Zusammenfassung
1994 war die krisengeschüttelte Parti socialiste an einem Tiefpunkt angelangt — das Schicksal der größten Linkspartei Frankreichs der achtziger Jahre schien mit nicht einmal 15 Prozent der Wählerstimmen bei den Europawahlen besiegelt. Nicht nur in den französischen Medien war vom „Ende der Mitterrand-Ära“oder dem „Ende des Epinay-Zyklus“1 die Rede, auch in der Forschung fand sich häufig eine Sichtweise, welche ihren Fokus auf die Führungspersönlichkeit bzw. den zyklischen Charakter von Parteienentwicklungen in Frankreich richtete und damit die Diskontinuitäten betonte (Bergounioux/Grunberg 1992; Ross/Jensen 1994). Doch nach gerade drei Jahren, mit den vorgezogenen Parlamentswahlen 1997, stellte die PS mit Lionel Jospin wieder den Premierminister, war sie nach den Höhenflügen der achtziger Jahre erneut zur stärksten Kraft der Linken geworden. Dieser Erfolg ist aber nicht nur den wahlsystemischen Faktoren Frankreichs zu verdanken, dessen romanisches Mehrheitswahlrecht bei der Abwahl der Regierung zu proportional verstärkten Siegen der Opposition führt, sondern ist auch in tiefgreifenden Reformen innerhalb der PS begründet (Grunberg 1998). Im vorliegenden Beitrag stehen neben diesen Reformprozessen die Kontinuitäten der Parteientwicklung im Vordergrund; die programmatischen und organisatorischen Reformen sollen als strategische Anpassungsversuche an veränderte Ausgangslagen verstanden und als Modernisierung oder Mutation interpretiert werden (Schabert 1979; Stephan 1998a). Die Beibehaltung des Parteinamens spricht ebenfalls für diese Kontinuität, denn gerade die häufigen Namenswechsel der Parteien führten im allgemeinen dazu, daß die Parteienlandschaft Frankreichs den meisten Betrachtern als „verwirrendes Phänomen“ erschien. Sowohl mit dieser Entscheidung als auch mit den organisatorischen Reformen scheint die PS eine Vorbildfunktion für andere französische Parteien übernommen zu haben.2 Sie könnte also als Vorreiterin der „Normalisierung“ und der Abschwächung der „französischen Spezifität“ gelten, eine Entwicklung, die auch schon nach der sozialistischen Machtübernahme 1981 mit ihr verbunden wurde (Kesselmann 1991).
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Stephan, I. (2000). Die Parti socialiste (PS). In: Ruß, S., Schild, J., Schmidt, J., Stephan, I. (eds) Parteien in Frankreich. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99870-5_7
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Print ISBN: 978-3-8100-2490-9
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