Zusammenfassung
Diskursstränge werden in ihrer Qualität und ihrem Verlauf immer auch maßgeblich von diskursiven Ereignissen beeinflusst, Diskurse im politischen Feld sind zudem in hohem Maße von den strategischen Interessen der Akteure geprägt. Um eine bessere Einordnung des empirischen Materials zu ermöglichen, soll an dieser Stelle zunächst — einer Empfehlung von Jäger (1999: 162f, 190) folgend — eine Skizzierung des diskursiven Kontextes erfolgen, in dem die Männlichkeitsdiskurse der FPÖ im Erhebungszeitraum 1.1.1999–30.6.2001 zu verorten sind. Dabei wird eine Differenzierung der diskursiven Ereignisse in ihrer Bedeutung für die FPÖ auf zwei Ebenen vorgenommen, zum einen auf einer allgemein-politischen, zum anderen auf einer geschlechternolitischen.
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Literatur
Das 1999 propagierte Modell des Kinderschecks sah vor, dass Mütter für jedes Kind bis zum sechsten Lebensjahr einen monatlichen Betrag von 5700 Schilling (entspricht etwa 420 Euro) erhalten. Die Auszahlung sollte ohne Zuverdienstgrenze, aber auch unabhängig von einer vorherigen Berufstätigkeit erfolgen. Im Unterschied zur 1999 noch gültigen Karenzgeldregelung wurde damit eine Ausweitung des Bezieherinnenkreises auf Hausfrauen, Studentinnen und Bäuerinnen angestrebt
Steiermark (15. Oktober) und Burgenland (3. Dezember)
Die Konditionen des Kindergelds verschlechtern sich gegenüber dem 1999 von der FPO entwickelten Kinderscheck-Modell beträchtlich. Es beläuft sich auf 6000 Schilling (etwa 440 Euro), wird allerdings nur für insgesamt drei Jahre (wovon sechs Monate vom zweiten Elternteil in Anspruch genommen werden müssen) und nur für das erste Kind ausgezahlt. Zudem wird das Recht auf Inanspruchnahme durch eine Zuverdienstgrenze beschränkt.
Die SPÖ steht hier gegenüber den Grünen nicht nur deshalb im Vordergrund, weil es sich um die weitaus stärkere Oppositionspartei handelt, sondern auch, weil die FPÖ mit den Sozialdemokraten um die wahlstrategisch wichtigen Stimmen der Arbeiterschaft konkurriert. Bei den Nationalratswahlen 1999 lag die FPÖ hier deutlich vor der SPÖ (vgl. Amesberger/Halbmayr 2002c: 372).
Institutionell wurde die österreichische Frauen- und Gleichstellungspolitik bis 1999 fast ausschließlich durch SPÖ-Politikerinnen getragen.
In einem Beitrag zur Wahlkampfstrategie im Superwahljahr 1999 wird zugleich darauf hingewiesen, dass die stärkere Gewichtung von Frauen- und Familienthemen speziell auf Frauen als „größte Wählergruppe“ zielt (NFZ 26).
Vgl. auch NFZ 41.
Vgl. NFZ 12, 18, 26, 127, 144b, 223, 232.
Vgl. etwa NFZ 56, 75.
Vgl. NFZ 18, 26, 56, 85a, 140, 223, 239, 243, 256.
Vgl. NFZ 18, 29, 37, 66, 144a, 144b, 243.
Zumeist wird die fallende Geburtenrate aber ohne Benennung der konkreten nachteiligen Auswirkungen problematisiert (NFZ 19, 79, 96, 126a, 137, 147, 271, 273).
So etwa bei der Nationalratswahl 1999 und den Landtagswahlen in Wien 2001.
Vgl. ZZ 29, 71, 85, 109, 143, 150.
Der selektive und legitimierende Rückgriff auf naturwissenschaftliche Forschungsergebnisse zahlt zu den zentralen Strategien der intellektuellen Neuen Rechten. Bisweilen wirkten renommierte Forscher wie der Nobelpreisträger Konrad Lorenz auch in den wissenschaftlichen Beiräten rechtsintellektueller Publikationen mit (vgl. Feit 1987: 144f.
Dies wird in der Regel nicht als Ausdruck gesellschaftspolitischer Auseinandersetzungen gedeutet, sondern auf Seite der Feministinnen pathologisiert, entweder als,,psychologisches Problem im Umgang mit Männern“ (ZZ 2) oder als „persönliche seelische Schwierigkeiten mit dem eigenen Sein“ (ZZ 153).
Im Untersuchungszeitraum wird die Männerabteilung in der ZZ nur ein einziges Mal thematisiert, in Form einer Verteidigung gegen feministische Kritik an deren Einrichtung: „Wenn man schon Geschlechterpolitik betreiben will, muss es naturgemäß neben einer Frauenabteilung auch eine Männerabteilung geben.“ (ZZ 166)
Zu Geschichte und Gegenwart deutschnationaler Studentenverbindungen vgl. Heither et al. 1997; Gehler 1998; Heither 2000.
Dabei werden vor allem ästhetische Aspekte in den Vordergrund gerückt, wenn darauf verwiesen wird, dass eine Frau beim Tragen von Waffen sowie beim Biertrinken „keine gute Figur machen“ würde und die Folgen einer Mensur „ihr hübsches Gesichtchen“ verunstalten könnte (ZZ 52, 55).
Eine weitere Biologisierung findet sich auch in der Relation von Individuum und Familie: „Das Menschenkind ist ein Nesthocker: das Kind muss ein Nest haben. Das ist halt einmal die Familie.“ (ZZ 182a)
Hier werden vor allem monetäre und rechtliche Diskriminierungen beklagt, aber auch die Verdrängung der „christlichen Werte“ durch den Zeitgeist (ZZ 181).
Diese sollen hier nicht im Detail aufgeführt werden. Sie gehen über den von der FPÖ propagierten Kinderscheck noch hinaus, erst recht über das schließlich auf Bundesebene beschlossene Kindergeld. An letzterem wird in der ZZ jedoch nur zurückhaltend Kritik geübt (ZZ 169, 182a).
Eine Familie basiert in der ZZ idealerweise immer auch auf dem „Bund der Ehe“. Dies drückt sich am deutlichsten in Einzelforderungen des Familienmanifests aus (etwa: Aufnahme des „Schutzes von Ehe und Familie“ in die österreichische Verfassung; Heiratsprämie bei der „Erstehe“; Ehestandskredite), wird allerdings — mit Ausnahme des Verweises auf die „Gottgewolltheit“ der Ehe zwischen Mann und Frau in Abgrenzung zur „HomoEhe“ (ZZ 79, 141, 183) — nicht näher begründet.
Vgl. ZZ 3, 15, 123, 157a, 165, 181.
Bis 1975 war der Grundsatz des männlichen Familienoberhaupts in Usterreich gesetzlich festgeschrieben.
Homosexualität wird sehr häufig synonym mit „schwul“ verwandt. Dies wird entweder in den Texten selbst (ZZ 79, 111) oder aber in spezifischen Kombinationen aus Überschrift und Bebilderung deutlich. So werden beispielsweise Artikel, in deren Überschrift der Begriff Homosexualität verwendet wird, zumeist mit Fotos von schwulen Männern illustriert (ZZ 108, 122, 140, 180).
Vgl. auch ZZ 122.
Vgl. auch ZZ 141.
Bezogen auf das Kulturleben wird gleichlautend beklagt, „dass die Oberschicht als ursprünglich normbildende Kraft abgedankt hat und diese Funktion die Unterschicht übernommen hat“ (ZZ 131).
Dem lag weder eine klare Vorstellung davon zugrunde, wie eine solche Aufdeckung hätte vonstatten gehen können, noch, mit welchen Reaktionen ich in einem solchen Fall hätte rechnen müssen. Einerseits irritierte mich die im Herbst/Winter 2000/1 virulente SpitzelAffäre nachhaltig, andererseits wirkten hier sicher auch manche Erfahrungen als Autor eines journalistischen Sachbuchs zum Rechtsextremismus nach. Im Gegensatz zu Kollegen habe ich zwar nie ernsthafte Drohungen erhalten, aber dennoch ist es für mich wie für meinen Verlag seit Jahren selbstverständlich, darauf zu achten, dass keine Fotos von mir an die Öffentlichkeit gelangen. Auch die Weitergabe von Adressen oder Telefonnummern wird seit der Erstveröffentlichung des Buches Rechte Ökologie sehr restriktiv gehandhabt. Im Vergleich mit der im Mittelpunkt des deutschen parteiförmigen Rechtsextremismus stehenden NPD sind die Verbindungen zum militanten Neofaschismus bei der FPÖ zwar nur relativ schwach ausgeprägt, aber es hat beispielsweise nicht unbedingt zur Hebung meines subjektiven Sicherheitsgefühls beigetragen, dass ich beim Besuch einer Zur Zeit-Veranstaltung nur wenige Meter neben Gottfried Küssel, dem wichtigsten österreichischen Neonazi-Führer der achtziger und neunziger Jahre, saß.
Solche existierten zu Beginn des Jahres 2001 in etwa der Hällte der 23 Bezirke Wiens.
Ansetzung frühzeitiger Neuwahlen geschah im üübrigen gegen den erklärten Willen der FPÖ. Da der Landesobmann und potentielle Spitzenkandidat der Wiener Freiheitlichen, Hilmar Kabas, im Zusammenhang mit der Spitzel-Affäre unter starkem öffentlichen Druck stand, wurden der FPÖ für diesen Fall schon im Dezember hohe Verluste vorhergesagt.
Der „weiche“ Strategiebegriff Bourdieus stellt den Aspekt des habituell vermittelten Sinns für die Nützlichkeit von Praktiken in den Vordergrund, setzt dabei aber keineswegs eine bewusste Intentionalität beim Handelnden voraus (vgl. Bourdieu/Wacquant 1996b: 182ff).
Das Zustandekommen der Interviewstudien von Rösslhumer (1999) und Amesberger/Halbmayr (2002c) zeigt, dass sich auch andere Teilstrukturen der FPÖ gegenüber Forschungsvorhaben keineswegs verschließen.
Selbstredend existieren Ausnahmen, beispielsweise dort, wo Subkulturen wissenschaftlich generiertes Wissen (teilweise bewusst) in ihre Repräsentationen integrieren (vgl. Lindner 1995: 40ff) oder in (kultur)politischen Auseinandersetzungen nutzen.
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Geden, O. (2004). Männlichkeitsdiskurse in der FPÖ — eine empirische Rekonstruktion. In: Männlichkeitskonstruktionen in der Freiheitlichen Partei Österreichs. Forschung Soziologie, vol 200. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99954-2_5
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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