Zusammenfassung
Soweit Aufklärung mit christlichen Vorstellungen nicht vollständig brach, konnte sie in säkularisierter Form am tradierten Offenbarungsglauben festhalten: mit fortschreitender Erkenntnis der Natur offenbaren sich deren Gesetze als göttliche. Unter dem Anspruch universaler Gültigkeit wird sich an ihnen letztlich auch menschliche Ordnung auszurichten haben. [1]
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Anmerkungen
cf. C. Schravesande, Betrachtungen über pädagogische und ethische Tendenzen in Wielands Werken; S. 35
H 23; S. 142
cf. H 23; S. 238
H 23; S. 142
H 23; S. 210
AA I 15; S. 217
cf. AA I 15; S. 217
cf. H 23; S. 201 f.
H 23; S. 226
W. Benjamin, Theologisch-politisches Fragment; S. 95
ebd.
H 23; S. 143
ebd.
Unter diesem Titel gab August von Hennings seine Zeitschrift heraus: Annalen der leidenden Menschheit, Altona, 1795–1801
AA I 15; S. 310 f.
AA I 15; S. 296
AA I 15; S. 296
AA I 15; S. 463
AA I 15; S. 372
AA I 15; S. 371
ebd.
AA I 15; S. 564
AA I 15; S. 451
AA I 15; S. 748
AA I 15; S. 441
Zu den »aufgeklärtesten, edelsten, tapfersten Männern des ganzen Reichs« zählt Wieland den Duc de Liancour, Bailly, Lally-Tolendal, La Fayette, Clermont-Tonnere, Mounier. (AA I 15; S. 299)
AA I 15; S. 444 f.
AA I 15; S. 444
AA I 15; S. 386
AA I 15; S. 390
AA I 15; S. 445
AA I 15; S. 386
ebd.
»Alle Volks-Excesse […] werden aufhören, und wahrscheinlich bälder aufhören als den heimlichen Anstiftern lieb seyn wird«. (AA I 15; S. 387)
cf. AA I 15; S. 527
AA I 15; S. 756
AA I 15; S. 610
»Die Ideologie der großen und starken Persönlichkeit neigt dazu, dieser als menschlichen Rang das Unmenschliche, die brutale Verfügung über Ungleichnamiges zuzuschreiben.« (Th. W. Adorno, Zum Verhältnis von Soziologie und Psychologie; S. 17) Man vergleiche hiermit die unverhohlene Bewunderung, wie sie in folgendem Dialog zum Ausdruck kommt, den Wieland seinen Diogenes mit Alexander dem Großen führen läßt. »A.: Es ist alles schon in meinem Kopf angeordnet. Die noch unpolicirten Völker werd’ ich in neu angelegte Städte ziehen und mit den besten Gesetzen versehen […] D.: Aber die Schwierigkeiten der Ausführung? A.: Schwierigkeiten? Dafür lass’ Du mich sorgen! D.: Aber die Köpfe, die es kosten wird, bis Du so viele hundert Nationen gelehrig gemacht haben wirst, sich von dem Deinigen regieren zu lassen? A.: Köpfe mag es kosten! Es ist mir leid; denn ich bin kein Freund von Würgen und Zerstören. Aber daß ich um dieser Köpfe willen, die doch ohnehin später oder früher der Natur ihre Schuld bezahlen müßten, meinen Plan fahren lasse, das sollen mich alle Köpfe der Welt nicht überreden! […] D.: O Alexander! […] Ich sehe Dich vor der hohen Schönheit Deiner Idee begeistert. Du bist dazu gemacht, ins Werk zu setzen, was kleinere Seelen für eine Chimäre halten würden. Ich würde Dir und mir lächerlich vorkommen, wenn ich Dich von Deinem Vorhaben abzuziehen suchen wollte. […] Geister wie der Deinige ist, erweckt der Himmel, so oft er dem Erdboden eine neue Gestalt geben will. Die Regel, wonach wir Andere uns zu betragen haben, sind keine Gesetze für Alexandren. […] Ich bin ein Weltbürger. Kein andres Interesse, als das Beste des menschlichen Geschlechts im Ganzen betrachtet, ist in meinen Augen groß genug, um zu verdienen, daß es in Betrachtung gezogen werde. Geh, Alexander, und führe den großen Gedanken aus, der Deine Seele schwellt!« (H 24; S. 93 ff.)
»Dieß war seit Jahrtausenden der gewöhnliche natürliche Lauf der Dinge bei allen mehr oder weniger policirten Völkern. Die Menschen fühlten die Nothwendigkeit, regiert zu werden, und unterwarfen sich einer obrigkeitlichen Gewalt. Die Inhaber der letzteren begnügten sich nirgends an dem Maße von Macht und Ansehen, das ihnen vermöge der Natur der Sache zukam. Sie dehnten beides soweit aus, als sie konnten, mißbrauchten ihre Gewalt immer ungescheuter und spielten, mit Einem Worte, so lange den Herrn, der über seine Sklaven und sein Eigenthum willkürlich schalten und walten kann, bis endlich die Völker, nachdem sie lange geduldet hatten, was nicht zu dulden war, entweder weil sie es nicht länger aushalten konnten, oder von ehrgeitzigen und ränkesüchtigen Menschen aus ihrem Mittel aufgereitzt, sich auf einmal ihrer Übermacht bewußt wurden, das Joch mit Gewalt abschüttelten, und an ihren Unterdrückern das Wiedervergeltungsrecht ausübten, aber im Ungestüm ihrer Wuth nun auch auf ihrer Seite alle Mäßigung vergaßen […], bis ihnen kein anderes Rettungsmittel übrig blieb, als sich einem neuen Machthaber mit oder ohne Einschränkung zu unterwerfen; da denn […] auch das alte Spiel von neuem anging, um in mehr oder weniger Zeit einen ähnlichen Ausgang zu nehmen und auf die vorige Weise wieder anzufangen.« (AA I 15; S. 109)
AA I 15; S. 571
AA I 15; S. 412 f.
AA I 15; S. 439
H 23; S. 149
H 23; S. 176. In seiner Arbeit über den Agathodämon macht Ihlenburg auf die veränderte Denkweise aufmerksam, die hinter den Äußerungen dieser Romanfigur zutage tritt und sich von ihren bisher geäußerten Ansichten grundsätzlich unterscheidet. Apollonius hebt jetzt »das Naturhafte der Entwicklung« hervor, das er über eine bewußte und planende Lenkung des Menschen stellt. Man kann nur »ausbilden«, was naturhaft gegeben ist, und was noch entscheidender ist, eine gute Anlage werde sich »auch ohne Hülfe von fremder Hand […] durch das Leben selbst« entwickeln (H 23; S. 176). »Auch in Bezug auf die geschichtliche Entwicklung, auf die Entwicklung ganzer Völker, verrät Apollonius jetzt eine Denkweise, die über die rationale Betrachtungsweise hinausgeht.« (Ihlenburg, S. 68) Wieland bricht mit einer streng rationalistischen Geschichtsauffassung und ersetzt sie mehr und mehr durch organizistische Vorstellungen. Er »sieht die Geschichte als einen organischen Wachstumsprozeß an, an dem mannigfaltige über das Individuelle hinausgehende Kräfte mitwirken. […] Der Wandel Apollonius’ hat eine Parallele in einem Wandel Wielands. Wieland wurde erst »im Alter zu der Erkenntnis geführt, daß der Einzelmensch in der Welt relativ wenig« vermöge und daß er nicht im Stande sei, »etwas Bestehendes von sich aus umzustürzen.« (ebd. S. 105) cf. zu diesem Punkt Verena Meyer: Christoph Martin Wieland und die geschichtliche Welt, Zürich 1944
AA I 15; S. 807
Man müsse sich »einbilden können, die Rede sey von einer vor drey Tausend Jahren in der großen Scheschianey begegneten, uns persönlich ganz und gar nichts angehenden Begebenheit«, ermahnt Wieland die Leser eines antirevolutionären Werks über die Französische Revolution. Und er versichert selbst »alles mögliche gethan« zu haben, »um mich in eine so kaltblütige Gemütsverfassung und in eine so weite Entfernung von der Zeit und dem Schauplatz dieser Begebenheit zu setzen«. (AA I 15; S. 798 f.)
»Ich betrachte alle diese Begebenheiten in dem Lichte, worin jeder parteylose Beurteiler, der nicht ganz ein Neuling in der Welt- und Menschenkunde ist, sie betrachtet hat, betrachten muß, und noch in hundert Jahren a dato betrachten wird.« (AA I 15; S. 393)
Moniteur universel 1971, Nr. 321,17. November, S. 1340
AA I 15; S. 424
AA I 15; S. 773
AA I 15; S. 573
ebd.
AA I 15; S. 772
ebd.
NTM 1792 II; S. 233
Schleswigsches Journal, 1793 I; S. 61
ebd. S. 459 f.
s. AA I 15; S. 333
Der deutsche Bürger hielt »konsequent an dem monarchischen Gedanken fest und suchte ihn mit seinen Freiheitsforderungen in Einklang zu bringen. Er wählte zu seinem Ideal die goldene Mitte zwischen Absolutismus und Demokratie.« Balet, Die Verbürgerlichung der Kunst, S. 168
»Quale esponente di un élite di intelletruali strettamente legata alle piccole corti tedesche, e quindi alla causa monarchica, Wieland non puo e non vuole accettare il corollario rivoluzionario pratico che dalla ragione illuministica traevano le assemblee parigine: il rovesciamento violento della classe al potere.« (Rambaldi, S. 282)
AA I 15; S. 612 f.
s. H 33; S. 368
W. Wenck, Deutschland vor hundert Jahren, Bd. I; S. 195
C. Schmitt, Der Leviathan in der Staatslehre des Thomas Hobbes; S. 34
AA I 15; S. 430
AA I 15; S. 423
AA I 15; S. 471
cf. Breucker, S. 159
AA I 15; S. 406
AA I 15; S. 406
AA I 15; S. 407
AA I 15; S. 407 f.
s. AA I 15; S. 602
Nicht zuletzt hat Wieland die Ursache der ihm chaotisch erscheinenden politischen Kämpfe in der Schwäche Ludwigs XVI. gesucht, eines Königs, »der als bloßer Mensch unter Tausenden kaum Einen fand, dem die Natur den Stempel des Mannes nicht kräftiger aufgedrückt hätte.« (AA I 15; S. 565 f.)
Wieland beschreibt den Zustand, der seiner Ansicht nach für die Unzufriedenheit und das Unglück seiner Zeitgenossen eher als alles Andere verantwortlich zu machen sei, als »Seelenkrankheit«. Der Mensch »ist ein unnatürlicher centaurischer Zwiter von Thier und von Geist, wo Eines auf Unkosten des Andern lebt, das Thier sich Bedürfnisse, der Geist Leidenschaften, Entwürfe und Endzwecke macht«. (H 32; S. 31) Von dieser Seelenkrankheit werden die Naturvölker nicht heimgesucht: »und wenn sie ja zu weilen einen Anstoß dieser Art bekämen, so ist die Hungerkur, wozu sie mehr als zu viel Gelegenheit haben, ordentlicherweise das kräftigste Heilmittel.« (H 32; S. 31, eig. Hervorhebung) Existenznot, Sorge ums nackte Leben, ersetzt hier den staatlichen Zwang. Sie ist der Preis, den die »Naturmenschen« für das Glück zu zahlen haben, daß »ein Mensch ihnen immer ein Mensch aus einem Stück ist«. Doch der Zwang hier wie dort erscheint als vernünftig. Hier tut der Staat, was dort die Natur, »die diese ihre Kinder auf dem kürzesten Wege zu[m] Glücklichleben […] führt.« (ebd.; S. 29)
s. Klein, Wieland und Rousseau; S. 167, Anm.
AA I 15; S. 428
AA I 15; S. 428 f.
Schleswigsches Journal I; S. 423
H 33; S. 426
Zweifellos mischen sich in diesem Sprachgebrauch euphemistische mit affirmativen Motiven. Man fürchtet die Könige und möchte sich zugleich ihres Schutzes versichern. In gewiß korrekturbedürftiger Verallgemeinerung schreibt Balet vom deutschen Bürger dieser Zeit: »Numerisch fühlte er sich nicht stark genug um die ganze Regierung für sich zu verlangen, ein Zusammengehen mit der großen Masse kam nicht in Frage, weil er vom Volk noch mehr befürchtete als vom Despoten.« (Balet, Die Verbürgerlichung der Kunst; S. 168)
AA I 15; S. 328
AA I 15; S. 427
H 34; S. 61
AA I 15; S. 746
s. Sengle, S. 441; Den Anlaß gab Wielands Merkuraufsatz vom November 1777. Über das göttliche Recht der Obrigkeit, oder über den Lehrsatz: »daß die höchste Gewalt in einem Staat durch das Volk geschaffen sei.« »Mein ehmaliges Urtheil über die Wielandsche Schrift«, schreibt Jacobi in seiner Erwiderung, »wurde mir […] verdächtig: ob es nicht zu flüchtig gefällt, zu einseitig, zu strenge gewesen: und ich schritt auf der Stelle zu einer neuen Prüfung. Aber weit entfernt die günstigere Meinung zu gewinnen, die ich beinah erwartet hatte, mußte ich meinen ersten Unwillen nur lebhafter, und zwar jezo doppelt fühlen.« (F. H. Jacobi, Ueber Recht und Gewalt, oder philosophische Erwägung eines Aufsazes von dem Herrn Hofrath Wieland, ueber das göttliche Recht der Obrigkeit, […]. Deutsches Museum 1781, I 6, S. 522 ff.)
AA I 15; S. 479
»Denn Menschen sind, sollen und müssen die Fürsten allerdings seyn: wiewohl ein Mensch, der ein Fürst ist« nicht »weiter nichts als ein Mensch, sondern von Gottes Gnaden, auch noch ein Fürst ist; wenn anders wahr ist, daß man nicht zu gleicher Zeit das was man ist, nicht seyn kann.« (AA I 15; S. 465)
Die Abstraktion geht so weit, daß in einer zeitgenössischen gleichnishaften Schilderung der König zum Wohle des Volks durch einen Hund ersetzt wird. Der König wird zur unpersönlichen, rein repräsentativen Instanz. cf. J. Schultze, Die Auseinandersetzung zwischen Adel und Bürgertum; S. 55
»Ich gebe Ihnen zu, daß man ohne Mühe zehn hassenswürdige Könige in der Geschichte finden wird, gegen einen, der sich’s wirklich Ernst sein ließ, die Liebe und das Zutrauen seiner Unterthanen zu verdienen; aber was an dem Königthum an sich selbst Hassenswürdiges sein sollte, kann ich nicht sehen.« (H 33; S. 299)
cf. Holbach, Système de la Nature (1770). Für Wieland kann es Freiheit demnach nur dort geben, wo die Natur selbst den Menschen hindert, auf eine menschliche Weise zu existieren. Es ist die Freiheit einer Art von menschenähnlichen Wesen, deren Verschwinden von der Erdoberfläche dennoch dieser unerbitterlichen Natur zur Ehre gereiche. »Das einzige Volk, das, […] in völliger Freiheit lebt, sind die liebenswürdigen, gefühlvollen, geistreichen, glücklichen Einwohner von Terra del Fuego; im Ernste, eine Art von menschenähnlichen Wesen, die so elend ist, daß sie aller Wahrscheinlichkeit nach in weniger als fünfzig Jahren zur Ehre der Natur völlig erloschen sein wird.« (H 33; S. 107)
cf. E. Bloch, Naturrecht und menschliche Würde; S. 75
Um einem drückenden Unrecht, dessen ausführliche Diskussion zu diesem Zeitpunkt (1794) aus der Sicht des in Frankreich Erreichten allerdings einen anachronistischen und grotesken Beigeschmack bekommt, zu steuern — es geht um die Wehrlosigkeit der Bauern gegenüber dem feudalen Jagdwild, das »ihre« Felder verwüstet — weiß Wieland »keinen andern und bessern Rath, als es zu machen, wie die Wittwe im Evangelio mit dem Richter, der sich nicht vor Gott fürchtete und vor keinem Menschen scheute. Die Wittwe kam zu ihm und sprach: »Rette mich vor meinem Widersacher (in casu substrato, von den Hirschen, Hasen, Schweinen, Fasanen, Auerhahnen usw.)« — diese also sind die Gegner, nicht die feudalen Jagdherren! — »Der Richter wollte lange nicht; aber die Wittwe kam immer wieder mit ihrem rette mich, und ließ nicht von ihm ab […] Ich kann kaum zweifeln«, schließt Wieland diese Passage, »daß dies Mittel nicht anschlagen sollte«. (AA I 15; S. 635)
H 33; S. 110
Einige Bemerkungen über das Sendschreiben des Herausgebers des Teutschen Merkurs, NTM 1792 III; S. 367
AA I 15; S. 465, Anm.
»Der Sprung als Glaubensentscheidung bedeutet mehr […] als die Abkehr von einer »äußeren« Welt, er fordert die Negation der Errungenschaft des aufgeklärten Zeitalters, des Standpunktes der wissenschaftlichen Kritik und der allgemeinen Menschenvernunft.« (Scholtz, Sprung. Zur Geschichte eines philosophischen Begriffs; S. 215)
AA I 14; S. 429. »Es fehlt noch viel daran, daß wir den Punkt erreicht hätten, wo ein Volk reif für gewisse Wahrheiten ist, und wo es ihm nützlich ist, daß es über seine gemeinschaftlichen Angelegenheiten mit Ernst zur Sprache komme.« (AA I 15; S. 380)
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Weyergraf, B. (1972). Ideal und Wirklichkeit. In: Der Skeptische Bürger. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-00004-0_2
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