die krassen sozialen Gegensätze nur beklagt aber nicht aufgehoben werden können, muß Anteilnahme am Schicksal der Entrechteten den Charakter charitativen Mitleids annehmen. Wie dieses die Roheit einer antagonistischen Gesellschaft verbirgt und ihr den Schein der Gerechtigkeit verleiht, so schützt es zugleich auch vor dem, wofür Armut einsteht, den hemmungslosen Triebansprüchen, die den Umweg über anerkannte Formen der Befriedigung nicht einschlagen und ihn auf gefährliche Weise abkürzen möchten. Unter diesem Modell der Konfliktregelung, hinter dem sich die politische Existenz eines Bürgertums verbirgt, das durch Handel zu Wohlstand gelangte, wird auch die soziale Ordnung verstanden, für die in Frankreich gekämpft wird. In einem Brief der »Bürger von Frankfurt an den Fränkischen Bürger und General Cüstine«, den Wieland als »ein in seiner Art vielleicht einziges Aktenstück, daß der Verfassung und dem Regiment der Reichsstadt Frankfurt vor ganz Europa Ehre macht und für einen sehr richtigen Maßstab des Bürgerglücks unter einer weisen Regierung angesehen werden kann«, feiert und 1792 ins Septemberheft seiner Zeitschrift einrücken läßt, wird der mit den Revolutionstruppen vorrückende General belehrt, daß die Freiheit, die er zu bringen beabsichtige, schon lange genossen werde. »Wir sind alle glücklich, alle zufrieden. Aber unsere allgemeine Wohlfahrt hängt mit unserer glücklichen Verfassung und dem Wohlstand unserer reichern Mitbürger allzueng zusammen, als daß wir uns nicht für diese verwenden sollten. Denn wenn Sie, Herr General! unsern reichern Mitbürgern so viel Geld abnehmen, so sind wir, der Mittelstand und ärmere Bürger, mit gestraft, weil unser Handel, unser Gewerbe sinkt, und unser Verdienst abnimmt. Wir leiden alle darunter.« (NTM 1792 II; S. 446)

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  61. H 12; S. 233

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  62. H 32; S. 571

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  63. »Man kann ein Kind, das früh zur Reinlichkeit geneigt wird, als ein Kind von guter Hoffnung ansehen; wenigstens ist es ein Zeichen einer feineren Organisation und beinahe die erste Gelegenheit wo die Seele Gewalt über ihren Körper ausüben lernt. Es ist nicht zu sagen, von wie vielen Tugenden diese erste Entwicklung der Humanität der Keim ist.« (H 32; S. 571) In der Art, wie hier zentrale Begriffe der europäischen Bewußtseinsphilosophie genannt werden: der Begriff des Reinen und der Neigung, verweisen sie auf den Kontext, in dem sie bei Kant im Zusammenhang seiner Ethik auftauchen. Zum Problem der Herrschaft und Triebunterdrückung vergl. u. a. Erich Fromm: Autorität und Familie, passim.

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  64. AA I 15; S. 368

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  65. AA I 15; S. 638

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  66. H 12; S. 234

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  67. H 12; S. 235

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  68. H 12; S. 235 f.

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  69. H 12; S. 236

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  70. H 12; S. 237

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  71. H 12; S. 239

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  72. ebd.

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  73. Sengle, S. 460

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  74. H 12; S. 242

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  75. AA I 15; S. 171

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  76. »Die ewige Quelle aller Schimären und Trugschlüsse, wodurch halb aufgeklärte Köpfe und aufgeklärte Halbköpfe sich selbst und andre täuschen, ist die Verwechslung willkührlicher Abstrakzionen mit den wirklichen Dingen dieser Welt.« (AA I 14; S. 426)

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  77. H 20; S. 54

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  78. s. AA I 22; S. 44

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  79. H 9; S. 106

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  80. AA I 15; S. 171

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  81. AA I 15; S. 539

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  82. AA I 15; S. 427

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  83. AA I 15; S. 335

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  84. Vergl. zum Begriff ›Mittelstand‹ K. L. Reinholds oben (S. 122) zitierte Definition und Johanna Schultze: Die »auskömmliche, wenn auch spärliche und in gewißem Maß auch gesicherte Existenz bildet das Sonderungsmerkmal zu den unteren Ständen«. J. Schultze, a. a. O.; S. 21 f.

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  85. zit. nach H. Wahl, a. a. O.; S. 207 f.

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  86. K. Schnelle, Aufklärung und klerikale Reaktion; S. 198

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  87. »Nur wollte ich allenfalls rathen, ne quid Respublica detrimenti capiat — eine höchst unschuldige Einschränkung […] zu verfügen; und diese wäre: das sehr weise Strafgesetze der alten Kaiser des ersten und zweiten Jahrhunderts gegen die heimlichen Konventikel und geheimen Verbrüderungen zu erneuern, und dem zu Folge allen, die nicht berufen sind, auf Kanzeln und Kathedern zu lehren, kein anderes Mittel zur beliebigen Aufklärung der Menschheit zu gestatten als die Buchdruckerpresse.« Und auch hier schon der Verdacht, der die Übereifrigen des Wahnsinns bezichtigt: »Ein Narr, der in einem Konventikel Unsinn predigt, kann in der bürgerlichen Gesellschaft Unheil anrichten: ein Buch hingegen […] kann heut zu Tage keinen Schaden thun«. (H 32; S. 198)

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  88. zit. nach K. Schnelle, a. a. O.; S. 200

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  89. Er verwirft allerdings im Namen des gesunden Menschenverstandes auch schon zu dieser Zeit (1771) eine Gesellschaftskritik, die sich über das Gebot der Schicklichkeit hinwegsetzt: »ich verwerfe wie […] alle Leute, die die gleiche Gesinnung haben, die Persiflage, die einige moderne Autoren, besonders französische charakterisiert. Aber ich mache einen großen Unterschied zwischen ebendieser Persiflage (von der der große Voltaire selbst nicht völlig frei ist) und jener wahrhaft sokratischen Philosophie, die die falschen Tugenden entlarvt«. (zit. nach K. Schnelle, a. a. O.; S. 200)

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  90. H 32; S. 25

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  91. Wielands Vorrede zu: J. H. Meister, Von der natürlichen Moral; S. XIII. Dagegen wäre eine Position zu halten, die Wieland jedoch aus den besagten Gründen nicht uneingeschränkt gelten lassen kann: »Die Vorstellungen, Begriffe, Urtheile und Meinungen der Menschen werden aufgeklärt, wenn das Wahre vom Falschen daran abgesondert, das Verwickelte entwickelt, das Zusammengesetzte in seine einfachem Bestandteile auflöst, das Einfache bis auf seinen Ursprung verfolgt und überhaupt keine Vorstellung oder Behauptung, die jemals vom Menschen für Wahrheit ausgegeben worden ist, ein Freibrief gegen die uneingeschränkteste Untersuchung gestattet wird.« (H 32; S. 196 — Hervorhebung von mir — B. W.)

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  92. AA I 15; S. 167

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  93. Lessing, Werke (Muncker) XVII; S. 298

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  94. Wie nahe Wieland hiermit den Feinden der Aufklärung und späteren erbitterten Revolutionsgegnern vom Schlage eines Starck, Göchhausen oder Eckartshausen kam, zeigt der Vergleich. Starck schreibt: … »daß mit der Existenz der christlichen Altäre in Europa auch die Existenz der europäischen Thronen in unzertrennlicher Verbindung stehe«. Und ganz ähnlich vor ihm Eckartshausen: »Wie kühn ist es daher gewagt, das Christentum öffentlich anzugreifen! Ruht nicht auf seinen heiligen Säulen die Sicherheit der Fürsten, das Wohl der Staaten? […] Ja, so ists, ihr Mächtigen der Erde! es existiert wirklich ein Schwarm von Feinden der Offenbarung, der euch gefährlicher ist, als alle ausländischen Feinde sind. […] Ihr Plan […] ist entworfen, um euch mit der Zeit eure Thronen zu rauben (…).« Und der Schweizer Jesuit Joseph Anton Weißenbach schreibt: »Die Regenten wissen ja am besten, daß das Wohl ihrer Staaten von dem Eifer für die Religion unzertrennlich ist: und daß die Unterthanen, die einmal gewöhnt werden, die allerhöchste Gewalt nimmer zu achten, ihrer geringen, kurzen, geliehenen Macht nur spotten werden. Sie wissen, daß die Ruchlosigkeit zu allen Zeiten die Throne erschüttert hat«. (Weißenbach: Der letzte Vorboth des Neuen Heidenthums; S. 33). Man vergleiche auch Burkes Betrachtungen in der Gentzschen Übersetzung (Hohenzollern 1794, I; S. 243) (s. Valjavec, a. a. O.; S. 303, Anm.)

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  95. AA I 15; S. 167

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  96. H 32; S. 201

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  97. H 32; S. 205

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  98. AA I 15; S. 391

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  99. AA I 22; S. 138

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  100. AA I 22; S. 536

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  101. H 37; S. 372

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  102. H 37; S. 373

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  103. H 38; S. 379. s. H. J. Haferkorn, a. a. O.; S. 576

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  104. H 33; S. 368

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  105. H 38; S. 379

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  106. Vergl. zu diesem für Wieland zentralen Begriff des ›ϰαλόγ‹: »Alles, was nicht zum Notwendigen des Lebens gehört, sondern das Wie des Lebens, das εῦζῆν betrifft, also all das, was die Griechen unter Paideia verstanden, heißt ›ϰαλόγ‹«. (Gadamer, Wahrheit und Methode; S. 453)

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  107. Attisches Museum 1798, I; S. 20 f., Anm.

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  108. NTM 1791 II; S. 329, Anm.

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  109. AA I 15; S. 738

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  110. Diese werden nicht nur zynisch genannt. Es soll auch Toleranz den Deisten gegenüber, zu denen Wieland sich selber zählte, dadurch erkauft werden, daß die Atheisten der Justiz zur Verfolgung frei gegeben werden: »Ich trage (…) kein Bedenken, meinem unmaßgeblichen Rath an den König oder Fürsten (…) noch diesen Artikel hinzuzusetzen: daß das ungereimte und ärgerliche Disputiren gegen das Dasein Gottes oder gegen die angenommenen Beweise desselben, wenn man keine bessern zu geben hat, ingleichen das öffentliche Bestreiten der Lehre von der Unsterblichkeit der Seele für ein Attentat gegen die Menschheit und gegen die bürgerliche Gesellschaft erklärt und durch ein ausdrückliches Strafgesetz verboten werden sollte.« (H 32; s. 337)

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  111. K. Heinrich, Antike Zyniker und Zynismus in der Gegenwart; S. 147

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  112. »Es betrifft ja nur die Abderiten, dacht’ ich, und an den Abderiten kann man sich nicht versündigen; sie sind ja doch am Ende weiter nichts als ein Pack Narren; die Albernheiten, die ihnen die Geschichte zur Last legt, sind groß genug, um das Ungereimteste, was Du ihnen andichten kannst, zu rechtfertigen.« (H 8; S. 144)

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  113. G. W. F. Hegel, Ästhetik I; S. 191

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  114. J. G. Schlosser, Schreiben an Herrn Hofrat Wieland in Weimar über die Abderiten im deutschen Merkur; S. 855 u. 859 f.

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  115. Für Wieland stellt sich das Problem der Teilnahme aus einer äußerst distanzierten Position, denn »der Glaube an die Erkennbarkeit und Beherrschbarkeit der Welt durch das vernünftige Denken« droht absurd zu werden. (H. Weil, Die Entstehung des deutschen Bildungsprinzips; S. 26)

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  116. 1798, zu einer Zeit, da er keine Satiren mehr schreibt, tröstet sich Wieland mit der Lektüre Ciceros über die »Pest des Zeitalters« hinweg, dessen düstere Verworrenheit über der stilistischen Klarheit dieses Schriftsteller vergessen werden kann. Vorzüglich im Cicero, vermerkt Böttiger, sei ihm der helle Sonnenschein über Alles angenehm. Er lese ihn jetzt täglich, »um sich gegen die Pest des Zeitalters zu bewahren. Goethe’s Propyläen sind auch klar und stralend.« (Böttiger, a. a. O., I; S. 232)

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  117. Böttiger, a. a. O., I; S. 179

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  118. Teutscher Merkur, Juli 1774; zit. nach Wieland, Werke (Hanser), Bd. II; S. 733

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  119. Zum Verhältnis von Elite und Masse bei Wieland vergleiche man nur, daß in der »Geschichte der Abderiten« ein einziger Weiser, Demokrit, der gesamten »Wahnsinnigen« Bürgerschaft gegenübergestellt wird. Dem Volk wird überhaupt eine »unselige Disposizion, immer des Guten bald zu viel, bald zu wenig zu thun«, zugesprochen. (cf. AA I 15; S. 598)

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  120. »Es gibt Leute, die (wie die Abderiten) vom Ueberlegen nicht klüger werden. Wem der Kopf einmal schief sitzt, der wird in seinem Leben nicht dahin gebracht, die Sachen so zu sehen, wie sie von allen Andern, die gerade vor sich hinschauen, gesehen werden.« (H 32; S. 41)

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  121. H 8; S. 144

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  122. Diese Verachtung zeigt sich als Ekel vor dem »Schmutz«, der den sozial tiefer Stehenden ein für allemal anzuhaften scheint (s. AA I 15; S. 483, Anm.), und ebenso als Angst vor der Berührung mit diesen Menschen. In seinen »Patriotischen Phantasien« schildert Möser die Reaktion einer Hofdame, die ihrer ärmeren Freundin auf dem Land einen Besuch abstattet: »Bin ich doch beinahe erstickt von dem Dufte ihrer groben Schüsseln. Ich glaube, Sie kennen bei Ihnen den Hunger wie der geringste Tagelöhner. Gottlob, ich habe in zehn Jahren nicht gewußt was Hunger ist«. Man möchte den eigenen Lebensbereich exklusiv gestalten und vor dem Zugriff des »gemeinen Mannes schützen. Der Preis dafür ist, daß dieses Leben, das derart ja gerade erhalten werden soll, Züge artifizieller Erstarrung annimmt. »Die allerliebsten Gärten sind die meinigen, in denen Bäume und Blumen aus Porcellaine von einer schöpferischen Hand auf das Aehnlichste nachgeahmt und alle Jahreszeiten unserm Befehl sind. Will man Sommer, so schafft der Gärtner, daß alle Bäume mit den schönsten Früchten prangen, die nun freilich nicht zu essen, aber eben deswegen um so viel schöner sind, weil sie der gemeine Mann nicht sogleich herunter schlucken kann«. (J. Möser: Patriotische Phantasien, I; S. XXVI). Zum sozialen Aspekt des Häßlichen vgl. Th. W. Adorno, Ästhetische Theorie, S. 78 f.

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  123. Cottasches Morgenblatt, Nr. 125, 1828; S. 497

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  124. Gemeint ist Karl Eugen, Herzog von Württemberg, der Schubart 1777 auf württembergisches Gebiet locken ließ und zehn Jahre lang auf dem Hohenasperg gefangen hielt.

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  125. ebd. Nr. 103; S. 411

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  126. Teutscher Merkur, Juli 1774; zitiert nach Wieland, Werke (Hanser), Bd. II; S. 736

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  127. cf. N. Miller, Nachwort zu Wieland, Werke (Hanser), Bd. II; S. 854

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  128. Dieses Prinzip scheint mir nur einmal dort durchbrochen, wo Wieland den Klagen über französische Räuberbanden mit der Bemerkung entgegentritt, daß diese Menschen wohl der Hunger zur verzweifelten Selbsthilfe treibe, und sie, mit dem Recht auf Arbeit in Schutz nimmt, für das jeder Staat zu sorgen habe. (s. AA I 15; S. 647, Anm.)

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  129. H 33; S. 116

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  130. H 12; S. 243

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  131. H 12; S. 246

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  132. W. Sombart, Die deutsche Volkswirtschaft; S. 22 u. 428 f.

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  133. Garve, Versuche IV; S. 53

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  134. Pockels, Gesellschaft II; S. 220

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  135. Gerth, Die sozialgeschichtliche Lage der bürgerlichen Intelligenz; S. 89 — Mit der Versicherung der Authentizität schildert Feder in seinem Neuen Emil (1774) einen typischen Kontakt zwischen Bürger und Adel. »Sobald er mich aus der Stube ihm entgegenkommen sah, bückte er sich bis auf die Erde, warf, ohne mich anzusehen, vielerlei untertänig und gnädig durcheinander […] Die gute Miene und der seidene Rock des Grafen machten ihn noch ehrerbietiger. […] Ich tat alles, was ich nur konnte, um diesem guten Menschen es leicht zu machen […] sobald er die Furcht abgelegt hatte, wurde er sogleich vertraut, daß er ohne den geringsten Anlaß seinerseits sich erkundigte, wie stark meine Besoldung wäre, was ich und wo ich studiert hätte, ob ich Taback rauchte. Ja, ich glaube, wenn ich noch eine halbe Stunde mit ihm allein gewesen wäre, er hätte mir Brüderschaft angetragen.« (zit. nach Gerth, ebd.; S. 89, Anm.)

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  136. AA I 15; S. 620 u. 623

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  137. AA I 15; S. 620 f.

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  138. AA I 15; S. 623

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  139. cf. Th. W. Adorno, Negative Dialektik; S. 267

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  140. AA I 15; S. 135

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  141. AA I 15; S. 620

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  142. AA I 15; S. 622

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  143. AA I 15; S. 621

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  144. Dafür ist es hier der Girondist Roland, der mit dem »einzigen Irrthum« behaftet ist, »daß er den republikanischen Grundsätzen und Gesinnungen […] aufrichtig und aus innerer Überzeugung zugethan ist«.

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  145. cf. AA I 15; S. 771, Anm.

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  146. cf. H 38; S. 644

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  147. »Wer darf so dreist seyn, seinen Verstand, seine Einsichten […] zum Maßstab […] aller übrigen zu machen.« (AA I 15; S. 160)

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  148. An Gleim schreibt er: »Warum ist Ihr König […] nicht Musaget genug, einem Poeten, der am Ende doch wohl einer so gut ist, als ein französischer, ein Canonicat […] gratis zu geben? Ich bin allen großen Herren feind, wenn ich bedenke, wie wenig sie sich um unseres gleichen kümmern.« (3. 6. 1770 AB II; S. 367)

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  149. »Wie? Was? einen Cromwell?« — Ja, mein Freund, einen Cromwell! — und ich fechte dadurch nicht gegen mich selbst; denn der Plan der Natur ist so unermeßlich groß, daß sie oft und alle Augenblicke uns Kurzsichtigen nach widersprechenden Gesetzen und Zwecken zu handeln scheint.« (H 33; S.110) F. Sengle hat an diesem Punkt Wieland in die Nähe Hegels gerückt. (F. Sengle, S. 441) Doch fehlt des Geschichtsinterpretation Wielands jedes zureichende Maß an Dialektik, um solche Vermutung zu erhärten. Mir erscheint eine Kritik zutreffender, wie sie C. L. Becker in einem ähnlichen Zusammenhang geäußert hat: »Die Behauptung aufzustellen, daß alles, was ist, recht ist, ist nichts anderes als dem Wort »recht« den eigentlichen Sinn zu nehmen«. (C. L. Becker, Der Gottesstaat der Philosophen; S. 44)

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  150. AA I 15; S. 135

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  151. H 33; S. 195

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  152. cf. Bemerkungen über die Wielandschen Gespräche …; S. 388 f.

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  153. Ein deutliches Licht auf die Herkunft jener Art von Freiheit, zu der man erst reifen müsse, wirft die lapidare Betrachtung, die der Herzog von Württemberg über seinen eingekerkerten »Zögling« Schubart anstellte. Dieser hatte, so berichtet sein Sohn, auf der Festung schon mehr Freiheit erhalten und diese durch plötzlich entfaltete eifrige Tätigkeit zu nutzen versucht, indem er mit jungen Soldaten der Garnison Stücke aufführte, zu denen er meist Text und Musik zugleich schrieb. Der »Herzog selbst und die angesehensten Personen der Nachbarschaft« wohnten schließlich den Vorstellungen bei.« Schubart »erhielt oft beträchtliche Geschenke; erndete Lob und Beifall ohne Maß und Ziel: blieb aber nach wie vor der arme unglückliche Arrestant, der sich beim geringsten Versehen, selbst während der Aufführung, die kränkendsten und pöbelhaftesten Ausdrücke seines Vorgesetzten gefallen lassen und jede seiner Sultanslaunen ertragen mußte. »Er hat Talente wie ein Engel, hieß es, aber zur Freiheit ist er noch nicht reif.« (Schubarts Karakter von seinem Sohne Ludwig Schubart; S. 174)

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  154. »Es ist unglaublich, wie stupid das Volk ist; jetzt kommt ihre Leere und Charakterlosigkeit erst recht zum Vorschein. Sie wissen gar nicht wie ihnen geschehen ist, und vermissen ihre gnädigen Herren«, schreibt Forster am 24. Oktober 1792 von Mainz aus und faßt damit die Erfahrung zusammen, daß die Bürger auch unter der neuen Regierung wie gewohnt auf die Anordnungen von oben warteten. (zit. nach C. Th. Perthes, Politische Zustände und Personen; S. 84)

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  155. Schleswigsches Journal, 1793 I; S. 463

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  156. Wenn Forster und mit ihm andere von der Trägheit und Gleichgültigkeit des Volks reden, so liegt die Betonung auf der Unterdrückung als der Ursache seines Zustandes. Die Vorurteile sind dem Volk von Jugend auf »eingebläut« worden. (cf. Bemerkungen über die Wielandschen Gespräche …; S. 3) Und Forster schreibt: »Man hebe doch nur die Last, die eine ungerechte Regierung der arbeitenden Klasse aufgebürdet hat, von ihren müden Schultern; man zwinge sie nicht länger, die Früchte ihres Fleißes dem privilegirten Räuber und Müßiggänger hinzugeben […] Auch der müde Arbeiter ist nicht immer zum Denken zu stumpf«. (zit. n. W. Rödel, a. a. O.; S. 163)

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  157. AA I 15; S. 772

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  158. Schleswigsches Journal, 1793 I; S. 461 f.

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  159. So vor allem in seinem »Vorbericht« zu den »Göttergesprächen«: »Die fünf letzten sind theils durch die französische Revolution überhaupt, theils durch besondere Epochen derselben […] veranlaßt worden und athmen einen Geist von Mäßigung und Billigkeit, der ihnen bei keiner Partei zur Empfehlung dient, aber desto gewisser auf den Beifall späterer Zeiten rechnet.« (H 9; S. 6)

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  160. cf. AA I 15; S. 509

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  161. AA I 15; S. 621

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  162. AA I 15; S. 623 f.

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  163. Die »bürgerliche Classe« ist »an Subdivisionen und Subsubdivisionen so sehr reich […] Jede dieser Subdivisionen steht zwar nur um eine kleine Stufe höher als die nächste angrenzende, würde sich aber dennoch selbst lächerlich finden, wenn sie sich etwas über diese nächste an ihr herausnehmen wollte.« (H 35; S. 429)

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  164. AA I 15; S. 483

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  165. s. S. 84

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Weyergraf, B. (1972). Die Revolution aus der Perspektive des Humoristen. In: Der Skeptische Bürger. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-00004-0_4

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