Zusammenfassung
Zwischen tiefen und hohen Temperaturen, Kaltverformung und Warmverformung, quasistabilem und veränderlichem Gefüge bestehen keine scharfen Grenzen. Die physikalisch korrekte Feststellung, daß z. B. Kriechverformung nicht auf hohe Temperaturen beschränkt ist, sondern bei allen Werkstoffen und bei allen Temperaturen oberhalb 0 K einsetzt, ist zunächst ungewohnt. Zustände, die sich über lange Zeiten — scheinbar „unendlich“ lange — nicht ändern, bezeichnet man als stabil, obwohl die meisten davon in Wirklichkeit metastabil sind. Gegenüber den stabilen Gleichgewichtszuständen zeichnen sie sich in vielen Fällen durch technisch attraktive Eigenschaften aus, wie beispielsweise die hohe Festigkeit von Martensit in C-Stählen verglichen mit Ferrit + Karbiden, die hohe Streckgrenze eines feinkörnigen Gefüges gegenüber einem Einkristall oder die Festigkeit bei feiner im Gegensatz zu stark vergröberter Teilchendispersion. Entscheidend für die Frage, wie lange sich ein metastabiler Zustand einfrieren läßt, sind die Gesetzmäßigkeiten der Thermodynamik und Kinetik. Für technische Betrachtungen, d.h. überschaubare Lebensdauern von Konstruktionen, ist das Kriechen der Werkstoffe erst oberhalb etwa 0,4 TS relevant, darunter vernachlässigbar. In ähnlicher Weise sind viele Grenz- oder Schwellwerte mehr aus ingenieurmäßig-pragmatischen Gründen eingeführt worden, obwohl sie keine klare Trennung „Effekt findet statt oder findet nicht statt“ markieren. Die Hochtemperatur-Werkstofftechnik behandelt Temperaturbereiche, in denen die Gefüge nicht dauerhaft eingefroren bleiben, sondern sich Vorgänge in der Mikrostruktur mit nennenswerter Geschwindigkeit abspielen.
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Weiterführende Literatur zu Kap. 1
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© 1998 Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig / Wiesbaden
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Bürgel, R. (1998). Grundlagen. In: Handbuch Hochtemperatur-Werkstofftechnik. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99904-7_1
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