Zusammenfassung
Das Umwelthaftungsrecht kann sich theoretisch positiv auf die Umweltnutzung in Europa auswirken. Dieses Ergebnis wurde aus der formalen Untersuchung der Effizienzeigenschaften verschiedener Haftungsregeln auch unter Berücksichtigung der Primärallokation durch Auflagen abgeleitet. Im Zentrum der Überlegungen des vorliegenden Kapitels steht nun die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die umweltpolitischen Rahmenbedingungen, wie sie in der Europäischen Union anzutreffen sind. Um abzuschätzen, ob es unter Effizienzgesichtspunkten tatsächlich sinnvoll ist, die bestehende europäische Auflagenpolitik durch ein gemeinsames Umwelthaftungsrecht zu ergänzen, müssen die geltenden Auflagen näher betrachtet werden. Nur wenn die bisherige Auflagenpolitik der europäischen Union nach dem Kriterium der Effizienz ungenügend oder zu kostenintensiv ist, erscheint es sinnvoll, den haftungsrechtlichen Umweltschutz als weiteres Instrument einzusetzen. Die theoretischen Überlegungen geben Hinweise darauf, mit welcher haftungsrechtlichen Lösung Effizienzvorteile erzielt werden können. Es ist nicht davon auszugehen, daß ergänzender haftungsrechtlicher Umweltschutz per se zu einer Verbesserung der Umweltpolitik führt. Basierend auf den theoretischen Überlegungen müssen vielmehr die Varianten des komplementären Einsatzes von Auflagen und Haftung beschrieben werden, die im konkreten europäischen umweltpolitischen Zusammenhang Vorteile erwarten lassen. Hieraus wird abschließend ein integrierter Ansatz für eine zukünftige Umweltpolitik durch Umweltauflagen und Umwelthaftung abgeleitet.
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Literatur
Vgl. Eurostat 1991, “Für eine Dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung: Ein Programm der Europäischen Gemeinschaft für Umweltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung”, KOM(92)23 endg. Vol II vom 03.04.1992 und Entschließung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten über ein Gemeinschaftsprogramm für Umweltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung vom 01.02.1993, ABI. Nr C138/1 vom 17. 05. 1993.
Vgl. Sprenger 1990, Pech 1994, Breier 1993, 1994, Pernice 1995.
Vgl. Oppermann 1991, Rn. 1995ff.
Vgl. Pech 1994, S. 253.
Dies kann unter anderem damit erklärt werden, daß durch geringere Mehrheitserfordernisse im Binnenmarktbereich, Rechtsakte leichter im Rat durchzusetzen waren.
Vgl. Pearce/Turner 1990, Helm/Pearce 1990, 5. 5, S. 85, Cropper/Oates 1992.
Der Kommission kommt nach Art 155 EGV ein Initiativrecht zu. Daneben können das Parlament und der Rat nach Art. 138b bzw. Art. 152 EGV die Kommission auffordern, Vorschläge für Rechtsakte zu unterbreiten. Vgl. auch Nicolaysen 1991, S. 146ff.
Unterstützt wurde die Generaldirektion XI von etwa noch einmal so vielen externen Experten, vgl. hierzu den Europäische Kommission 1995 und das Personalverzeichnis der Kommission, Stand 1994. Siehe auch Hey/Brendle 1994, S. 341 und Pech 1994, S. 257.
Zur wahrheitsgemäßen Offenlegung der Umweltpräferenzen ist es allerdings notwendig, daß die Bürger ihrerseits über die Handlungsalternativen informiert sind, wovon aufgrund der Intransparenz der europäischen Rechtsetzungs- und Entscheidungsprozesse nicht auszugehen ist. Vgl. Weimann 1991, S. 197 und Hey/Brendle 1994, S. 382.
Erst 1991 hat sich beispielsweise das Environmental Law Network International die Aufgabe gesetzt, durch Informations-und Erfahrungsaustausch sowie fachlicher Beratung eine Dienstleistungsfunktion für die europäische Umweltrechtsetzung zu übernehmen, vgl. Hey/Brendle 1994, S. 419.
Vgl. Hey/Brendle 1994, S. 549ff, London/Llamas 1994 und Neumann/Pastowski 1994b, S. 120f mit grundlegender Kritik an dieser Vorgehensweise. So erfolgt die naturwissenschaftliche Grenzwertfindung nur in Ausnahmen unter dem Kriterium der ökonomischen Optimalität. Vgl. Zeschmar-Lahl/Lahl 1987 für eine Beschreibung der Grenzwertfindung in der Bundesrepublik Deutschland.
Vgl. Verordnung (EWG) Nr. 1210/90 vom 7. Mai 1990 zur Errichtung einer Europäischen Umweltagentur und eines Europäischen Umweltinformation-und Umweltbeobachtungsnetzes, ABI. Nr. L120/1 vom 11.5.1990 inkraftgetreten am 30. Oktober 1990, vgl. ABI. Nr. L294/29 vom 30.11.93 und o.V. 1994a,b. Über den Stand der Arbeiten siehe den Zwischenbericht über die Umsetzung des Programms der Europäischen Gemeinschaft für Umweltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung, KOM(94)453 endg. vom 30.11.1994, S. 47, 65.
Vgl. Pech 1994, S. 252. Vgl. Weimann 1991, 188. Vgl. ausführlich Neumann/Pastowski 1994a, S. 74f.
Vgl. Pearce/Tumer 1991.
Zwischen den Mitgliedstaaten bestehen erhebliche Unterschiede in der Produktionsstruktur. Stark landwirtschaftlich geprägte Länder, wie Griechenland, Portugal, Finnland und Irland stehen solchen Mitgliedstaaten gegenüber, die industriell dominiert sind, wie das Vereinigte Königreich oder Deutschland. Diese Strukturunterschiede wirken nicht nur auf die Art der Umweltschäden, sondern auch auf die Vorbelastung der Umweltmedien aus. Umfang und Dringlichkeit von Umweltbeeinträchtigungen und damit auch die Spezifika der notwendigen und bestehenden Umweltsteuerung unterscheiden sich somit in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union 483
Kommission, Jahreswirt chaftsbericht 1995.2 Angaben für 19933 in ECU für 1994 Quelle: Eurostat 1995, Statistik kurzgefaßt, Wirtschaft und Finanzen, Nr. 7.4 in % für 1990 Quelle: OECD Environmental Data Compendium 1993
Vgl. Andersson/Bennekou/Schroll 1992, Faure/Lefevere 1994, S. 6.
Vgl. Faure/Lefevere 1994, S. 11f.
Vgl. Ashworth/Papps 1992, S. 89f zu den Auswirkungen von Marktänderungen auf die Effizienz
Neben der Flexibilität und der Geschwindigkeit es Normsetzungsprozesses spielen auch bei der kontinuierlichen Anpassung von Auflagen wiederum Informationserfordernisse eine große Rolle.
Vgl. Art. 189b und 189c EGV und bezüglich der Bedeutung der Verfahren für das Europäische Parlament Judge 1992.
Vgl. Hey/Brendle 1994, S. 367.
Vgl. Hey/Brendle 1994, S. 331ff. Dieser Zeitraum ist ab dem Kommissionsentwurf gemessen.
Der Durchschnitt bezieht sich auf die Jahre 1987–1989, vgl. Wessel 1991, S. 143.
Diese Zahlen gelten nur für das Anhörungsverfahren. Vgl. SlootNerschuren 1990.
Die Zahlen bezüglich der Akzeptanz der Änderungsvorschläge des Parlaments durch Kommission und Rat sind Durchschnittswerte für den Zeitraum Juli 1987 bis September 1991. Vgl. Judge 1992, S. 198.
Vgl. die Gesamtberichte über das Tätigsein der Europäischen Gemeinschaften für die Jahre 1988 bis 1994.
Vgl. hierzu ausführlich HeyBrendle 1994.
Ausdruck dieser neuen Herangehensweise ist das Grünbuch zur Umwelthaftung, das eine durch die Kommission geleitete Diskussion angestoßen hat, in deren Verlauf Seminare und Anhörungen stattgefunden haben und externe Studien zur eingehenden Analyse des Themenbereichs vergeben wurden.
Vgl. für dieses Ergebnis die bereits oben erwähnte Studie von SlootlVerschuren 1990.
Willi Rothley in einer Diskussion im Rahmen des Karlsruher Forums 1992, S. 19.
Gleiches gilt für die Privilegierung der Gefährdungshaftung bei Auflagenkonformität und ähnliches auch für den Übergang von der Verschuldens-auf die Gefährdungshaftung. Ein Ausschlug der Gefährdungshaftung bei Auflagenkonformität unterstützt dagegen den Vollzug der ineffizienten Auflagen und verbessert damit das Ergebnis der Umweltpolitik nicht.
Vgl. Finsinger 1991.
Vgl. Nicklisch 1992, S. 302.
Vgl. KOM(95)288 endg. mit weitergehenden Forderungen European Environmental Bureau 1995, S. 11.
Vgl. auch den Bericht der Unabhängigen Expertenkommission zur Vereinfachung und Beschleunigung von Planungs und Genehmigungsverfahren Bundesministerium für Wirtschaft 1994, in dem vorgeschlagen wird, Genehmigungspflichten aufzuheben, wenn über eine Gefährdungshaftung mit Versicherungspflicht sichergestellt ist, daß eventuell auftretende Schäden abgedeckt sind, vgl. S 70f.
Kloepfer bestätigt diese “Lückenfüllungsfunktion”, weist allerdings darauf hin, daß im bundesdeutschen Recht diese “Lücken mit der Lupe” zu suchen seien, vgl. Kloepfer 1990, S. 43. Diese Aussage gilt nicht für das Umweltrecht aller Mitgliedstaaten.
An dieser Stelle kann nicht darauf eingegangen werden, ob es sinnvoll ist, daß die europäische Auflagenpolitik Lücken aufweist. Zu dieser Problematik sei auf das folgende Kapitel verwiesen, in dem auf ökonomisch Aspekte der Wahl der Handlungsebene ausführlich eingegangen wird.
Dies gilt für Griechenland, Belgien, Portugal und Spanien, vgl. Krämer 1992, S. 52. Spaniens Umweltrecht stammt beispielsweise überwiegend aus der Zeit nach dem EG Beitritt 1986 und wird als unübersichtliches und kompliziertes Recht beschrieben, vgl. Zurita/Vestweber 1995. Anders in Dänemark, den Niederlande und der Bundesrepublik Deutschland, vgl. Andersson/Bennekou/ Schroll 1992.
Vgl. Richtlinie des Rates vom 23. Dezember 1991 zur Vereinheitlichung und zweckmäßigen Gestaltung der Berichte über die Durchführung bestimmter Umweltschutzrichtlinien, ABI. Nr. L 377/48 vom 31. 12. 91.
Vgl. Rose-Ackerman 1992b, S. 129.
Vgl. Siebert 1991b, S. 191.
Vgl. Burrows 1994, S. 90, Gawel 1994a.
Vgl. Shavell 1984a, S. 365 und 1987, S. 285f.
Vgl. Burrows 1994, S. 90, Gawel 1994a.
Vgl. Kirchgässner 1992b.
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Becker, P. (1999). Beurteilung einer europäischen Umweltpolitik durch Umwelthaftung und Umweltauflagen. In: Umwelthaftungsrecht als Instrument der europäischen Umweltpolitik. Ökonomische Analyse des Rechts. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99880-4_8
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