Zusammenfassung
Kein Zweifel: Die Glanzzeit von Schwedens Sozialdemokraten ist abgelaufen. Vergangen ist die Ära, als die SAP die unumstritten hegemoniale Partei, ja die Quasi-Staatspartei Schwedens war. Das manifestiert sich am augenscheinlichsten in der Entwicklung der Wahlergebnisse. Hatten sich die sozialdemokratischen Resultate bis in die siebziger Jahre hinein nahezu ausschließlich über der 45-Prozent-Marke bewegt, haben sie seitdem bis auf zwei Ausnahmen immer darunter gelegen. Bei den Reichstagswahlen 1991 und 1998 fiel die SAP mit 37,7 und 36,6 Prozent gar unter die 40-Prozent-Marke. Dies passierte ihr zuletzt im Jahre 1928.
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Literatur
1900 lag der Anteil der Mitglieder der protestantischen Staatskirche bei 97 Prozent. Hinzu kommt, daß keine sozial-religiösen Bewegungen entstanden, die der Arbeiterbewegung hätten Konkurrenz machen können. Weder die Staatskirche noch die Freikirchen gingen auf die sozialen Probleme der entstehenden Industriearbeiterschaft ein. Die Freikirchen, die im Jahre 1900 bei insgesamt rund 5,1 Millionen Schweden insgesamt 150.000 Mitglieder hatten, hatten ihre Rekrutierungsbasis unter der Landbevölkerung. Vgl. Sven Lundkvist, Folkrörelserna i det svenska samhället 1850–1920, Uppsala 1977, S. 66 f.
Vgl. Seymour M. Lipset/Stein Rokkan, Cleavage Structures, Party Systems, and Voter Alignments: An Introduction, in: dies. (Hrsg.): Party Systems and Voter Alignments: Cross-National Perspectives, New York 1967, S. 49 f. Der Unterschied hängt damit zusammen, daß weder in Island noch in Finnland der Prozeß des nation building abgeschlossen war, als die Arbeiterbewegung politisches Terrain betrat (Finnland wurde 1917 unabhängig, Island 1918). Im Gegensatz dazu konnte die Arbeiterbewegung im alten Nationalstaat Schweden durch den Faktor Nation nicht mehr in „klassenloyale“ Kommunisten und „vaterlandstreue“ Sozialdemokraten gespalten werden.
Vgl. Rainer Pelka, Die politischen Parteien in Schweden, Kiel 1981, S. 66.
Vgl. Francis G. Castles, The Social Democratic Image of Society, London/Boston 1978, S. 135.
Vgl. Bernd Henningsen, Die Politik des Einzelnen: Studien zur Genese der skandinavischen Ziviltheologie, Göttingen 1977, S. 42.
Henningsen weist auf die zuweilen idealisierenden schwedischen Chroniken der Arbeiterbewegung hin. So wird Bäckström zitiert, der die Arbeiterbewegung der Jahrhundertwende als “mächtige und revolutionäre Kampfbewegung“ schildert (vgl. Knut Bäckström, Arbe-tarrörelsen i Sverige, Bd. 1, Göteborg 1977, S. 269,
zitiert nach Bernd Henningsen, Die Linke in Schweden: Geschichte, Programme, Politik, in: Hans Rühle/Hans-Joachim Veen (Hrsg.), Sozialistische und kommunistische Parteien in Westeuropa 2: Nordländer, Opladen 1979, S. 123–200, hier S. 145);
vgl. auch Eric S. Einhorn/John Logue, Modem Welfare States: Politics and Policies in Social Democratic Scandinavia, New York 1989, S. 75.
Vgl. Lundkvist, Folkrörelsema (Anm. 1), S. 76.
John D. Stephens, The Transition from Capitalism to Socialism, London 1979, S. 131.
Vgl. Hugh Heclo/Hendrik Madsen, Policy and Politics in Sweden: Principled Pragmatism, Philadelphia 1987, S. 27.
So formulierte es der langjährige Finanzminister der achtziger Jahre, Kjell-Olof Feldt, zitiert nach Timothy Tilton, The Political Theory of Swedish Social Democracy: Through the Welfare State to Socialism, Oxford 1990, S. 244.
Vgl. Göran Therborn, Swedish Social Democracy and the Transition from Industrial to Postindustrial Policies, in: Frances Fox Piven (Hrsg.): Labor Parties in Postindustrial Societies, Cambridge 1991, S. 102–123, hier S. 121.
Vgl. Lotta Gröning, Vagen till makten: SAP:s organisation och dess betydelse för den poli-tiska verksamheten 1900–1933, Uppsala 1988, S. 187.
Vgl. Karl Kuhn, Die Sozialdemokratie Schwedens, in: William E. Paterson/Kurt Th. Schmitz, Sozialdemokratische Parteien in Europa, Bonn 1979, S. 13–33, hier S. 26 f.
Vgl. Michelle Micheletti, Interessengruppen im postindustriellen Schweden, in: Jahrbuch zur Staats- und Verwaltungswissenschaft (1990) 4, S. 191–224, hier S. 198.
Vgl. Franz Walter, Parteipolitik und Milieubindung, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 42 (1997) 8, S. 964–969.
Dieses Selbstbewußtsein läßt sich gut im innerskandinavischen Vergleich illustrieren: Während die Nachbarländer Dänemark und Norwegen Mitglied der NATO, Dänemark seit 1973 auch Mitglied der EG gewesen und Finnland umgekehrt Bestandteil des sowjetischen Sicherheitssystems gewesen sind, war Schweden gänzlich neutral und entsprechend unabhängig.
Detlef Jahn, Schweden: Kontinuität und Wandel einer postindustriellen Gesellschaft, in: Aus Politik und Zeitgeschichte (1992) 43, S. 22–43, hier S. 34.
Zahlen für 1991 in: Sören Holmberg/Michael Gilljam: Väljarnas Val, Stockholm 1995, S. 103; für 1998 in: Svenska Dagbladet vom 22.9.1998.
Von 1989 bis 1996 hat der SSU 68 Prozent seiner Mitglieder verloren, der Jugendverband der Moderaten „nur“ rund ein Drittel. Eigene Berechnungen nach Angaben des staatlichen Jugendorganisationen-Dachverbands ungdomsstyrelsen gegenüber dem Autor.
Zahlen für 1991 und 1994 in: Holmberg/Giljam, Väljamas Val, (Anm. 18), S. 91; für 1998: Svenska Dagbladet vom 22.9.1998.
Vgl. Gunnar Hinck, Schwedens CDU, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 43 (1998) 10, S. 1197–1170, hier S. 1169.
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© 1999 Leske + Budrich, Opladen
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Hinck, G. (1999). Schwedens Sozialdemokraten: Das Ende einer Erfolgsgeschichte?. In: Dürr, T., Walter, F. (eds) Solidargemeinschaft und fragmentierte Gesellschaft: Parteien, Milieus und Verbände im Vergleich. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99787-6_26
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