Die sozialpolitische Bilanzierung von Lebensverläufen

Zusammenfassung

Sozialpolitisches Handeln zielt darauf, Risiken verkraftbar zu gestalten und eine gewisse Ebenmäßigkeit der Risikobewältigung in unterschiedlichen Lebensverläufen herzustellen. Der Risikoschutz bezieht sich in Deutschland vor allem auf den Verlust von Einkommen oder Unterhalt, wie er bei Krankheit, Invalidität, Unfall, Alter, Tod des Ernährers und Arbeitslosigkeit auftreten kann. Die Sozialversicherung hat zur Aufgabe, die Fähigkeit der Bürger, sich gegen solche „Wechselfälle des Lebens“ (Zacher 1987) zu schützen, zu stärken und mehr Gleichheit in der Prävention zu erzeugen.² Dies geschieht durch eine Verrechtlichung des Lebensverlaufs,die dazu beitragen kann, Erwartungssicherheit herzustellen:

„Erwartungssicherheit bedeutet vorhersehbare Stabilität von Verhaltensparametem, also Erleichterungen im individuellen Umgang mit der Umwelt. Verrechtlichung im System sozialer Sicherung bedeutet die Möglichkeit des Rückgriffs auf soziale Dienst- und Geldleistungen in voraussehbarer Qualität und Höhe. Aus Verrechtlichung erwachsen den von ihr Begünstigten darum individuelle Handlungsressourcen.“ (Vobruba 1992:172)

Sozialpolitisch „ummantelte“ Lebensverläufe vermitteln Handlungsressourcen, oder, wie es Franz-Xaver Kaufmann ausdrückt, verleihen „Sicherheit“. Dabei verspricht Sicherheit heute weit mehr „als bloßen Schutz, nämlich Gewißheit, Verläßlichkeit und vor allem Beruhigung und Geborgenheit“ (Kaufmann 1973:1).