Zusammenfassung
Die Herder-Oberschule entwickelte sich bis Ende der fünfziger Jahre — aus Sicht der SED-Leitung des Bezirks und des Kreises sowie vieler Lehrer — zu einer der ersten „sozialistischen Bildungsstätten“1 im Bezirk. Dieser Prozeß kann als exemplarisch für die erfolgreiche Vereinheitlichung des DDR-Erziehungswesens gelten; er ist nur im Zusammenhang mit dem Machtanspruch der SED schlüssig zu interpretieren, der von Anfang an und dann zunehmend deutlicher, bestand.2 Die Geschichte der SED läßt sich als gelungener Versuch beschreiben, in allen Bereichen der Gesellschaft personell und inhaltlich zu dominieren. Neben Justiz, Polizei und Wirtschaft wollte die KPD, später die SED, besonders auf die Institutionen des Erziehungssektors Einfluß nehmen.3 Die mittlere Verwaltungsebene der Länder, Bezirke und Kreise, d.h. die Leiter der Abteilungen Volksbildung sowie die Rektoren, waren seit dem Kriegsende wegen Personalknappheit bei der KPD, aber ebenso wegen ihrer nicht-nationalsozialistischen Haltung mit vielen ehemaligen Sozialdemokraten besetzt worden. In dem Maße, wie diese aus anderen politischen Funktionen gedrängt wurden, geschah das auch in der Volksbildung. Wegen der zahlreichen drängenden Probleme, die mit dem Aufbau des Landes zusammenhingen, und der zunächst nicht endgültig erscheinenden Teilung Deutschlands setzte die SED ihren Einfluß erst allmählich durch und perfektionierte nach und nach die Mechanismen, mit denen sie die Organisationen und Personen erreichen wollte. Mittel dieser Personalpolitik waren Mitgliederwerbung und -fürsorge, die Besetzung einflußreicher Positionen mit Parteimitgliedern, Schulung der Genossen und als disziplinierende Maßnahmen Parteiverfahren, Versetzung, Parteiausschluß, Entlassung und als letzte Konsequenz die Strafverfolgung.
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© 1998 Leske + Budrich, Opladen
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Mietzner, U. (1998). Eine neue Elite — Die Rolle der SED in der Volksbildung. In: Enteignung der Subjekte — Lehrer und Schule in der DDR. Biographie und Gesellschaft, vol 23. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-99630-5_6
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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