Zusammenfassung
Das Ende des Zweiten Weltkrieges war für viele Frauen zunächst keine Zeit des inneren und äußeren Friedens. Das Kriegsende bedeutete Aufatmen und Angst zugleich. Wenn viele Männer in jener Stunde die Abrechnung, Vergeltung usw. fürchteten, so galt dies ebenso für Frauen. Auch sie waren politisch tätig gewesen, waren in politische Führungspositionen aufgestiegen (wenn auch ihre Zahl im Vergleich zu der der Männer gering war), waren als Aufseherinnen in den verschiedensten Lagern eingesetzt worden. Ferner war 1945 für Frauen insofern auch keine „Stunde Null“ im Sinne eines Neuanfanges, wie das Ende des Zweiten Weltkrieges auch genannt wird, weil sie die Wirkungen des Krieges nicht einfach „abschütteln“ konnten. Über die psychischen Auswirkungen hinaus waren weiterhin ihre faktischen Lebenslagen durch ihn geprägt, und zwar stärker als bei den Männern: Die hohe Zahl der männlichen Kriegsgefallenen und -vermißten sowie in Kriegsgefangenschaft sich befindender Männer hatte das quantitative Verhältnis zwischen den Geschlechtern damals — vor allem in bestimmten Altersgruppen — völlig verschoben. Wenn in der Statistik auf diesen disproportionalen Bevölkerungsaufbau jener Zeit hingewiesen wird, klingt in diesen Aussagen wenig an von den vielen persönlichen Einzelschicksalen, die damals die Frauen zu überwinden hatten, die verheirateten, die verlobten und ledigen. Die Folge ist, daß man eigentlich nicht von der Frau in der Nachkriegszeit sprechen kann1), zu verschieden waren die sozialen Lagen von Frauen. Zwar waren sie alle gleichermaßen den Auswirkungen des Krieges ausgeliefert gewesen, davon betroffen waren sie aber in unterschiedlicher Weise: je nachdem, in welchem Alter sie sich befanden, wie ihre politische Beteiligung während des Dritten Reiches gewesen war, in welcher Region in Deutschland sie gelebt oder ob sie Bombenangriffe, Flucht, Vertreibung erlebt hatten, welchen Familienstand sie besaßen, ob sie für Kinder zu sorgen hatten und zu welcher Schicht sie gehörten.
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Literatur
vgl. hierzu S. Meyer und E. Schulze: Von Liebe sprach damals keiner - Familienalltag in der Nachkriegszeit, München 1985, S. 348.
A. Sachs und O. Wörner-Heil: Berufliche und soziale Situation von Frauen in der Nachkriegszeit (1945–1960) - Expertise (unveröff. Manuskript), Institut Frau und Gesellschaft, Hannover 1983, S. 1.
H. Thurnwald: Gegenwartsprobleme Berliner Familien - Eine soziologische Untersuchung an 498 Familien, Berlin 1948, S. 150ff.
Th. Berger und K.H. Müller: Lebenssituation 1945–1948, Hannover 1983, S. 34.
Süddeutsche Zeitung vom 29.03.1947.
vgl. hierzu R. Nave-Herz: Frauen in der “Stunde Null”; in: Frauen zwischen Tradition und Moderne, Bielefeld 1992, S. 168–176; B. Meyer: Viel bewegt - auch viel erreicht? in: Blätter für deutsche und internationale Politik 1989, S. 833ff.
vgl. die Sonderausgabe der Information für die Frau zum 40jährigen Bestehen des Deutschen Frauenrates, hrsg. v. Deutschen Frauenrat, Bonn 1991.
G. Strecker: Gesellschaftspolitische Frauenarbeit in Deutschland, Opladen 1970, S. 10.
E. Boedeker, a.a.O., S. 21 ff. Kritisch mit dem Deutschen Frauenring setzt sich U. Frevert auseinander (a.a.O., 1986, S. 275ff.).
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Nave-Herz, R. (1994). Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. In: Die Geschichte der Frauenbewegung in Deutschland. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99708-1_7
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