Zusammenfassung
„Diktieren in die Feder macht mich irr“, (SW I 650)1 sagt der Prinz von Homburg und bezeichnet damit eine Wende in der Geschichte des militärischen Kommandos. Von Alexander bis zu Friedrich dem Großen genügten das geschwungene Schwert und das gesprochene Wort, um den Kämpfenden Weg und Ziel der militärischen Aktion zu weisen. Mit der Perfektionierung der Feuerwaffen nähert sich dieses von Martin van Creveld so genannte Steinzeitalter des Krieges2 seinem Ende. Napoleon, der erste Feldherr, der seine Karriere bei der Artillerie begann, ist auch der erste, der vorwiegend schriftlich kommandiert.3 Seitdem hat sich der Anteil dessen, was die modernen Strategien C3 (Command, Control, Communications) nennen, in Strategie und Taktik um ein Vielfaches erhöht. Im Jahr 1909 beschreibt Generalfeldmarschall Graf Alfred von Schlieffen das Bild des zu seiner Zeit modernen Krieges so:
Kein Napoleon, umgeben von einem glänzenden Gefolge, hält auf einer Anhöhe. Auch mit dem besten Fernglas würde er nicht viel zu sehen bekommen Sein Schimmel würde das leicht zu treffende Ziel unzähliger Batterien sein. Der Feldherr befmdet sich weiter zurück in einem Hause mit geräumigen Schreibstuben, wo Draht- und Funkentelegraph, Fernsprech-und Signalapparate zur Hand sind, Scharen von Kraftwagen und Motorrädern, für die weitesten Fahrten gerüstet, der Befehle harren. Dort, auf einem bequemen Stuhle vor einem breiten Tisch hat der moderne Alexander auf einer Karte das gesamte Schlachtfeld vor sich, von dort telephoniert er zündende Worte, und dort empfängt er die Meldungen der Armee- und Korpsführer, der Fesselballon und der lenkbaren Luftschiffe, welche die ganze Linie entlang die Bewegungen des Feindes beobachten, dessen Stellungen überwachen.4
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Literatur
Kleists Werke zitiere ich mit der Sigel „SW“, römischer Band-und arabischer Seitenzahl nach der folgenden Ausgabe: Heinrich von Kleist, Sämtliche Werke und Briefe. - Hrsg. von Helmut Sembdner, 2 Bde, Darmstadt 1983.
Martin van Creveld, Command in War. - Cambridge, Massachusetts und London, England, 1985, S. 17 - 57.
Creveld, a.a.O., S. 58-102.
Generalfeldmarschall Graf Alfred von Schlieffen, Der Krieg in der Gegenwart. - In: Schlieffen, Gesammelte Schriften, Bd 1, Berlin 1913, S. 11-22, Zitat S. 15f.
Franz Kafka, Der neue Advokat. - Ms. 1917, in: Kafka, Ein Landarzt. Kleine Erzählungen. - München und Leipzig, o. J., S. 1-5, erschienen 1920.
Vgl. die Darstellung dieses Kampfes bei Andrew Hodges, Alan Turning. The Enigma. - London 1983.
Carl von Clausewitz, Nachrichten über Preußen in seiner großen Katastrophe. - In: Kriegsgeschichtliche Einzelschriften. - Hrsg. vom Großen Generalstabe. Abtheilung für Kriegsgeschichte, Heft 10, Berlin 1888, S. 513.
Johann Jakob Rühle von Lilienstern, Bericht eines Augenzeugen von dem Feldzuge der während den Monaten September und Oktober 1806 unter dem Kommando des Fürsten zu Hohenlohe-Ingelfingen gestandenen Königl. preußischen und Kurfürst]. sächsischen Truppen. Nebst vier Planen und Beylagen. - Tübingen 1807, S. 25f. Generalfeldmarschall Graf Alfred von Schlieffen, 1806. - In: Schlieffen, Gesammelte Schriften, Bd 2, Berlin 1913, S. 153-205, hier S. 183-186.
Johann Jakob Rühle von Lilienstern, Handbuch für den Offizier zur Belehrung im Frieden und zum Gebrauch im Felde. - Zweite Abtheilung, Berlin 1818, S. 28.
Vgl. den Text des Briefes bei Helmut Sembdner, Zu Heinrich und Marie von Kleist. - In: Jb. der deutschen Schillergesellschaft I, 1957, S. 157-168, Zitat S. 164f.
Vgl. Kleists Brief an Marie von Kleist vom 17. September 1811, II 878. Vgl. auch Richard Samuel, Heinrich von Kleist und Neithardt von Gneisenau. - In: Jb. der deutschen Schillergesellschaft 7, 1963, S. 352 - 370.
Curt Jany, Geschichte der Königlich Preußischen Armee bis zum Jahre 1807. - Bd 1: Von den Anfängen bis 1740, Berlin 1928, S. 735; Bd 2: Die Armee Friedrichs des Großen 1740 bis 1763, Berlin 1928, S. 233; Bd 3: 1763 bis 1807, Berlin 1929, S. 426. Weitere Literatur dazu bei Gordon A. Craig, The Politics of the Prussian Army 1640-1945, Oxford 1955, S. 46, Anm. 2.
Auf Ord’r! Ei, Kottwitz! Reitest du so langsam?/ Hast du sie noch vom Herzen nicht empfangen? (SW I 653 )
Novalis, Glauben und Liebe oder der König und die Königin. - In: Novalis, Schriften. - Hrsg. von Richard Samuel, Bd 2, Darmstadt 1965, S. 473-503. Vgl. dazu: Wolf Kittler, Die Geburt des Partisanen aus dem Geist der Poesie. Heinrich von Kleist und das Heer der Befreiungskriege. - Erscheint demnächst.
Georg von Albedyll, Geschichte des Kürassier-Regiments Königin (Pommersches) Nr. 2. - Teil 1: Schulenberg-, Bayreuth-, Anspach-Bayreuth-Dragoner$11717-1806. - Berlin 1896, S. 616 - 618.
Vgl. Anmerkung 8.
Wie der Graf F. in der Marquise von O., SW II 143.
Buch der Richter 19, 29f.
Siehe die mit eigenhändigen Zusätzen des Freiherrn vom Stein versehene Denkschrift: Organisation einer Anstalt, um das Volk zur Insurrektion vorzubereiten und im eintretenden Fall zu bestimmen. - August 1808, in: Die Reorganisation des Preußischen Staates unter Stein und Hardenberg. Zweiter Teil: Das Preußische Heer vom Tilsiter Frieden bis zur Befreiung 18071814. - Bd 1, hrsg. von Rudolf Vaupel, Leipzig 1938, S. 555 - 557.
Vgl. hierzu etwa den Briefwechsel zwischen Clausewitz und Gneisenau in: Carl von Clausewitz, Schriften - Aufsätze - Studien - Briefe. Dokumente aus dem Clausewitz-, Scharnhorst-und Gneisenau-Nachlaß sowe aus öffentlichen und privaten Sammlungen. - Hrsg. von W. Hahlweg, 22 Siehe dazu Fletcher Pratt, Histoire de la cryptographie (Secret and urgent: the story of codes and ciphers, Franz.) Les écritures secrètes depuis l’antiquité jusqu’à nos jours. - Paris 1940.
Edgar Allan Poe, Der Goldkäfer. - Übersetzt von Hans Wollschläger. In: E. A. Poe, Werke. - Bd 1, Olten und Freiburg 1974, S. 859-914; Erstpublikation 1843, a.a.O., S. 1041.
Immanuel Kant, Kritik der Urteilskraft. - In: Kants Werke. - Hrsg. von Ernst Cassirer, Bd. 5, Berlin 1914, S. 279 und 319.
Jacques Lacan, L’éthique de la psychoanalyse. - Le séminaire 7. Hrsg. von Jacques Alain Miller, Paris 1986, S. 375.
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Kittler, W. (1988). Militärisches Kommando und tragisches Geschick. In: Grathoff, D. (eds) Heinrich von Kleist. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99716-6_4
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