Zusammenfassung
„Man könne zu bestimmen versuchen, daß diese Erzählungen durch den Ekel am Erzählen geformt sind“ (VIII, 1315)1: unter den zahlreichen poetologischen Äußerungen Robert Musils zu den Vereinigungen ist sie die paradoxeste und gleichwohl die am häufigsten übersehene2.
Ich wäge die Wünsche meines Herzens gegen die Forderungen meiner Vernunft ab; aber die Schalen der Waage schwanken unter den unbestimmten Gewichten. Soll ich die Rechte studieren? — Ach, Wilhelmine, ich hörte letzthin in dem Naturrechte die Frage aufwerfen, ob die Verträge der Liebenden gelten könnten, weil sie in der Leidenschaft geschehen...
Heinrich von Kleist
Das Neue an unserer jetzigen Stellung zur Philosophie ist eine Überzeugung, die noch kein Zeitalter hatte: daß wir die Wahrheit nicht haben...
Friedrich Nietzsche
Wir sind im Besitz der Wahrheit...
Sigmund Freud
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Zitiert wird nach: Robert Musil, Gesammelte Werke in neun Bänden. Hrsg. Adolf Frisé. Reinbek, 1978. Im Text abgekürzt durch Angabe der Bandnummer in römischen, der Seitenzahl in arabischen Ziffern. Tagebücher I und II. Hrsg. Adolf Frisé. Reinbek 1983. Im Text abgekürzt durch (Tb + Seitenzahl). - Briefe 1901–1942. Hrsg. Adolf Frisé. Reinbek 1981. Im Text abgekürzt durch (Br + Seitenzahl).
Der intertextuelle Dialog des poeta doctus Robert Musil mit nahezu allen Formen und Reflexionsfiguren des zeitgenössischen Wissens ist ohne die Rekonstruktion seiner poetologischen Äußerungen nicht zu entziffern. Wenn Henninger, 1976: 58f, sich gegen das in der Musilforschung “längst rituell gewordene Bestreben” wendet, “den eigenen Kommentar um jeden Preis einmünden zu lassen in die Selbstkommentare des Schriftstellers”, dann läuft dies vor allem seiner eigenen, zu so überzeugenden Thesen gelangenden methodischen Unterlegung zuwider. Vgl. dazu auch Eisele, 1982: 195, Pott, 1984: 26, und ausführlich Pietsch, 1988: 12–22.
Vgl. VI, 156, und Corino, 1974: 418.
Vgl. VIII, 1312–1322. Den Sonderstatus, den Musil den Vereinigungen innerhalb seines Gesamtwerks zuerkannte, wird durch die immer wieder neu ansetzende Kommentierung dieser Texte nachdrücklich unterstrichen.
Vgl. dazu die systematische Untersuchung von Göttsche, 1987, sowie Rössner, 1988: 51–54, und speziell zu Musil, Wicht, 1986.
Vgl. dazu die bahnbrechende Studie von F. Kittler, 1985.
Schröder, 1966: 317.
Schröder, 1966: 323.
Schröder, 1966: 320.
Vgl. Schröder, 1966: 312–324.
Vgl. vor allem Henninger, 1980: 166–183.
Henninger, 1980: 172.
Verpflichtet ist dieser Terminus der “doppelten Abwehr” dem Begriff der “doppelten Arbeit”, den Lukäcs in seinen Realismus-Studien entwickelt hat: “Da diese Zusammenhänge [gemeint sind die der ”objektiven Wirklichkeit“ und die der ”verborgenen gesellschaftlichen Wirklichkeit’; G.M.] nicht unmittelbar an der Oberfläche liegen, da diese Gesetzmäßigkeit sich verschlungen, ungleichmäßig, bloß tendenzartig durchsetzen, entsteht für den bedeutenden Realisten eine ungeheure, eine doppelte künstlerische wie weltanschauliche Arbeit: nämlich erstens das gedankliche Aufdecken und künstlerische Gestalten dieser Zusammenhänge; zweitens aber, und unzertrennbar davon, das künstlerische Zudecken der abstrahiert erarbeiteten Zusammenhänge - die Aufhebung der Abstraktion“ (1971: 324).
Vgl. dazu die problematischen und weiter unten diskutierten Ausführungen von Cremerius, 1979.
Vgl. zu diesem Zusammenhang Foucault, 1979.
Freud/Breuer, 1985: 131. Auch der erste Sexologe der Neuzeit, Richard von Krafft-Ebing, 1984: III, äußert sich im Vorwort der ersten Auflage seiner Psychopathia Sexualis mit ähnlichen Worten: “Vorläufig dürften die Dichter noch bessere Psychologen sein, als die Psychologen und Philosophen von Fach, aber sie sind Gefühls-und nicht Verstandesmenschen und mindestens einseitig in der Betrachtung des Gegenstandes. Sehen sie doch über dem Licht und der sonnigen Wärme des Stoffes, von dem sie Nahrung ziehen, nicht die tiefen Schatten! Mögen auch die Erzeugnisse der Dichtkunst aller Zeiten und Völker dem Monographen einer ”Psychologie der Liebe“ unerschöpflichen Stoff bieten, so kann diese große Aufgabe doch nur gelöst werden unter Mithilfe der Naturwissenschaft und speziell der Medizin, welche den psychologischen Stoff an seiner anatomisch-psychologischen Quelle erforscht und ihm allseitig gerecht wird”.
Schneider, 1985: 881f. Schneider verzichtet allerdings auf eine Belegstelle aus den Schriften Freuds, die diese gewiß richtige Einsicht verifizieren würde.
Freud, 1972: SA II, 292. Auch Freuds berühmteste Hysterika Dora liest “verbotene” Literatur. Vgl. Freud, 1971: SA VI, 103.
Foucault, 1977: 14. Vgl. zu diesem Zusammenhang ausführlich unten 3.1.
Vgl. dazu ausführlich F. Kittler, 1985. Einen systematischen Überblick gibt Merchant, 1987.
F. Kittler, 1985: 136.
Freud, 1969: SA X, 43.
Freud, 1969: SA X, 171.
Freud, 1969: SA X, 173.
Freud, 1969: SA X, 164.
Vgl. dazu Laplanche/Pontalis, 1977: I 73f, 147ff, 184ff; II 540íf.
Freud, 1969: SA X, 163.
Freud, 1969: SA X, 176.
Foucault, 1977: 26.
Vgl. dazu Kaiser/Kittler, 1978: 8f und ausführlich unten 3.1.
Vgl. Schreber, 1973.
Vgl. F. Kittler, 1985: 298–310 und ausführlich unten 3.7.
Vgl. dazu auch Habermas, 1973: 300–332.
Vgl. Freud, 1987: 375–487.
Freud, 1987: 387.
Vgl. Freud, 1987: 422–430.
Vgl. dazu ausführlich unten 3.10 und 3.11.
Vgl. dazu die Bemerkungen der Herausgeber zu Freud, 1987: 383.
Jones, 1984: I, 52.
Freud, 1986: 52.
Freud, 1979: 180.
Auch Bernfeld/Feitelberg, 1930: 67, müssen in ihrer Studie mit dem vielversprechenden Titel Über psychische Energie,Libido und deren Meßbarkeit konzedieren, “daß es unmöglich sei, quantitative Feststellungen über das Seelische zu machen, die präzise, umfänglich und zentral genaug wären, um einen physikalischen Begriff psychischer Energie zu genügen”. Dies führt sie schließlich zu einem der Wärmetheorie analogen Modell, wie es unten in 3.10 ausführlich referiert wird.
Freud, 1986: 52.
Musil, 1908: 5. Zum Empiriokritizismus allgemein vgl. Diersch, 1977. Zur Beziehung zwischen Musil und Mach: Monti, 1985, Magnou 1985, Müller, 1971: 64–72, Ryan, 1980: 11–24, Requardt, 1983: 29–43, Frank, 1983: 318–362, Desportes, 1982: 172–195, Göttsche, 1987: 55–56, Willemsen, 1984: 153–160, Wallner, 1983: 93–109. Zur Kritik an Musils Mach-Rezeption vgl. Böhme, 1974: 34–48. So eindrucksvoll diese Studien bisweilen divergierende und sich berührende Erkenntnisse des Machschen Positivismus und der Musilschen Texte nachzuweisen vermögen, so sehr verzichten sie größtenteils darauf, einen kritischen Transfer, bzw. eine narrative Integration in Musils Werk genau nachzuweisen.
Mach, 1900: VIII.
Mach, 1900: 220.
Mach, 1903: 547.
Musil, 1908: 16.
Willemsen, 1985: 80. Ex negativo formuliert dies Hans Kleinpeter in seiner “Ernst Mach in dankbarster Verehrung ehrfurchtsvoll” gewidmeten Arbeit: “Die Wissenschaft stellt darnach die Lehre von den Schranken der persönlichen Freiheit des Menschen dar” (1905: 58).
Vgl. vor allem Fechner, 1860, und Ziehen, 1898.
Vgl. Ziehen, 1898: 2.
Vgl. Münsterberg, 1914.
Als Reprint in: Musil, 1980: 177–165. Vgl. dazu Moser, 1989.
Bahr, 1968: 197.
Mach, 1905: 11.
Mach, 1900: 33.
Mach, 1900: 9.
Mach, 1900: 16.
Mach, 1900: 18.
Mach, 1900: 20.
Mach, 1900: 21.
Willemsen, 1984: 139.
Vgl. von den neueren Veröffentlichungen Pott, 1984: 24f, sowie Willemsen, 1985: 131. Auch Karthaus, 1%5: 90f, sieht in der Beschreibung ein Indiz höchster Einheit. Daß die Beschreibung des Interieurs keinen “Jugendstil-Kitsch”, wie Kühn, 1965: 114, dies liest, darstellt, dürfte durch die folgenden Ausführungen ebenso widerlegt werden, wie Thömings Mutmaßung, daß Musil “statt einer als Verzichtspose mißdeutbaren Teestunde ebensogut ein ganz anderes gemeinsames Handeln hätte darstellen können - Küssen, Koitus, Tanzen, Tauchen, Tennisspiel” (1974: 314).
Schröder, 1966: 325.
Henninger,1980: 79–81.
Krusche,1978: 322. Vgl. auch Corino, 1974: 290f.
Pott, 1984: 27.
Mach, 1900: 1–3.
Oesterreich, 1910: 20.
Oesterreich, 1910: 19.
Oesterreich, 1910: 19f.
Hegel, 1980: XIII, 24.
Zur gleichzeitig einsetzenden und mit dem Fortschritt der Wissenschaften untrennbar verbundenen “Konkurrenz” der Literatur durch die technischen Medien vgl. Kittler, 1986.
Vgl. Schlaffer, 1976: 116.
Nietzsche, 1966: I, 582.
Mann, 1960: X, 18.
Vgl. dazu auch die Eintragung in Musils Tagebuch: “Die spätere Führung der Wissensch. durch Naturwissensch: Ermüdungsreaktion auf Hegel und Zerfall der Hegelschen Schule” (Tb I, 655).
Zu denken ist an Canettis Theorie der Massen, die er explizit gegen die Arbeiten des Psychologen Le Bon und die darauf aufbauenden Freudschen Theoreme konzipierte.
Brecht, 1963: 59.
Zu diesem Wechsel bemerkt Marquard, 1987: 220, “Wo - angesichts der nicht mehr ästhetisch-verzauberten, sondern entzauberten Natur - nicht mehr die Dichter die Hüter der Natur sind, werden es die Ärzte”.
Bohrer, 1976: 15. Eine ausgezeichntete Einführung in dieses Problemfeld von Literatur und Wissenschaft gibt Heissenbüttel, 1965: 171–191. Allein schon diese Befunde scheinen mir ausreichend, die Unhaltbarkeit der Snowschen These vom Antagonismus wissenschaftlicher und künstlerisch-literarischer Kultur nachzuweisen; stattdessen ist auf einer Wechselbeziehung dieser ‘Two Cultures“ zu insistieren, die allerdings mehr als eine bloße Ästhetisierung von Technik und Wissenschaft im Auge hat, wie dies neuerdings nachzuweisen gesucht wird. Vgl. dazu: Segebrecht, 1987, sowie Kreuzer, 1987. Zur Begriffskonturierung von ”Kultur“ und ”Wissenschaft“ vgl. Schnädelbach, 1988: 35–46.
Zur Einlagerung der Nietzsche-Lektüre in Musils Werk vgl. Wallner, 1984, Venturelli, 1980, 01m, 1981, Willemsen, 1986, und Dresler-Brumme, 1987.
Wallner, 1984: 99.
Daß diese Antinomien und Antagonismen - erinnert sei nur an die Gegensatzpaare von ratioid-nicht-ratioid, an die “taghelle Mystik” - die Grundkontur des Musilschen Oevres figurieren, hat die Forschung in einem Umfang nachgewiesen, der einen Verzicht auf weitere Belege rechtfertigt.
Venturelli, 1980: 302 passim.
Bohrer, 1976: 19.
Vgl. Tb I, 766.
Nietzsche, 1966: II, 312.
Daß der Schlegel-und Novalisleser Musil hier an eine von der Frühromantik ausgehende Tradition knüpft, ist offensichtlich. Vor allem Friedrich Schlegel insistierte auf die Entfaltung einer progressiven romantischen Universalpoesie, die er der zeitgenössischen Aufklärungseuphorie entgegensetzte: “Sehr allgemein verbreitet ist ein anderes Vorurteil, welches der schönen Kunst sogar alle selbständige Existenz, alle eigentümliche Bestandheit völlig abspricht, ihre spezifische Verschiedenheit ganz leugnet […] Der helle Mittag der Aufklärung sei nun da. Poesie - diese artige Kinderei sei für das letzte Jahrzehnt unseres philosophischen Jahrhunderts nicht mehr anständig -. Es sei endlich einmal Zeit, damit aufzuhören!” (Schlegel, 1964: 265). In seinem Aufsatz Selbstbeziehung und ästhetische Autonomie. Versuch über ein Thema der frühromantischen Poetologie und Musils ‘Mann ohne Eigenschaften“ versucht Jochen Hörisch diesen nicht ganz einfachen Zusammenhang mit eben solchem Duktus zu erhellen: ”Der frühromantischen Reflexion und dem modernen Roman geriet das Paradox, daß szientifische Diskursformen als ästhetische Erkenntnis opponierend sich selbst mißverstanden, zum Skandalon.“ (Hörisch, 1975: 350).
Der Essay Von den Möglichkeiten einer Ästhetik aus dem das Zitat entnommen ist, darf als das Paradigma einer an den exakten Wissenschaften geschulten Methode, die den Begriff des “Schönen” mit dem Instrumentarium des Ingenieurs präpariert, gelesen werden (Vgl. VIII, 1327–1329).
Musils berühmtes Diktum “Aller selischer Wagemut liegt heute in den exakten Wissenschaften. Nicht von Goethe, Hebbel, Hölderlin werden wir lernen, sondern von Mach, Lorentz, Einstein, Minkowski, von Conturat, Russel, Peano…” (VIII, 1318) wird deshalb so häufig mißverstanden, weil die poetologisch relevanten Folgerungen nicht mitzitiert werden. Im Profil eines Programms heißt es weiter: “Und im Programm dieser Kunst, im Programm eines einzelnen Kunstwerks kann dies sein: Mathematischer Wagemut, Seelen in Elemente auflösen, unbeschränkte Permutation dieser Elemente, alles hängt dort mit allem zusammen und läßt sich daraus aufbauen.” (VIII, 1318).
Inspirieren läßt sich diese Formel von Böhme, 1987: 9–12.
Blumenberg, 1960: 5–142. Vgl zu diesem Bereich auch die systematische Untersuchung von Poulet, 1988.
Blumenberg, 1960: 142.
Vgl. Blumenberg, 1960: 140–42.
Desportes, 1982: 284.
Am deutlichsten vertritt diese Position neuerdings Alt, 1988: 332: “Das Bild der Kugel dient wiederum, wie schon in der Zweideutigkeit des Erzählbeginns, der Vergegenständlichung eines Hohlraums, in dem das Subjekt gefangen ist”. Vgl. auch Mae, 1988: 375, die in der Kugel das “Sinnbild […] einer geschlossenen Welt” im Gegensatz zur “Öffnung” Claudines sieht.
Bense, 1969: 33.
Mach, 1905: passim.
Bense, 1965: 317.
Desportes, 1982: 294.
Magnou, 1971: 135.
Vgl. dazu ausführlich Hiebel, 1990, und unten 2.1.
Nach Laplanche/Pontalis, 1975: I, 147, gebührt nach Freud Nietzsche das Verdienst, das “Es” erstmals als Ausdruck für das “Naturnotwendige” eingeführt zu haben.
Überzeugend weiß Willemsen Musils Anleihe bei einem Gilles de Rais-Portrait von Franz Blei, das dieser 1903 veröffentlichte, nachzuweisen; vgl. Willemsen, 1983: 29–58. Vgl. dazu auch Mae, 1988: 432–34, 483–92, sowie Goltschnigg, 1986: 104–108, mit anderen möglichen Quellenangaben. Zusätzliches Material könnte Musil aus den psychopathologischen Deutungen Kraft-Ebbings gewonnen haben. Vgl. Kraft-Ebbing, 1907: 71f. Dagegen sieht neuerdings Corino, 1988: 171, Musils Zeitgenossen, den als Schriftsteller dilettierenden Allessandro Giongo, als “Vorbild des perversen G.” in der Novelle.
Vgl. dazu auch Willemsen, 1984: 72f.
So Willemsen, 1984, passim.
Mach, 1905: 23.
Foucault, 1964: 3.
Das “Begehren”, in der einschlägigen Literatur oft sehr großzügig verwendet, orientiert sich hier - durchaus im Sinne der strukturalen Psychoanalyse - an Musils eigener Bestimmung im Törless: “Aber man darf auch wirklich nicht glauben, daß Basini in Törleß ein richtiges und - wenn auch nur so flüchtig und verwirrt - wirkliches Begehren erregte. Es war allerdings etwas wie Leidenschaft in Törleß erwacht, aber Liebe war ganz gewiß nur ein zufälliger, beiläufiger Name dafür, und der Mensch Basini nicht mehr als ein stellvertretendes und vorläufiges Ziel dieses Verlangens. Denn wenn sich Törleß auch mit ihm gemein machte, sein Begehren sättigte sich niemals an ihm, sondern wuchs zu einem neuen ziellosen Hunger über Basini hinaus.” (VI, S. 571f).
Freud, 1972: SA II, 571f.
Freud, 1972: SA II, 335.
Jakobson, 1971: 223–233.
Lacan, 1975a: 36.
Lacan, 1978: 156.
Lacan, 1978: 261.
Vgl. Lacan, 1975: 61–70.
Lacan, 1987: 157.
Lacan, 1987: 130.
So Helga Gallas, 1981: 83. Dirk Grathoff weiß in seiner kritischen Rezension zu diesem Buch u.a. deutlich zu machen, daß “als Illustration von psychoanalytischen Theorien […] ästhetische Texte gemeinhin nicht geschrieben werden” (1985: 174).
Vgl. dazu Wright, 1985: 26–48.
Kleist, 1977: II, 338.
Zum Aufbau der Novelle vgl. Henninger, 1980: 69f.
Benjamin, 1982: II, 774.
Bei Rilke heißt es: “Und ich hätte doch wissen müssen, daß dieser Dritte, der durch alle Leben und Literaturen geht, dieses Gespenst eines Dritten, der nie gewesen ist, keine Bedeutung hat, daß man ihn leugnen muß […J Gleich am Anfang ihrer Dramen merkt man die Ungeduld, zu dem Dritten zu kommen, sie können ihn kaum erwarten, sowie er da ist, ist alles gut.” (1966: 125). Aufschlußreich liest sich Musils freizügig kommentierendes Exzerpt dazu: “in allen Liebestragödien liegt die gleiche Oberflächlichkeit: - der zufällige Eintritt eines Dritten. Rilke hat es gesagt u. er hat den Ehebruch gefordert, der sich nur zwischen zwei Personen abspielt” (VIII, 1314).
In den Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge wird dies als Erfahrung von Großstadt verdichtet: “Elektrische Bahnen rasen läutend durch mein Zimmer” (1966: 110).
Vgl. dazu die grundlegende Studie von Schivelbusch, 1979, hier 106ff.
Gay, 1986: 75.
Vgl. Freud, 1982: 183.
Vgl. Ribot, 1894: 24.
Vgl. Mantega’a, oJ.: 26 und 177.
Vgl. Mach, 1875: 22 und 25.
Vgl. dazu Lorenz, 1988.
Jones, 1984: II, 347.
Mach, 1875: 123. Die intertextuelle Verschaltung Freudscher und Machscher Theoreme in der Vollendung der Liebe taucht in sehr schöner Weise bei Freud selbst als Erinnerung in seinem Aufsatz Das Unheimliche wieder auf. Selbstredend ist es eine Bahnreise, die Freud veranlaßt, auf eine Doppelgängerbegegnung aus Machs Analyse der Empfindungen einzugehen. Freud fährt fort: “Ich kann ein ähnliches Abenteuer erzählen: Ich saß allein im Abteil des Schlafwagens, als bei einem heftigeren Ruck der Fahrtbewegung die zur anstoßenden Toilette führende Tür aufging und ein älterer Herr im Schlafrock, die Reisemütze auf dem Kopfe, bei mir eintrat. Ich nahm an, daß er sich beim Verlassen des zwischen zwei Abteilen befindlichen Kabinetts in der Richtung geirrt hatte und fälschlich in mein Abteil gekommen war, sprang auf, um ihn aufzuklären, erkannte aber bald verdutzt, daß der Eindringling mein eigenes, vom Spiegel in der Verbindungstür entworfenes Bild war. Ich weiß noch, daß mir die Erscheinung gründlich mißfallen hatte. Anstatt also über den Doppelgänger zu erschrecken, hatten beide - Mach wie ich - ihn einfach nicht agnosziert.” (Freud, 1970: SA IV, 270).
Zitiert nach Böhme, 1984: 38.
Pott, 1984: 35.
Willemsen, 1984: 72.
Pott, 1984: 35.
Pott, 1984: 38.
Vgl. Deleuze, 1980: 238f.
Deleuze, 1980: 204.
Deleuze, 1980: 274.
Deleuze, 1980: 215.
Deleuze, 1980: 217.
Deleuze, 1980: 217.
Deleuze, 1980: 222f.
Deleuze, 1980: 278.
Deleuze, 1980: 228.
Der Gedanke des “Liebesvertrags” steht auch im Mittelpunkt von v. Matts groß angelegter Studie über Liebe und Verrat, die ihre Schlüsselkategorien “Vertrag” und “Verführung” begrifflich allerdings nur vage ausleuchtet. v. Matts zentrale These - “das einfachste, fast unabsehbar wiederholte Gleichnismuster uni Liebesvertrag und Liebesverrat ist die Reduktion auf den Dreischritt: Schwur, Bruch, Strafe” (1989: 161) - besitzt für die angeführten Texte sicher ihre Richtigkeit. Die Vollendung der Liebe allerdings subvertiert dieses Modell, indem sie den Bruch selbst in ein Vertragsverhältnis überführt und damit das Moment der Strafe aufhebt. Der “Liebesverrat”, der “immer einen Vertrag voraussetzt” (1989: 273), wird bei Musil selbst zum Vertrag.
Luhmann, 1982. Auch methodisch und begrifflich anders operierende Untersuchungen gelangen zu ähnlichen Ergebnissen: Vgl. Solé, 1979, Aries 1986: 165–175, v. Matt, 1989: 67–75, und Kristeva, 1989: 129f. Einen systematischen Überblick bieten Kuhn/Nusser/Schöpf, 1980: 290–328, sowie die grundlegende Arbeit von Kluckhohn, 1966. Für Musil vgl. besonders Freese, 1969. Die Arbeit von Thomas Pekar zu diesem Thema stand mir bei Redaktionsschluß meiner Arbeit noch nicht zur Verfügung.
Luhmann, 1982: 192.
Luhmann, 1982: 12.
Baumann, 1965: 134.
Vgl. dazu Deleuze, 1980: 231–240.
Deleuze, 1980: 232.
Deleuze, 1980: 234.
Musil kannte Sacher-Masoch spätestens aus den Silhouetten seiner - wie mir Adolf Frisé freundlicherweise mitteilte - “frühen geistigen Freundin Stefanie Tyrka-Gebell ” Vgl. Tb I, 218 und Tb II, 1171f. Daß Musil schon wesentlich früher mit der Begrifflichkeit von Sadismus und Masochismus vertraut war, belegt sein Brief vom 21.12.1906 an Paul Wiegeler, in dem er zum Törleji’ Stellung nimmt: “Aber eines liegt mir sehr am Herzen. Ich will nicht Päderastie begreiflich machen. Sie liegt mir von allen Abnormitäten vielleicht am fernsten. Zumindest in ihrer heutigen Form. Daß ich gerade sie wählte, ist Zufall, liegt an der Handlung, die ich gerade im Gedächtnis hatte. Statt Basini könnte ein Weib stehen und statt der Bisexualität Sadismus Masochismus Fetischismus” (Br, 23).
Kant, 1966: IV, 390f.
Platon, 1986: 155.
Vgl. Deleuze, 1980: 241, “Die Frau erhält den Rechtstitel einer Vertragsbezeichnung ja nur als Objekt einer patriarchalischen Männergesellschaft”.
Keineswegs ist der Ministerialrat also “ein beliebiger Mann”, wie Mae, 1988: 244, dies für ihre Argumentation voraussetzt.
Kafka, 1972: 42.
Vgl. Deleuze, 1980: 248f.
So Pott, 1984: 38.
Zu diesem Zusammenhang ausführlich Serres, 1986.
Freud, 1972: SA V, 202.
Henninger, 1980: 114.
Cremerius, 1979: 74.
Corino, 1974: 243.
Corino, 1974: 242.
Corino, 1974: 123–235 und 178.
Cremerius, 1979: 751.
Corino, 1974: 246. Vgl. auch die differenziertere Studie von Corino, 1972: 123–235, wo die Frage aufgeworfen wird, ob nicht etwa Freud selbst “Musils undankbarer Schuldner war” (152). Zu welch überzeugenden Ergebnissen eine psychoanalytische Interpretation gelangen kann, die das Feld des Epigonen-Vorwurfs verläßt, zeigen Rosemarie Zeller, 1982: 135–153, und neuerdings die Studie von Lorna Martens, 1988: 100–118, die in ihrer Untersuchung überzeugend Musils produktive Einarbeitung Freudscher Theoreme nachzuweisen vermag.
Laplanche/ Pontalis, 1975: II, 513.
Vgl. dazu Arntzen,1982: 113–122, und Lacan, 1975: 112.
Vgl. 197–203, 209.
Vgl. Keller 1987: 562, und Pott, 1984: 45.
Als mögliche Quelle dieses - über die anagrammatische Umbildung weit hinausreichenden Zusammenhangs - ließe sich die Darstellung der HI. Veronika in Goethes Schriften zur Kunst, 1982, XII: 152 geltend machen. Vgl. dazu obige Abb.
Pott, 1984: 46.
Virilio, 1986: 52.
Benjamin, 1977: II, 369.
Benjamin, 1977: II, 369.
Kühnert, 1988: 92. Wiederum mit Hilfe eines technischen Verfahrens, der Radio-Carbon-Methode, gelang es bekanntlich 1988 das wahre Alter des Grabtuchs zu datieren: Es stammt aus dem 14. Jahrhundert nach Christus.
Benjamin, 1977: II, 153; Problematisch scheint mir hier und im folgenden der Gebrauch des Wortes “Geist”, da dieser dem Menschen im Paradies nicht gegeben ist und sich bekanntlich erst nach dem Sündenfall einstellt.
Benjamin, 1977: II, 144.
Benjamin, 1977: II, 153.
Vgl. dazu “Der kleine Pauly”, 1964: I, Sp. 1459–1464.
Pauly, 1964: Sp. 1461.
Benjamin, 1977: II, 155.
Benjamin, 1977: II, 159.
Zur “Plötzlichkeit” als einem Ausdruck von Diskontinuität und Nichtidentischem in Texten vgl. Bohrer, 1981.
Vgl. dazu Krusche, 1978: 317.
Willemsen, 1985: 138.
Willemsen, 1986: 135.
Vgl. Pott, 1984: 44.
Düsing, 1970: 546.
Vgl. dazu ausführlich Meisel, 1990: 174–180.
Reniers-Servrancla, 1972: 131
Vgl. zu diesen Stellen: VI, 210, 212, 197, 217. Allais, 1987: 77–94, deutet in seinen ansonsten aufschlußreichen Ausführungen das Glockentier als einen Neologismus Musils und insistiert fälschlicherweise darauf, “daß es etwas bedeuten kann, ohne daß ein Leser ein biologisches Lexikon zur Hand hätte” - genau an solchen Handgriffen mangelt es allzu häufig in der Literaturwissenschaft.
Freud, 1972: 187.
Rights and permissions
Copyright information
© 1991 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
About this chapter
Cite this chapter
Meisel, G. (1991). „Vereinigungen“ — Verträge der Lust. In: Liebe im Zeitalter der Wissenschaften vom Menschen. Kulturwissenschaftliche Studien zur deutschen Literatur. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99690-9_1
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-99690-9_1
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-531-12267-0
Online ISBN: 978-3-322-99690-9
eBook Packages: Springer Book Archive