Zusammenfassung
Im Zeitalter der Globalisierung der Strukturen, jedoch bei gleichzeitiger Fragmentation zivilisatorischer Weltanschauungen (Dissens) ist die Sozialwissenschaft herausgefordert, sich von ihrem Eurozentrismus zu befreien, um die in Gang gesetzte Revolte gegen den Westen zu verstehen.1 Diese Revolte schließt eine parallel verlaufende Entwestlichung der Welt ein, die bei der Entfaltung von neuen Forschungsstrategien berücksichtigt werden muß. Die traditionellen Comparative Studies2 waren bisher in zwei Domänen der Sozialwissenschaft verankert: in den Development Studies, die sich ausschließlich mit den sogenannten Entwicklungsländern befassen, und den European and American Studies, die sich dem entwickelten Teil der Welt widmen. In unserer Zeit kann der entwickelte Westen in den Comparative Studies nicht länger vom Rest der Welt getrennt untersucht werden; vielmehr müssen beide Domänen aufeinander bezogen werden. Die Tatsache, daß in einer Festschrift eines auf dem Gebiet der Europa- und Amerikastudien renommierten Kollegen über Parteien und Interessenverbände in den USA und in Deutschland ein Beitrag über diesen Gegenstand in den Ländern der islamischen Zivilisation enthalten sein kann, gehört zu diesen erfreulich innovativen Bemühungen der Überwindung der eurozentrischen3 Ausrichtung der Sozialwissenschaft.
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Literatur
Vgl. Hedley Bull, The Revolt against the West, in: Hedley Bull/Adam Watson (Hrsg.), The Expansion of International Society, Oxford 1984, S. 217 ff. Zu den hieraus resultierenden europäischen Einstellungen vgl. die Beiträge in: Manfred Brocker/Heino Rau (Hrsg.), Eth-nozentrismus, Darmstadt 1997.
Vgl. hierzu die autorativen Bände von Ronald H. Chilcote, Theories of Comparative Politics, Boulder/Col. 1981
Louis Cantori/André Ziegler, Comparative Politics in the Postbehavioral Era, Boulder/Col. 1988.
Vgl. Bassam Tibi, Die Entromantisierung Europas: Zehn Thesen zur Überwindung des Eurozentrismus, in: Brocker/Nau (Anm. 1), S. 269–288.
Vgl. Samuel P. Huntington, The Clash of Civilizations, New York 1996 (mit der falschen deutschen Übersetzung „Kampf der Kulturen“, Wien 1996), sowie Bassam Tibi, Krieg der Zivilisationen, Hamburg 1995, neue, erheblich erweiterte und stark revidierte Ausgabe München 1998.
Vgl. Bruce Russett, Grasping the Democratic Peace: Principles for a Post-Cold War World, Princeton/N.J. 1993.
Vgl. Bassam Tibi, Der religiöse Fundamentalismus, Mannheim 1996. Vgl. auch Anm. 12.
Tomas Gerholm/Yngve G. Litham (Hrsg.), The New Islamic Presence in Western Europe, London 1988.
Steven Barboza (Hrsg.), American Jihad: Islam After Malcolm X, New York 1994.
Vgl. Bassam Tibi, Europa ohne Identität? Die Krise der multikulturellen Gesellschaft, München 1998.
Vgl. Gilles Kepel, Allah im Westen: Die Demokratie und die islamische Herausforderung, München 1996, S. 202 ff.
Vgl. Huntington, Clash of Civilizations (Anm. 4) und Tibi, Krieg der Zivilisationen (Anm. 4).
Vgl. hierzu umfassend Martin Marty/Scott Appleby (Hrsg.), Das Fundamentalismus-Projekt, 5 Bände, Chicago 1991–1995.
Vgl. den aus dem in Anm. 12 angegebenen Projekt hervorgegangenen Band von Bassam Tibi, The Challenge of Fundamentalism: Political Islam and the New World Disorder, Berkeley/Los Angeles 1998.
Vgl. Kapitel 12: „Gottesherrschaft/Hakimiyyat Allah“, in: Bassam Tibi, Der wahre Imam: Der Islam von Mohammed bis zur Gegenwart, 2. Aufl., München 1997 (zuerst 1996), Serie Piper-Ausgabe 1998, hier S. 349–362.
Vgl. John L. Esposito/John Voll, Islam and Democracy, New York 1996, vgl. meine kritische Rezension in: Journal of Religion (1998).
Crawford B. Macpherson, Drei Formen der Demokratie, Frankfurt/Main 1967, S. 21 ff.
Samuel P. Huntington, The Third Wave: Democratization in the Late Twentieth Century, Norman/Oklahoma und London 1991, S. 13.
Das westliche, also anglo-französische Verständnis von Nationalstaat ist nachgezeichnet von Reinhard Bendix, Könige oder Volk, 2 Bände, Frankfurt/Main 1980, besonders das 8., 9. und 10. Kapitel in Band 2.
Vgl. Faruq Abdul-Salam al-Ahzab, al-siyasiyya wa al-fasl bain al-din wa al-siyasa (Die politischen Parteien und die Trennung zwischen Religion und Politik), Kairo 1979.
Yusuf al-Qaradawi, Hatimiyyat al-Hall al-Islami (Die Determiniertheit der islamischen Lösung), Kairo/Beirut 1970 ff., bes. Band 1, al-Hulul al-Mustawradah (Die importierten Lösungen), Neudruck Beirut 1980.
Vgl. Bassam Tibi, The Simultaneity of the Unsimultaneous: Old Tribes and Imposed Nation-States in the Modern Middle East, in: Philip Khoury/Joseph Kostiner (Hrsg.), Tribes and State Formations in the Middle East, Berkeley 1990, S. 127–152.
Hierzu Bassam Tibi, Die Verschwörung: Das Trauma arabischer Politik, 2. Aufl., Hamburg 1994, S. 123 ff.
Bull, The Revolt (Anm. 1), S 217 ff.
Eric Hobsbawm/Terence Ranger, The Invention of Tradition, Cambridge 1983.
Vgl. Tibi, Der wahre Imam (Anm. 14), S. 349–362.
John L. Esposito, The Islamic Threat: Myth or Reality?, New York 1992, S. 186.
Vgl. den Beitrag von al-Ghazali, in: Hans Küng (Hrsg.), Ja zum Weltethos, München 1995, S. 240 ff.
Der Text der al-Ghazali-Fetwa in deutscher Übersetzung in: Bassam Tibi, Im Schatten Allahs: Der Islam und die Menschenrechte, München 1994, Serie Piper-Ausgabe 1996, S. 185, Kommentar auf S. 175–178.
Vgl. Bassam Tibi, Militär und Sozialismus in der Dritten Welt, Frankfurt/Main 1973 (ver-öff. Fassung der Habilitationsschrift).
Vgl. Faruq Abdul-Salam al-Ahzab, Die politischen Parteien (Anm. 19).
Bassam Tibi, Democracy and Democratization in Islam, in: Michèle Schmiegelow (Hrsg.), Democracy in Asia, New York 1997, S. 127–146.
Vgl. Anm. 28.
Tibi, Der wahre Imam (Anm. 14).
So nach Ahmida Aiyaschi, al-Islamiyyun al-Djazairiyun bain al-sulta wa al-rasas (Die algerischen Islamisten zwischen der Herrschaft und den Gewehrgeschossen), Algerien 1991, S. 57 ff. Vgl. auch die beiden Kapitel 7 und 11 über Algerien in Bassam Tibi, Die Verschwörung (Anm. 22).
Vgl. Anm. 28.
Youssef M. Choueiri, Islamic Fundamentalism, Boston 1990, S. 110.
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Tibi, B. (1999). Eine islamische Spielart der nicht-westlichen Demokratie? Parteien und Interessenverbände im demokratischen Nationalstaat und in der fundamentalistischen Gottesordnung. In: Dürr, T., Walter, F. (eds) Solidargemeinschaft und fragmentierte Gesellschaft: Parteien, Milieus und Verbände im Vergleich. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99787-6_23
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