Zusammenfassung
Zu Beginn der 70er Jahre herrschte in der sozialwissenschaftlichen Forschungslandschaft Skepsis gegenüber positivistisch angelegten Studien. Das interpretative Paradigma (Wilson 1980) war bedeutsam geworden und mit ihm der sinnhaft handelnde Mensch, sein subjektiver Werdegang und seine Handlungsweisen. Auch die marxistisch orientierte Soziologie, die in ihrer Hoffnung auf eine gesellschaftliche Umwälzung enttäuscht worden war, suchte nach einem theoretischen Instrumentarium, mit dem sie die Handlungsspielräume und Gestaltungsmöglichkeiten im Leben beschreiben konnte. Der Gedanke einer durch die Geschichte gestalteten Gesellschaft wurde auf die Historizität des Subjekts, seine Lebenserfahrungen und seine Lebensgeschichte ausgeweitet. Untersucht werden sollte nun die Bedeutung und der Einfluß gesellschaftspolitischer Ereignisse auf Lebensverläufe, auf den Prozeß der Selbstfindung und Selbstdeutung. Auch in den Teil-Soziologien der Kindheits- und Jugendforschung, der Erwachsenenforschung und der Gerontologie führte die skeptische Einstellung gegenüber quantitativen, strukturfunktionalistischen Studien sowie der Einfluß der ‚neuen‘ Sozialisationstheorien zu der Einsicht, daß die Teilaspekte des Lebens in eine Gesamtheit, in den Lebenslauf, einzufügen sind. Lernen und Entwicklung, die Sozialisation des Individuums, sollte sich nicht mehr auf die ersten beiden Lebensabschnitte, auf die Lebensphasen der Kindheit und Jugend beschränken, sondern ebenso die Lebensphase des Erwachsenenalters und des Alters umfassen.
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Literatur
Wer dieser Leistung nicht fähig „ist, ist“ auch minderen Ranges“ (Leitner 1982, 113). Die Moral der Lebensführung heißt Brauch, Sitte, Tradition und Eingelebtheit der Zustände. Das Individuum stellt in memorienhaften Lebensberichten das eigene Handeln in einen sinnhaften Bezug zu Rang, Stellung und Rolle.
Mayer und Müller unterscheiden in Anlehnung an Luckmann (1975) wie auch Mannheim (1940) in funktionales und substantives rationales Handeln. Sie gehen davon aus, daß durch die institutionellen Einrichtungen des Wohlfahrtsstaates eine Bedeutungs-und Sinnstruktur gefördert wird, die substantives rationales Handeln schwächt (diess. 1989, 54f.).
Im gleichen Atemzug wird auch gegen Hradil (1987) argumentiert. Hier wird nur auf Beck eingegangen, da seine Thesen wichtig sind zur Unterscheidung der Thesen von Kohli und Mayer (vgl. Wohlrab-Sahr 1992b ).
Das Mehr an Einkommen ergibt sich auch durch die Frauenerwerbstätigkeit. Das selbstverdiente Geld der Frau wird zugleich zur sozialen Sprengkraft im Geschlechterverhältnis. Die geschlechtlichen Sozialbeziehungen werden auf diese Weise neu durchmischt. Denn gerade dadurch, daß Frauen nicht über eigenes Geld verfügten, konnten traditionelle geschlechtsspezifische Beziehungen konserviert werden.
Arbeiterkinder wählen selten Wirtschaftswissenschaften und Medizin; die Kinder kleiner Selbständiger und mittlerer Beamter und Angestellter häufig das Lehrerstudium der Primarstufe und Geisteswissenschaften und selten Wirtschaftswissenschaft; die Kinder höherer Beamter und leitender Angestellte häufig Medizin; und die Kinder mittlerer und großer Selbständiger und freiberuflicher Akademiker selten das Lehrerstudium und häufig Wirtschaftswissenschaft und Medizin“ (Meulemann 1990, 101f.).
Obwohl viel Kritik gegenüber diesem Modell geäußert wurde (Thome 1985, Jagodzcinski 1985), ist die These vom Wertewandel auf fruchtbaren Boden gefallen (vgl. Weymann 1989, 5). Nach Klages (1984) haben ernsthafte Verschiebungen in den zentralen Orientierungen und Einstellungen stattgefunden.
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© 1996 Leske + Budrich, Opladen
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Ecarius, J. (1996). Westdeutsche Lebenslaufforschung. In: Individualisierung und soziale Reproduktion im Lebensverlauf. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99908-5_3
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