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Alfred Lorenzer — Szenische Symboltheorie

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Symbol und soziologische Symboltheorie
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Zusammenfassung

Alfred Lorenzer knüpft bei der Erarbeitung seines Symbolbegriffs am Symbolverständnis Freuds und an der durch diesen begründeten Tradition psychoanalytisch orientierter AutorInnen an, erreicht aber eine theoretisch fundierte Eigenständigkeit, die ihn über den gewählten Ausgangspunkt hinausführt. Dennoch wird die auf Freud zurückgehende Kerngestalt des um das Unbewußte zentrierten psychoanalytischen Symbolbegriffs durchgängig in sein Werk integriert und bleibt insofern auch trotz einiger Veränderungen erhalten. Die Spannweite, die mit Lorenzers Beitrag zur Aufhellung des Symbolgeschehens durchmessen wird, verdeutlicht das folgende Zitat:

„Symbole sind nicht nur die rätselhaften Bilder des Traumes oder der Phantasien ... Symbole sind uns alle, in Laut, Schrift, Bild oder anderer Form zugänglichen Objektivationen menschlicher Praxis,die als Bedeutungsträger fungieren, also ‚sinn‘voll sind“ (Lorenzer 1988: 23).

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Literatur

  1. Folgende programmatisch lesbare Textstelle soll die grundsätzliche sozialwissenschaftliche Wendung, die Lorenzer der psychoanalytischen Theorie gibt unterstreichen: „Psychoanalyse (ist) niemals nur Individualpsychologie…, sondern (geht) als Analyse konkreter lebensgeschichtlicher Verläufe von vornherein darüber hinaus… Die Psychoanalyse darf nicht als Psychologie im Sinne einer funktionalistischen Verhaltenslehre verstanden werden; ihre Theorie ist gerade dort, wo sie sich scheinbar mit psychischen Funktionen oder Persönlichkeitsprofilen beschäftigt stets Interaktionstheorie’, wenn auch keine, die sich unter das… Verständnis eines symbolischen Interaktionismus subsumieren ließe“ (Lorenzer 1971: 10)

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  2. die psychoanalytische Theorie in ihrem ursprünglichen, d.h. wesentlichen Gehalt ist keine Psychologie, sondern eine Interaktionstheorie (Lorenzer 1971: 35, Hv. im Original). Und: „Wir… konnten die Psychoanalyse als biologisch begründete, symbolische Interaktionstheorie bestimmen“ (Lorenzer 1971: 48, Hv. i.O.)

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  3. Sozial geprägte Inhalte des Erlebens sind für jede Interaktion zwischen Mutter und Kind bereits selbstverständlich anzunehmen: Jede Mutter steht ihrerseits in gesellschaftlichen Beziehungsnetzen und repräsentiert ‘ihre’ Kultur, die durch ihren Sozialisierungsprozeß beständig auf sie eingewirkt hat und einwirkt „Ihre einzelnen Verhaltensfiguren vermitteln dem Kind deshalb ‘kulturspezifische’, ‘gesellschaftstypische’ Verhaltensmodelle… ‘Europäische’ Mutter fassen das Kind anders an als Indiofrauen, Mütter der Mittelschicht anders als Arbeiterinnen… Alle diese ‘gesellschaftlichen ’ Formen erreichen das Kind über die ‘Eigen’-Art der Mutter“ (Lorenzer 1988: 88 )

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  4. Der Begriff sollte nicht konkretistisch mißdeutet werden. ‘Szenisch’, so merkt Lorenzer einmal an, „meint bei ‘Texten’ nicht das dramatisch Entfaltete und bei ‘gegenständlichen Bedeutungsträgem’ nicht bloß die Inszenierung, sondern muß beide Male die vom Alltagsverständnis gezogenen Grenzen durchbrechen: Die undramatisch stillen Bilder romantischer Gedichte (die Wälder’, ‘Täler’, BlumenD ‘bedeuten’ szenisch entfaltete Zuständlichkeit, weil sie Formeln sozialer Spielfiguren, Entwürfe menschlicher Umgangsweise mit der Welt und mit anderen Menschen sind, so wie ein nüchtern abgegrenzter Gegenstand wie ein Stuhl als ’Bedeutungsträger’ diesen Gegenstand immer als Teil einer menschlichen Verhaltensweise repräsentiert“ (Lorenzer 1988: 165 )

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  5. Selbstverständlich ist die Szene das unmittelbar ursprüngliche, die Einzelobjekte treten erst nach und nach aus der Szene heraus…. Die Einzelgegenstände müssen in ihrer Isoliertheit erst Schritt für Schritt ausgegrenzt werden aus dem Wahmehmungs-und Erlebnisganzen“ (Lorenzer 1986: 42)

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  6. Dies hat bereits Freud gewußt „Nach unserer Annahme ist ja die Wahrnehmung kein rein passiver Vorgang, sondern das Ich schickt periodisch kleine Besetzungsmengen in das Wahrnehmungssystem, mittels derer es die äußeren Reize verkostet, um sich nach jedem solchen tastenden Vorstoß wieder zurückzuziehen“ (Freud 1968, Bd. XIV: 15)

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  7. Vgl. die Ausführungen oben S. 307; Laplanche/Pontalis (1973: 92) geben folgende Kurzdefinition: „Besetzung Ökonomischer Begriff: Tatsache, daß eine bestimmte psychische Energie an eine Vorstellung oder Vorstellungsgruppe, einen Teil des Körpers… gebunden ist“

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  8. Sehr deutlich Lorenzer: „Je weiter man zurückgeht in der Ontogenese, desto unausweichlicher wird die Annahme, daß nicht Einzelobjekte wahrgenommen werden, sondern Ensembles, Situationskomplexe. Die Einzelgegenstände müssen in ihrer Isoliertheit erst Schritt für Schritt ausgegrenzt werden aus dem Wahmehmungs-und Erlebnisganzen“ (Lorenzer 1986: 42 )

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  9. Gleichsetzung von (in Anschluß an Langer 1987) präsentativer Symbolik mit sinnlich-symbolischen Interaktionsformen (situativ, szenisch) und diskursiver Symbolik mit sprachsymbolischen Interaktionsformen (situationsenthoben, abstrakt) (Lorenzer 1988: S. 159 u. 164) — somit existieren drei Stufen des für Symbolisierung relevanten psychischen Geschehens: vor-symbolisch, protosymbolisch oder sinnlich-symbolisch und sprachsymbolisch

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  10. Zu diesem Topos, der später u.a. von der ‘Kritischen Theorie’ wiederaufgenommen wird (vgl. meine Ausarbeitung zur Kritischen Theorie in: Hülst 1996) läßt sich eine beinahe unüberschaubare Menge von Veröffentlichungen nachweisen. Exemplarisch sei hier lediglich auf die Schriften von Herbert Marcuse verwiesen und daraus insbesondere auf Triebstruktur und Gesellschaft’ (Marcuse 1965). Ein ausführliches Verzeichnis der Werke von Herbert Marcuse findet sich bei Brunkhorst/Koch 1990: 121–136

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  11. Methodologisch wie gegenstandslogisch ergibt sich… die folgende Strukturbestimmung der Psychoanalyse: Wir sehen sie gekennzeichnet von zwei Spannungen, nämlich 1. von der Spannung zwischen dem Untersuchungs-und dem Erkenntnisgegenstand, und 2. innerhalb des Erkenntnisgegenstandes von der Spannung zwischen Sozialwissenschaft und Physiologie“ (Lorenzer 1986: 14f)

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  12. Freilich handelt es sich für die Psychoanalyse nicht um ein ‘Realgeschehen’… Es geht überhaupt nicht um ein Ereignis, sondern um Erlebnisse, und auch da, wo etwas ‘in der Realität geschehen ist’, geht es nur um die ‘Abdrücke’ im Erleben. Die Bedeutung der Erlebnisfiguren das ist es, wonach der Psychoanalytiker fahndet. Und danach sucht auch die tiefenhermeneutische Literaturinterpretation“ (Lorenzer 1986: 26)

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  13. Beispiele für Deutungen anderer Objektivationsarten menschlicher Praxis finden sich in Lorenzer 1986: Rituale (Stierkampf), kollektive Inszenierungen (Cowboyfilme) oder Architektur (Neue Reichskanzlei) bilden den Gegenstand einzelner Ausarbeitungen unterschiedlicher AutorInnen. Ulrike Prokops Beitrag zu diesem Sammelband (S: 163288), in Form eines Dra20 Brief an Fließ vom 15.10. 1897. In: Freud 1962: 193f

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  14. Siehe Ausführliches zum analytischen Verhalten des szenischen Verstehens: Lorenzer 1970b: 104–160

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  15. Lorenzer merkt an: „Gründet beim Sophokleischen Ödipus die aufregende Bedeutung für den Zuschauer in der offen entfalteten Dramatik, wobei latent-verborgen’ allenfalls der Bezug auf jedermanns Lebensproblematik genannt werden kann, so ist die ‘wirksame’ Bedeutung beim Shakespearschen Drama in einer verschlüsselten Textfigur verborgen. Hier erst tritt die Entschlüsselungsarbeit der Psychoanalyse ins Werk“ (Lorenzer 1986: 21f)

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  16. Diese Form der Analyse kultureller Produktion bietet sich natürlich deshalb an, weil die Problemgegenstände, denen sich die Psychoanalyse in der Therapie wie in der Kulturanalyse zuwendet, zugleich ein ‘inneres’ und ein ‘soziales’ Leid (Lorenzer 1986: 23) beinhalten. Allerdings sollte die therapeutische Form der Psychoanalyse sich auf den Gegenstand und das Verfahren beschränken für die sie entwickelt wurden — das persönliche Leid eines therapiebedürftigen Menschen erfordert die persönliche Gesprächsform, in der Analytiker und Analysand gleichzeitig anwesend sind. Lorenzer diskutiert ausführlich und erhellend den methodologischen Unterschied zwischen Therapiegesprächen und deren Deutung durch den Analytiker einerseits und der Arbeit der Literaturinterpretation anderseits (in: Lorenzer 1990: 263ff); wir können uns hier auf dieses hochinteressante Thema nicht einlassen

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  17. Die folgende Textstelle stellt explizit die Beziehung zwischen Begriff und Inhalt her. „Die Enträtselung der unbewußten Bedeutungen ist das Leitmerkmal der psychoanalytischen Kulturanalyse. Deshalb nennen wir sie Tiefenhermeneutik“ (Lorenzer 1986: 27)

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© 1999 Leske + Budrich, Opladen

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Hülst, D. (1999). Alfred Lorenzer — Szenische Symboltheorie. In: Symbol und soziologische Symboltheorie. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99876-7_11

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-99876-7_11

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-8100-2045-1

  • Online ISBN: 978-3-322-99876-7

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