Zusammenfassung
Die Skandalisierung der Kriminalität und der Gewalt von Jugendlichen ist nicht neu in der Geschichte der modernen Gesellschaft: Seit über einem Jahrhundert ist der Verfall der Sitten der Jugendlichen ein Bild für „soziale Desintegration“. Am sittlichen Zustand der jungen Generation wird auch heute der „Werteverfall“ des Gemeinwesens festgemacht. Ein breites Spektrum von Parteien ist sich einig im Ruf nach Wiederherstellung der Ordnung: Wenn in Frankreich und Deutschland Schulschwänzer von der Polizei vorgeführt werden, um „den Anfängen zu wehren“ und den Respekt vor dem Recht schon bei kleinsten „Regelverstößen“ im Vorfeld der Kriminalität wiederherzustellen, reicht die zugrunde liegende Problemdiagnose und Kontrollpraxis in Frankreich von Le Pen bis zum Premierminister Raffarin, in Deutschland von Schill bis in die SPD. Die dazu komplementäre Schlussfolgerung aus dem Schulmassaker in Erfurt 2002 heißt, Schluss mit der „Kuschelpädagogik“ zu machen und wieder Mut zur Werteerziehung zu haben — einmal abgesehen davon, dass sonst an der Schule alles so weitergehen soll wie bisher, kann doch die „unfassbare Tat“ unmöglich etwas mit deren Normalität geschweige denn mit den dort gelehrten Werten zu tun haben (Huisken 2002).
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Garhammer, M. (2003). Der Fall Ahmet und die Ethnisierung von Jugendgewalt. In: Groenemeyer, A., Mansel, J. (eds) Die Ethnisierung von Alltagskonflikten. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99668-8_8
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